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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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dreijähriges Mädchen mit mittelbraunen Zöpfen in einer roten Latzhose ist darauf abgebildet, das einem sichtlich betagten Clown den Mittelfinger entgegenstreckt.
    Auf dem Weg nach Hause steige ich zu früh aus dem Bus. Wie der Zufall es will, treibt mich der Wind in die Nähe von Monikas Wohnung.
    Ich beziehe Posten vor dem Gründerzeitbau, in dessen dritter Etage sich die Zweieinhalbzimmerwohnung Monikas befindet, und gerade jetzt fühle ich mich tatsächlich im Merboldschen Sinne einsam und verlassen. Ich sollte besser keine Türklinke in die Finger nehmen. Ich stehe da und traue mich nicht zu klingeln.
    Nach einer wirklich langen Zeit geht mit einem Klacken die Treppenhausbeleuchtung an und ich trete rasch in den Schutz eines parkenden Lieferwagens. Monika, die aus dem Eingang ihres Hauses tritt und sich nach rechts die Straße hinabwendet. Sie trägt einen Trenchcoat, und ich sinne dem kurzen Augenblick nach, in dem ich nicht auf ihre Präsenz vorbereitet gewesen war, in dem ich sie noch nicht als das vertraute Objekt erkannte. In dem ich nur eine fremde Frau mit dunklen Locken zu Gesicht bekommen habe, die aus einem Hauseingang trat, der kurze Moment, in dem mein selbsttätiges Gehirn mir spontan die Botschaft übermittelte: Obacht, schöne Frau.
    Ich folge der Frau im Trenchcoat, die es offensichtlich nicht eilig hat. Sie schlendert die Straße hinunter und lässt die Hand dabei über die Blätter der Hecke neben sich streifen.
    Wohin geht sie? Darf ich ihr folgen? Was kann jetzt passieren? Ob Monika ein Geheimnis hat wie ich? Will ich es wirklich wissen?
    Sie betritt den Park, der sich am Kanal entlangzieht. Morgens dreht sie hier im Jogginganzug ihre Runden. Sie geht sehr langsam. Beim Gehen schaut sie die meiste Zeit auf ihre Füße hinunter. Sie streicht die Schöße des Trenchcoats glatt. Dann setzt sie sich auf eine Bank direkt am Wasser und schaut den Enten zu, die von einer Frau in Pantoffeln aus einer Alditüte heraus gefüttert werden. Ich bleibe im Schutz der Zweige einer Eibe so stehen, dass ich ihr Gesicht erkennen kann, ohne mich selbst zu offenbaren. Wolken ziehen über einen schweren grauen Himmel wie eine Schule Nashörner durch die Serengeti. Ich wähle ihre Mobilnummer. Ich kann sehen, wie sie in die Manteltasche fasst und erst eine Weile das Display ihres Telefons betrachtet, wie sie zögert, bevor sie auf den Knopf drückt und das Gerät an ihre Locken hält.
    »Minka«, sage ich.
    »Hm«, sagt sie und schluckt.
    »Entschuldige bitte«, sage ich.
    Wir schweigen eine Weile einvernehmlich.
    »Ich glaube, ich kann jetzt eigentlich gar nicht telefonieren«, sagt sie sehr leise. »Ich glaube, ich habe dir gerade gar nichts zu sagen, ich glaube, ich habe gerade niemandem etwas zu sagen.«
    »Ja, ich weiß«, sage ich, weil ich es in ihrem Gesicht, in ihrer Gestalt lesen kann.
    »Es tut mir leid, aber es geht nicht«, sagt sie.
    »Okay«, sage ich.
    Eine Weile sind wir nichts als zwei getrennte und gleichzeitig verbundene Wesen mit kleinen Geräten an den Ohren, alleine auf der Welt, mit ein wenig Schmuck, der sie umgibt: Enten, Park, Wolken, Wetter.
    Ich kann hören, wie perlengroße Tränen ihre Wangen hinunterrollen, sehen kann ich es nicht, dazu bin ich zu weit entfernt. Monika schnieft elegant, sie zieht die Nase hoch.
    »Ich weiß«, sage ich. »Ich bin ja immerzu nicht da. Ich bin bloß immer weg, das hast du nicht verdient.«
    »Hm«, macht Monika, und ich weiß, dass sie jetzt losschluchzen würde, wenn ich bei ihr wäre, um sie in den Arm zu nehmen. Dass sich dann der kleine goldene innere Hebel lösen würde, der sie zurückhält.
    Ein Mittzwanziger in einem Lodenmantel mit einem Dackel an der Leine passiert die Bank und betrachtet die schöne, fremde Frau eingehend und mit unverhohlenem Interesse. Ich trete aus meiner Eibe hervor, immer noch mit dem Telefon am Ohr.
    »Ach Heiner«, sagt Minka mit so viel zärtlicher Resignation in der Stimme, dass meine Knie schwach werden und ich das Gefühl bekomme, dass ich mich an etwas festhalten muss.
    »Ich kann das so alles nicht mehr«, sagt sie. »Ich glaube, ich muss eine Weile alleine sein, für mich.«
    Ich stehe hinter der Bank. Ich betrachte ihre Schultern, ihre Haare, ihren Rücken. Wir schweigen. Ich sehe zwei Möwen zu, die über dem Kanal vom Wind erfasst und hochgerissen und weit, weit weg in einen riesigen, giftigen Himmel geblasen werden, aus dem sie niemals mehr zurückkehren können.
    »Monika«, sage ich und trete um die

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