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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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fünfundvierzig Grad bewegte, als der halbe Berg auseinanderbrach und donnernd zu Tal stürzte – auf die tief unten liegenden Gleise der Gotthardbahn.
    Elsa, die während ihrer Zeit an der Washingtoner Botschaft mit Wargrave gelegentlich im Hubschrauber geflogen war (damals hatte er ihr beigebracht, einen Rettungskorb zu bedienen), war schon dabei, den Korb aus der geöffneten Tür hinabzulassen, während Wargrave den Hubschrauber über dem verbliebenen Rest des Gipfels in der Schwebe hielt. Es war nicht leicht; überall in der Kabine lagen Ausrüstungsgegenstände, kurze Skier, Stöcke und Bergsteigerstiefel herum. Einmal wäre sie um ein Haar aus der Tür gefallen, als sie über ein Seil mit einem großen Greifhaken stolperte.
    »Bleib lieber an Bord«, bemerkte Wargrave durch sein Mikrophon.
    »Dann laß mich in Ruhe, damit ich mich konzentrieren kann«, fauchte Elsa zurück. »Für den Anfang wäre es ganz gut, wenn du die Maschine stillhalten könntest…«
    Wargrave lächelte kurz; Elsa Lang war in Form. Sie hatte Mut und Biß, und das war gut so angesichts dessen, was sie vorhatte. Beinahe wäre ihm eine Mahnung entschlüpft, wie sie mit Frey umgehen solle, wenn der erst einmal in der Maschine sei, aber dann entschloß er sich, lieber den Mund zu halten. Der schwankende Rettungskorb war jetzt kaum mehr als einen Meter von dem hünenhaften Schweizer Bergsteiger entfernt. Das Gerät schwankte hin und her. Elsa, die sich auf ihre schwierige Arbeit konzentrierte, bemerkte nicht, wie Frey eine kleine 22er Pistole aus der Manteltasche zog und sie mit dem Lauf in den engen Ärmelaufschlag am linken Handgelenk steckte. Dann langte er nach oben, packte den schwankenden Rettungskorb und hielt ihn fest, während er die Gurte anlegte, justierte und festzog. Dann gab er mit einer Handbewegung ein Zeichen.
    Elsa begann, ihn nach oben zu ziehen, während der Hubschrauber weiter auf der Stelle schwebte und Frey unten hin und her schwankte. Er kam Meter um Meter näher an den Hubschrauber heran. Max Bruder schickte jetzt ununterbrochen seine Warnung an Springer. Unter ihnen ging der gigantische Bergrutsch weiter, der sich immer weiter ausdehnte, je schneller die Gesteinsmassen hinunterstürzten; eine kilometerbreite Welle aus Fels und Schnee rollte jetzt auf die Baumgrenze und auf den Tannenwald zu, der auf ihrem Weg lag. Tief unten glänzten die Gleise der Gotthardbahn.
    Der Atlantik-Expreß kam immer näher und näher.
    »Noch eine Minute, dann ist er an Bord«, berichtete Elsa.
    »Ich will ihn lebend – aber behalte den Burschen im Auge. Ich kann dir nicht helfen…«
    Wargrave war alles andere als glücklich über das, was sie da versuchten. Einerseits hatte er vermutet, wie wichtig es für Springer sein könnte, Robert Frey verhören zu können – Anna/Markos’ Nachricht hatte erkennen lassen, daß sie in ihm den kommunistischen Spitzenagenten der Andermatter Gruppe sah. Andererseits machte sich Wargrave Sorgen, weil Elsa mit dem Bergsteiger allein zurechtkommen mußte – er selbst mußte sich aufs Fliegen konzentrieren.
    Elsa war vollauf damit beschäftigt, die schwierige Schlußphase der Bergung Freys hinter sich zu bringen und ihn in die Kabine zu holen. Mit einer Hand nahm sie Kopfhörer und Mikrophon ab. Ihre Smith & Wesson war griffbereit – sie hatte sie in den Bund ihrer Skihosen gesteckt. Sie mußte jetzt ganz allein mit diesem hünenhaften Schweizer fertig werden. Deutlich konnte sie sein Gesicht sehen, als er zu ihr hochstarrte. Flackerte da so etwas wie Überraschung auf, als er bemerkte, daß es ein Mädchen war, das ihn in Sicherheit brachte? Sie hielt den Blick starr auf die große Adlernase gerichtet; da er eine riesige Schneebrille trug, konnte sie seine Augen kaum erkennen. Irgend etwas sagte ihr, daß dies ein besonderer Mann war, daß sie verdammt aufpassen mußte.
    Dann zog sie den Rettungskorb durch die geöffnete Tür herein, und Frey war an Bord. Der Bergsteiger sah sich um, entdeckte, daß der Pilot damit beschäftigt war, den Hubschrauber unter Kontrolle zu halten, und daß der Funker neben ihm genug damit zu tun hatte, seinen dringenden Funkspruch zu senden. Als das Mädchen die Tür zuschlug, wollte Frey mit der rechten Hand die Pistole aus dem linken Ärmel ziehen. Die Waffe blieb aber, wo sie war – der Ärmel war zu eng. Elsa hielt ihn mit der Smith & Wesson in Schach. Dann kippte der Hubschrauber plötzlich weg. Elsa wurde gegen die Seitenwand geworfen, und sie verlor die Pistole.

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