Lea - Untermieterin bei einem Vampir
Vampire ziemlich gemein gehänselt.“
Er nickte und ihm fiel sicher aus eigener Erfahrung mit mir ein, wovon ich sprach. „Wir sollten uns dringend unterhalten.“
„Können wir das in einem Boot machen?“, bat ich ihn.
„ Ist gut.“
Er nahm mich bei der Hand und ging zielstrebig zum Bootssteg. Wir liehen uns ein Ruderboot aus und Tom half mir hinein. Dann kletterte er dazu. Er bewegte sich wunderbar geschmeidig und sicher, auch auf schaukelndem Grund. Wir stießen uns ab und Tom nahm die Ruder zur Hand. Dann hub er uns mit einigen langen Zügen vom Ufer weg, durchpflügte eine kleine Weile das Wasser, bis wir unter uns auf den glitzernden Wellen des Savannah River waren. Es konnte gut sein, dass wir damit die Grenze nach South Carolina überquerten und ich mich in den Gefilden eines anderen Bundesstaats befand.
„Okay Lea“, begann er unser längst fälliges Gespräch. „Du hast ziemlich viele Vorurteile und teilweise völlig verkehrte Vorstellungen. Frag mich doch einfach. Ich will nicht, dass du vor mir Angst hast, nur weil du dich nicht informierst. Also was macht dir alles zu schaffen?“
„ Das mit dem Bluttrinken vor allen Dingen“, gestand ich.
„ Gut. Reden wir darüber. Wie viele Vampire hast du in deinem Freundeskreis?“
„ Keinen“, sagte ich. „Na ja. Dich“, verbesserte ich mich.
Er atmete tief durch. Ihm musste klar sein, dass dies nicht der allgemeinen Statistik entsprach. Ihm musste klar sein, dass es daher kam, weil ich mich geweigert hatte, mich mit Vampiren zu umgeben.
„Es ist ziemlich einfach“, sagte er ernst. „Ich bin ein Vampir. Ich trinke Blut. Wenn ich es nicht tue, sterbe ich. Welche Fragen hast du?“
Mich überkam eine Gänsehaut. Da war kein Raum für Scherze. Dennoch wollte ich nicht gleich loslegen und die größte meiner Sorgenkeulen herausholen. Also entschied ich, klein anzufangen und mit weniger gewichtigen Fragen herumzudrucksen, bis ich das eigentliche Fahrwasser ansteuerte. Ironie, dass mir der Gedanke auf einem Fluss kam.
„Wenn du jemanden beißt, ich meine, was ist mit den ganzen Bakterien im Mundraum? Braucht dann nicht jeder eine Tetanusimpfung, der von einem Vampir gebissen wird?“, tastete ich mich an die Sache heran.
Er lächelte mich schief an. „Ich bin froh, dass du nicht Tollwut gesagt hast.“
Nicht zu fassen, er hatte echt noch Nerven für Humor! Das war doch Humor, oder?
„ Du hast Recht“, sagte er. „Es gibt Bakterien im Mundraum und beim Beißen entsteht eine Wunde, bei der es sogar darum geht, dass sie blutet. Aber zum einen wird daraus gesaugt, nichts injiziert. Du kannst auch Gifte aus Körpern saugen, was eher gut tut. Zum anderen hat der Speichel von Vampiren eine reinigende Wirkung.“
„ Also keine Tetanusspritze?“, fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. „Sonst wären die Menschen früher ziemlich arm dran gewesen, als es noch keine Impfungen gab. Und evolutionstechnisch hätte es wenig Sinn gemacht, etwas zu entwickeln, was dem notwendigen Wirt schadet. Aber klar, es hätte auch anders laufen können.“
Ich sah ihn etwas entsetzt an.
„ Was?“, fragte er mich nervös.
„ Du hast Wirt gesagt. Als wenn du ein Parasit wärst.“
„ Du selbst hast mich früher gelegentlich Blutparasit genannt. Aber auch andere Dinge als nur Parasiten haben Wirte“, wandte er ein.
„ Ja, Restaurants“, versuchte ich die gedrückte Stimmung zu entspannen. Zumal ich mir besonders furchtbar vorkam, weil er das mit dem Blutparasit aus seiner Erinnerung gekramt hatte.
„ Ach Lea“, schmunzelte Tom. „Glaubst du, von jemandem zu trinken wäre für mich, wie ins Restaurant zu gehen?“ Er sah mich forschend an. Er schien mich nicht als Schnellimbiss zu betrachten.
Ich schüttelte also den Kopf. „Nein.“
„Lea, Blut ist etwas Köstliches für mich und mein Körper sehnt sich danach auf eine Weise, die so eindringlich ist wie Hunger und sich doch ganz anders anfühlt.“
„ Wie?“ Meine Stimme war nicht mehr, als ein dünnes Wispern. Etwas höher als sonst.
„ Du läufst ja gar nicht davon“, neckte er mich.
Ich zog ironisch die Augenbraue empor. „Ich sitze in einem Boot.“
„Sonst wärst du also schon weg?“
„ Nein. Du bekommst mein Blut trotzdem nicht“, gab ich zu.
„ Trinken ist sehr persönlich“, verriet er mir. Seine Stimme klang seltsam anders. Auf absurde Weise schufen seine Worte etwas Vertrauliches zwischen uns. „Man gibt etwas von sich preis. Aber Blut ist anders als Worte,
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