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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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wiederum in östlicher Richtung. Andere Berichte von anderen jugoslawischen Agenten in den Radarstationen meldeten, die Maschine habe die rumänische Grenze in Richtung Bukarest überquert…«
    Die von Scharpinsky erwähnten ›jugoslawischen Agenten‹ waren bestimmte Stalinisten, die über geheime Sender regelmäßig Berichte nach Moskau übermittelten. In diesem Augenblick, in dem Wargrave seine Maschine durch den jugoslawischen Luftraum westwärts steuerte, verfolgten sowjetische Himmelsspione, die in vierhundertsiebzig Kilometer Höhe ihre Bahn zogen, seinen Kurs, dessen Verlauf sie sofort nach Moskau übermittelten.
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum wir nach Zürich fliegen«, beharrte Bühler.
    »Weil sie versuchen werden, ihn von Mailand aus mit der Bahn dorthin zu bringen. Agenten, die sich im Mailänder Hauptbahnhof umgesehen haben, haben gestern über lebhafte Sicherheitsvorkehrungen berichtet. An den Atlantik-Expreß, der Mailand heute am späten Nachmittag verlassen wird, werden zwei zusätzliche Schlafwagen angehängt werden. Als ich die Meldung erhielt, maß ich ihr noch keine besondere Bedeutung bei…«
    »Warum sollten sie ihn nicht per Flugzeug von Mailand nach Zürich bringen?« wandte Bühler ein.
    Dies war ein Spiel, das beide Männer gut kannten und das sie schon oft praktiziert hatten. Bühler übernahm die Rolle des advocatus diaboli und versuchte, in der Argumentation seines Chefs Schwächen aufzudecken. Das gelang ihm nur selten.
    »Weil ich soeben erfahren habe, daß der Mailänder Flughafen für den gesamten Flugverkehr gesperrt worden ist«, erwiderte der Russe. »Wir können zwar hoffen, daß die Maschine abstürzt, müssen aber davon ausgehen, daß sie einen erfahrenen Piloten ausgesucht haben, der den Jet im Blindflug landen wird. Wenn er damit Erfolg hat, werden sie mit Sicherheit keinen neuen Start wagen. Und der Züricher Flughafen ist noch immer offen – von dort aus könnten sie ihn direkt in die Vereinigten Staaten fliegen. Marenkow darf also niemals in Zürich ankommen…«
    Während der folgenden Stunde brachte Scharpinsky eine lange Reihe von Funksprüchen in der ihm eigenen klaren Handschrift zu Papier. Beim Schreiben lauschte er Beethovens ›Kaiserkonzert‹, das er auf den Plattenteller gelegt hatte. Diese Musik erschien ihm dem Umfang des Unternehmens angemessen, das er jetzt in die Wege leitete und das den Einsatz größerer Sabotageeinheiten des GRU einschloß. Nachdem er seine Arbeit erledigt hatte, sprach er in seine Gegensprechanlage.
    »Schicken Sie mir den diensthabenden Offizier aus der Chiffrierabteilung…«
    Während er wartete, nahm Scharpinsky eine Reisetasche von einem Regal, die seit Monaten dort gepackt und vorbereitet gelegen hatte für den Fall, daß er plötzlich würde abreisen müssen. Alle drei Tage erschien ein weiblicher KGB-Offizier, packte die Tasche aus, breitete die Kleidungsstücke aus und packte die Tasche von neuem. Der Inhalt der Reisetasche war unschuldig genug – Winterkleidung (eine ähnliche Tasche enthielt Sommerkleidung), ein in Seide eingewickeltes wertvolles Buch und die jüngste Ausgabe des Katalogs von Sotheby’s, dem Londoner Auktionshaus.
    »Herein«, rief Scharpinsky aus, als jemand an die Tür klopfte. Leo Skoblin, ein Chiffrierbeamter aus dem Chiffrierraum im Untergeschoß, trat ein. Der fünfunddreißigjährige Skoblin hatte ein hageres Gesicht und ging mit einem leichten Humpeln. Scharpinsky reichte ihm die Funksprüche in einem versiegelten Umschlag; erst nachdem Skoblin den Raum verlassen hatte, bemerkte der Russe, daß die beiden Flugtickets nach Zürich, die Bühler vorhin hereingebracht hatte, offen auf seinem Schreibtisch lagen. Er legte einen Notizblock darüber; Scharpinsky war ein Perfektionist, den selbst der kleinste Lapsus irritierte, wenn es um Geheimhaltung ging.
    Im Untergeschoß begann der leitende Chiffrierbeamte sofort mit dem Verschlüsseln der Funksprüche, die anschließend an geheime Empfänger in verschiedenen Teilen Europas übermittelt werden sollten, nach Zürich, Basel, Mailand, Mülhausen und Düsseldorf. Der längste Funkspruch aber ging nach Andermatt in der Schweiz.
    Heinz Golchack, der österreichische Antiquar, der in der Wiener Annagasse 821 wohnte, erreichte den Flug 433 der Swissair von Schwechat gerade noch rechtzeitig. Die Maschine startete um 13 Uhr 25 – dies war der letzte Flug, und kurz nach dem Abflug des Jets wurde der Flughafen geschlossen. Golchack lehnte sich in

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