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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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offen. Die Einwohner räumen ihren Hausrat auf die Straßen, Tische und Stühle, bunte Lampen werden aufgehängt, die große Feier vorbereitet. Gerade hat es noch geschneit, jetzt ist es wie auf Bestellung sommerlich geworden. Das Wetter werde ich wirklich nicht vermissen. Man lächelt mir zu, aber man belästigt mich nicht. Einige strecken mir den erhobenen Daumen entgegen, das neue Beeker Befreiungssymbol. Ich gehe noch einmal am Schulhaus vorbei, äuge durch die Scheiben. Ich schlendere zum Haus der Frau mit dem Brunnen und dem ausgestopften Hund. Ich spaziere über das Kopfsteinpflaster bis zum Rand der Stadt, wo ich eine Weile in die Einöde starre. Im hohen Gras verliert sich irgendwo eine Spur von aneinandergeknoteten Seilen, eine sehr provisorische Lösung für die Wiedervereinigung einer Stadt. Ich stehe da und lächele vor mich hin. Was sind das für Leute, die so eine Lösung akzeptieren?
    Ich denke an die Frau auf der anderen Seite der Einöde, die sich Monika nennt, die mit dunklen Locken durch die Einöde streift und Pflanzen schneidet. Ich denke daran, dass ich wirklich nicht weiß, was ich mache, wenn ich da drüben in meiner Welt keinen Erfolg gehabt haben sollte. Es ist gut für einen Vogel Strauß wie mich, wenn es einen sicheren Ort gibt, an dem er dauerhaft seinen Kopf vergraben kann.
    Aber dann finde ich wie von allein den Weg zum Haus von Daniela. Ich klopfe sachte an die Scheibe des Fensters. Im Haus regt sich nichts. Ich schulde niemandem hier noch irgendetwas, vielleicht Daniela den Abschied und eine Entschuldigung, aber Daphne kann definitiv auf sich alleine aufpassen. Vielleicht ist sie doch in Wahrheit die Mittlerin, und vielleicht bin ich in Wahrheit ganz einfach nur ich selbst. Ich klopfe, obwohl ich Daniela sicher im Rathaus weiß. Ich versuche die Klinke, aber die Tür ist verschlossen. Mit dem Ellbogen zerstoße ich das Erdgeschossfenster. Was zählt das jetzt? Ich breche die Scherben aus dem Rahmen, öffne beide Flügel und ziehe mich in die Wohnung hinein. Ich werfe einen raschen Blick, einen Abschiedsblick auf das Wohnzimmer, die offene Küche, dann bin ich auf der Treppe und gehe in den ersten Stock hinauf, betrete das Schlafzimmer. Ich stehe in der Tür, eine Hand am Rahmen, und starre ins Zimmer, ein schlichtes Zimmer, das Zimmer einer Frau, ein Zimmer mit Schrank.
    Ich schaue ein letztes Mal aus dem Fenster. Auf der Straße sind jetzt die Tische zu einer langen Tafel zusammengeschoben.
    Ich sehe den Schrank an. Was ist, wenn er plötzlich nicht mehr funktioniert? Wenn er plötzlich seine Funktion als metaphysische Schleuse verloren hat? Was tue ich, wenn es nur noch ein gewöhnlicher Schrank ist und ich damit nicht mehr als ein erwachsener Mann bin, der sich in den Schrank einer Frau hockt in der Hoffnung, dieser würde ihn an einen anderen Ort transportieren? Was würde ich dann machen?
    Ich lächele bei dem Gedanken.
    Ich wende mich nicht mehr um. »Ein kleiner Schritt für den Mittler«, sage ich, »aber ein großer Schritt für mich.«
    Ich trete in den Schrank und schließe die Tür hinter mir.

Dritte Tür
    1
    In Daphnes Keller stehe ich und betrachte die Obstkisten, die gestapelt an der Wand stehen, daneben ein paar angeschimmelte Kartons, ein Laubrechen, ein mechanischer Rasenmäher. Ich wende mich um, lege eine Hand auf die Tür, die magische Tür, hinter der ich Daphne, den Lehrer, den Bürgermeister, Daniela, die andere Monika, die wiedervereinigte Stadt, den Bach und die Einöde zurückgelassen habe. Was für eine Tür.
    Ich atme tief durch, atme wirklich wirkliche Kellerluft in meine Lungen. Ich taste mich durch den dämmrigen Keller, kein Geräusch von oben zu vernehmen. Ich versuche mich zu erinnern, welche Jahreszeit es war, als ich zuletzt durch diese Tür trat, ich habe es tatsächlich vergessen. Mein Zeitgefühl ist gründlich durcheinandergeraten.
    Ich öffne leise die Haustür und äuge aus dem Haus, blicke auf dieses schwäbische Dorf, rote Blätter trudeln durch einen hohen Himmel, in dem verborgen hinter feinstem grauem Wolkenschleier eine bleiche Sonne glänzt.
    Ich denke darüber nach, zurück ins Haus zu treten und ein Wort mit Daphnes Onkel zu wechseln, mich zu erklären und von ihm Erklärungen über dieses Kind einzuholen. Aber dann denke ich, was er für einen Eindruck von mir haben mag, wenn ich ihm nichts als die Wahrheit erzähle, und was von einem Mann zu halten ist, der eine 13-Jährige allein in einer jenseitigen Wirklichkeit oder etwas

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