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Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Titel: Lea - Untermieterin bei einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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geworden in unserer Zeit. Beschaulicher. Vampire konnten sich in den Blutbanken nähren. Es gab genügend Menschen, die zu freiwilligen Blutspenden erschienen. Alles lief anonym und ein vertraulicher Akt des Beißens erfolgte nicht. Zum Glück brauchten Vampire nicht so viel Blut, wie Menschen Wasser. Sie konnten sich von normaler Nahrung sättigen und benötigten nur zur Ergänzung Blut. In Partnerschaften reichte die Versorgung durch einen Menschen völlig aus. Ein Vampir musste demnach nirgendwo fremdtrinken gehen. Da Tom keine Partnerin hatte, wandte er sich also an die First Thirst Banken .
    „ Aber was ist mit den Clubs?“, fragte ich leise.
    Es gab Vampirclubs, in denen sich Menschen und Vampire trafen, um miteinander zu tanzen und sich … äh… zu betrinken. Das Red Zone war der größte in Savannah. Aber es gab auch neuerdings das Need for Feed , das gerade sehr angesagt war. Es hatte jüngst eröffnet und war wie die First Thirst Blutbanken eine Kette, nur eben für Tanzclubs. In solchen Discotheken könnte Tom sein Blut erhalten. Durch den Vorgang des Beißens. Hier wurde auf zwanglose Weise dem alten Ritual der Vertrauten gefrönt, wenngleich diese nicht so beständig waren wie in der Vergangenheit, da mit verschiedenen Vampiren und Wirten herumgemacht wurde. Es kam mir ein wenig wie One Night Stands vor. Es ging nur um etwas anderes. Aber das ließ sich natürlich kombinieren.
    „ Nein, ich war zwar zwei, drei Mal mit Freunden in solchen Clubs, aber ich konnte mich nicht durchringen, es zu tun. Ich betrachte das wie gesagt als etwas zu Intimes. Ich will das nicht mit irgendwem.“
    Ich war froh, das zu hören und lächelte ihn an. Wir hatten also wirklich in gewisser Weise über Toms Unschuld gesprochen.
    „Tut es weh?“, fragte ich ihn erneut.
    „ Ich denke schon. Ein wenig bestimmt. Doch ich habe gehört, das Trinken selbst soll sehr angenehm sein.“ Er sah mich eindringlich an. „Für beide.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann das nicht, Tom.“
    „Schon okay. Ich erwarte das nicht.“
    Und ich glaubte ihm. Ein Vampir, der Zeit seines Lebens noch niemals gebissen hatte, schien das nicht als selbstverständlich vorauszusetzen. Doch ich hatte die stumme Sehnsucht in seinen Augen gesehen. Natürlich wünschte er es sich. Er war nur fähig, sich zu beherrschen. Er war sogar so kontrolliert, dass er selbst beim Sex nicht die Beherrschung verloren hatte. Ich war überzeugt, dass Tom in dieser Hinsicht keine Jungfrau war. Es beruhigte mich in gewisser Weise, denn ein Teil meiner Befürchtungen war es gewesen, dass er sich vergessen könnte, wenn er von seiner Lust übermannt wurde. Dies schien erprobterweise nicht der Fall. Dadurch konnte ich mich ihm hingeben und fallen lassen. Ich war bei ihm sicher.
    Vielleicht war dies der Moment, in dem ich einen Entschluss fasste, den ich nie für denkbar gehalten hätte.
    „Hast du noch Angst vor mir?“, fragte mich Tom.
    Ich lächelte. Ein gewaltiger Stein war von mir genommen und ich schüttelte den Kopf. „Nein.“
    Er sah unglaublich erleichtert aus und erwiderte mein Lächeln. Er spürte, dass wir seinen Wünschen ein großes Stück näher gekommen waren. Tom begriff, dass ein Uns möglich wurde. Ich konnte es in seiner aufkeimenden Hoffnung sehen.
    Ich seufzte und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen, schloss meine Augen und sonnte mich in der Faulheit und Lastlosigkeit des Moments. Ich vernahm das plätschernde Schwappen des Wassers am Bootsrumpf und die Natur, die uns umfing. Ich hörte Kinderlachen vom Land klingen und andere Ruderer. Enten schnatterten auf dem Wasser und entlang der Uferböschungen, Singvögel gaben ihre Konzerte. Es war wundervoll und zeitlos. Es war der perfekte Moment für meinen inneren Neuanfang, friedlich und unbekümmert.
    Wenn aus Tom und mir nun ein Paar wurde, dann wollte ich diesen Augenblick in Erinnerung behalten mit all der Idylle um mich herum, als ich mich entschied, etwas so vollkommen Unglaubliches zu tun, das all meinen bisherigen Einstellungen zuwiderlief und mich dennoch mit einem unerwartet gutem Gefühl traf. Nach all der Zerrissenheit der letzten Tage, meinem inneren Unmut und Zwiespalt, war ich endlich im Einklang mit meinen Gefühlen und meinem Kopf. Und der Mann, um den es ging, saß bezeichnenderweise mit mir im selben Boot, wie ein trautes Eiland, in dem es nur uns beide gab.
    Ich fragte mich, welchen Moment Tom verinnerlichen würde, wenn es darum ging, wann aus uns ein Wir wurde.

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