Lea - Untermieterin bei einem Vampir
du, die meisten Punkte davon treffen auf dein Verhalten bezüglich Tom zu und nicht auf Colin“, erklärte sie voller Weisheit und Überzeugung.
„ Aber ich will ihn nicht. Passt das etwa mit Liebe zusammen?“, wollte ich wissen.
„ Falsch. Du willst ihn nicht wollen . Aber du tust es schon. Er entspricht nicht dem Prinzen, den du dir als Mädchen ausgedacht hast und jetzt versuchst du verzweifelt, jemand anderen in die Schablone zu pressen, statt hinzunehmen, dass du dich geirrt hast. Wehr dich nur weiter dagegen, meine Süße. Je mehr du zappelst, umso mehr verfängst du dich im Netz. Du kannst deinen Gefühlen für Tom nicht entkommen. Genauso wenig wie du dir Colin einreden kannst, wirst du dir Tom ausreden können. Oder glaubst du, du musst es deinem Herz nur oft genug suggerieren und dir einreden, was es fühlen soll? Das hat noch nie funktioniert. Bei keinem. Dein Herz ist nicht dämlich. Aber glaub nicht, dass dein Herz im Gefecht mit deinem Kopf steht. Dein Hirn ist nämlich genauso scharf auf Tom. Es schüttet diese lustigen Hormone aus und lässt deine Wangen rot anlaufen. Dein Herz sitzt nämlich nicht in diesem pumpenden Organ, bloß weil es schneller klopft, wenn Tom auftaucht. Dein Herz sitzt in deinem Kopf. Deswegen kannst du es auch nicht besiegen. Du versuchst nämlich ausgerechnet, dein Gehirn zu benutzen, um es selbst auszutricksen. Kein besonders guter Plan. Alles was du tust, was du denkst, was du fühlst, was du willst, das lebt in dem einzigen Organ, das man nicht transplantieren kann. Dein Innerstes selbst – du Lea – steckt in deinem Kopf. Da hausen auch deine Gefühle, dort rotieren deine Gedanken, dort wird dir schwindlig und bang und warm und kribbelig und alles zugleich. Also Lea, Hand aufs Herz, willst du Colin küssen?“
Ich versuchte, Sarahs Exkurs darüber auszublenden, dass meine ganzen Gefühle zusammen mit meiner Persönlichkeit auf meiner neuronalen Festplatte gespeichert lagen und ich mein Hirn nicht mit meinem Hirn austricksen konnte und erinnerte mich stattdessen daran, wie ich darüber im Krispy Kreme nachgedacht hatte, Colin zu küssen. Ich konnte lächelnd und wahrheitsgemäß ihre Frage nach dem Kuss mit „Ja“ beantworten.
„ Na schön.“ Sie sah mich eindringlich an. „Und willst du auch mit Colin ins Bett?“
„ Hey, ich kenne ihn überhaupt nicht!“, wandte ich ein.
„ Also nicht.“
„ Zufällig noch nicht. Aber das heißt wirklich gar nichts. Ich habe ihn erst zweimal gesehen.“
„ Okay. Willst du, dass er auf dir liegt? So wie Tom es heute Morgen bei dir tat?“
Ich dachte daran, wie Colin mich am Strand gekitzelt und gehalten hatte. Es hatte sich gut angefühlt. Aber auf mir liegen? Aus auf jemandem Liegen wurde meist schnell etwas anderes.
„ Das wäre mir auch zu früh“, sagte ich daher nur.
Sarah seufzte. „Okay. Finde es einfach heraus. Denn wenn das Kribbeln nicht kommt, bleibt er nur ein Kumpel, kein fester Freund.“
Offensichtlich hatte sie ihre Strategie gewechselt und sich darauf verlegt, dass ich durch Colin selbst und einem möglichen Mangel an Zuneigung zu ihm, den Plan, mich in ihn zu verlieben, wieder verwerfen würde. Ich meine, es war ja auch kein fester Plan. Es war eine schöne Idee. Der Gedanke, Colin könnte mir gut genug gefallen, damit aus uns ein Paar wurde – ein menschliches Paar – hatte etwas für sich. So wie ich anfangs gehofft hatte, dass es Wolf sein könnte. Wolf wäre auch toll gewesen.
Wenn ich zuließ, dass mich ein Vampir begehrte, dann würde er auch immer aufgrund seiner Natur etwas an mir begehren, was ich nicht zu geben bereit war. Ich wusste, dass einem Vampir in seiner Beziehung etwas Entscheidendes fehlen würde, der das Bluttrinken nicht von seiner Partnerin bekam. Es war nicht nur schlichte Nahrungsaufnahme – und ich fand es durchaus makaber, dass Vampire „Ich hab dich zum Fressen gern“ anders meinten als Menschen – das Beißen gehörte zu ihrer Art, Zuneigung zu signalisieren.
Ich meine, ich konnte mir durchaus vorstellen, dass es vermutlich äußerst intim war, wenn jemand vom anderen trank und so. Aber Blut? Ich konnte einfach kein Blut sehen. Für mich war es eklig, auch wenn ich es brauchte, um zu leben. Doch es sollte bitte einfach in mir drin bleiben und nicht raus kommen. Eine Menge Dinge, die für uns überlebenswichtig waren, wollte ich nicht sehen müssen. Ich fand auch Operationsfilme scheußlich. Nicht nur wegen dem Blut, sondern wegen all den anderen
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