Lea - Untermieterin bei einem Vampir
der Tod war für ihn im Studium schon viel häufiger Thema gewesen. Zum Glück wurde er Zahnarzt und nicht Chirurg in der Notaufnahme. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es einen nicht veränderte, wenn man immer mit dem Tod zu tun hatte. Aber ich wollte nicht, dass Tom sich änderte. Er gefiel mir wie er war.
Ich versuchte, die bedrückenden Gedanken abzuschütteln und mich auf das Jetzt zu konzentrieren. Ich würde campen gehen. Das hatte ich noch nie getan. Das Abenteuer rief, wenn auch nur für drei Tage.
„ Was brauche ich denn an Proviant und so?“, wollte ich von Tom wissen.
„ Nichts, Lea. Meine Eltern organisieren das ganze Drumherum. Es reicht wirklich, wenn du dir Kleidung und eine Zahnbürste einpackst.“
„ Vermutlich nimmst du deinen Medizinschmöker mit?“, erkundigte ich mich bei ihm.
„ Willst du mich etwa abfragen?“
„ Nicht unbedingt. Ich dachte, wir gehen campen.“
Er grinste. „Keine Sorge. Ich hab nicht vor, zu lernen. Werde es schon mal drei Tage ohne Studium aushalten.“
„Wenn du dafür mal nicht von der Uni fliegst“, neckte ich ihn.
Tom schlug sich gespielt die Hand an die Stirn.
„Mist, fast hätte ich vergessen, die Sprühsahne einzupacken.“
„ Untersteh dich.“ Ich musste lachen. „Wann wollten deine Eltern denn los?“
Tom sah auf die Uhr. „Am liebsten in ein oder zwei Stunden, wenn das für dich okay ist.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Klar.“
Tom kam auf mich zu und blieb sehr dich vor mir stehen. Es ging vielleicht noch mein Unterarm dazwischen, aber mehr auf keinen Fall. Er streckte die Hand nach meiner aus. Mein Herz klopfte hektisch und meine Hormone brausten turbulent los. Ich bekam einen schrecklich trockenen Hals und konnte ihm auf keinen Fall in die Augen sehen. Er würde sonst darin erkennen können, dass heiße Gedanken von letzter Nacht, Erinnerungen, die ich gar nicht haben sollte, mich nun intensiv beschäftigten. Toms Finger streiften sanft über meinen Handrücken und umschlossen ihn dann.
„Lea“, flüsterte er. Eine weitere atemlose Sekunde verstrich. „Gibst du mir das Telefon?“ Seine Hand wanderte weiter zu dem kleinen Plastikgerät, das ich noch immer hielt. Die sinnliche Traumblase platzte und ich räusperte mich verlegen.
„ Klar“, brachte ich zustande und ließ los.
Mit dem Telefon in seiner Hand trat er lächelnd von mir fort und wählte die Nummer seiner Eltern. Ich kann das Gefühl kaum beschreiben, das sich auf Toms Gesicht widerspiegelte. Aber es war Freude, Hoffnung, Glück und Erleichterung, eine erwartungsvolle Spannung und innere Ruhe – das alles zugleich, und ich wusste, was es zu bedeuten hatte.
Ich machte mir auch nichts vor, was meine eigene Person betraf. Ich erinnerte mich deutlich daran, wie ich gestern auf Tom reagiert hatte. Ich war mir bewusst, wie es sich anfühlte, wenn ich die Aussicht darauf hatte, ihn zu sehen. Ich war vorfreudig, aufgeregt und nervös. Mir entging mein eigener schneller Herzschlag keinesfalls. Mir war klar, wie ich schon allein hormonell auf Tom reagierte und ich war mir sicher, dass dieses Wochenende mit ihm mir vieles bewusst machen würde. Ich hatte keinen Abstand, um darüber nachzudenken. Aber ich hätte die Nähe, um zu spüren, ob ich sie wollte. Funktionierte das nicht genauso gut?
Und falls Tom wirklich in der Lage war, mich alle Dinge vergessen zu machen, die nicht im gegenwärtigen Moment oder den nächsten Sekunden, sondern erst in der fernen Zukunft der kommenden Tage und Monate lagen, dann würde ich vielleicht lernen, mir auch keinen Kopf mehr darüber zu machen, was die Zeit uns bringen mochte und ob es jemals eine Rolle spielen würde, was seine Natur war.
Wolf hatte nicht zu mir gepasst, genauso wie Robert ein echter Fehltritt gewesen wäre. Sie waren zwar Menschen, aber das machte sie noch lange nicht ideal. Konnte ich ignorieren, dass Tom Vampir war? Konnte er mir meine Ängste nehmen? Vielleicht sollte ich über meine Sorgen mit ihm sprechen. Tom war einfühlsam genug, um nicht gekränkt oder verletzt zu reagieren. Ich glaube, er würde meine Nöte ernst nehmen. Könnte er sie entkräften?
Ich hatte gestern die unglaubliche Selbstdisziplin von Tom erfahren, hatte erlebt, wie er sich keuchend vor Erregung trotzdem zurückzog, mein Betteln ignorierte, weil er dem folgte, was seiner Ansicht nach richtig war. Würde er sich auch beherrschen können, wenn es um mein Blut ging?
Ich hatte ihn noch nie Blut trinken sehen. Es lag nicht daran,
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