Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)
Ungefähr so lang wie Sie, Herr Hauptkommissar. Nicht, dass ich was gegen Männer mit langen Haaren habe. Wenn man es tragen kann.« Fast glaubte Bettina Berg bei der Verkäuferin einen Augenaufschlag zu sehen.
Thal war noch nicht zufrieden.
»War er schlank oder dick, gepflegt oder ungepflegt?«
»Schlank, fast könnte man sagen dünn. Er trug einen langen, dunklen Mantel und machte einen gepflegten Eindruck, obwohl man das ja erst sagen kann, wenn man die Hände eines Menschen gesehen hat, und er trug Handschuhe.«
»Eine letzte Frage noch. Wie hat der Mann bezahlt? Bar oder mit Kreditkarte.«
Man konnte die Spannung greifen, die jetzt bei den drei Polizisten herrschte. Alle sehnten sie eine bestimmte Antwort herbei.
»Er hat bar bezahlt. Ich weiß noch, wie schwer es ihm fiel, mit den Handschuhen die Scheine aus dem Portemonnaie zu nehmen.«
Thal ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken.
»Vielen Dank, Frau Föglein. Sie haben uns sehr geholfen. Ich muss Sie allerdings noch bitten, meinen Kollegen Wagner aufs Präsidium zu begleiten. Dort wird ein Mitarbeiter nach Ihrer Beschreibung ein Phantombild anfertigen. Der Mann, der gestern bei Ihnen Strümpfe gekauft hat, war nämlich ein echter Sittenstrolch.«
Herta Föglein war von dieser Enthüllung geschockt und nickte. Trotzdem war ihr die Enttäuschung anzumerken, dass es nicht der nette, gut aussehende Herr Hauptkommissar war, der sie begleitete.
***
Erstaunlich, wie lange das Leder Gerüche speicherte. Er schnupperte am Mittelfinger seines Handschuhs. Er roch noch deutlich nach Vanille. Und einer Spur Veilchen. Riechen alle Frauen da unten nach Vanille und Veilchen? Er wusste es nicht. Er hatte nicht viele Erfahrungen mit Frauen, und bei den wenigen war er nicht dazu gekommen, dort zu riechen. Als er jünger war, ging es immer viel zu schnell. Die Gier trieb ihn an. Es zählte nur, so schnell wie möglich in die Frau einzudringen und sich zu entladen. Da blieb keine Zeit für Entdeckungen. Danach ekelte es ihn. Wenn er sich vorstellte, er sollte an der Spalte riechen, nachdem ...
In der letzten Zeit war er ab und zu bei einer Hure gewesen. Nie wäre ihm in den Sinn gekommen, dort nach Wohlgerüchen zu fahnden.
Er nahm den Slip und ließ ihn durch seine Finger gleiten. Anschließend streichelte er sein Gesicht damit. In diesem winzigen Stück Stoff war der Geruch noch intensiver. Er schloss die Augen und saugte ihn auf.
Schade, dass er auf seinen Bildern den Geruch nicht abbilden konnte. Aber er sollte nicht unzufrieden sein. Die Ekstase war ihm hervorragend gelungen. Das Modell war die Idealbesetzung. Und die letzte Szene! Als er daran dachte, meldete sich die Lust erneut. Genau wie gestern. Als er dem Modell die Strümpfe anzog, hatte er sie gestreichelt. Schade, dass er die Handschuhe nicht ausziehen durfte, um die festen, vom feinen Nylon umhüllten Beine zu betasten. Er ließ seine behandschuhte Hand hinaufwandern. Über den Strumpfrand hinaus. Wie gerne hätte er die Stelle berührt, wo die Beine endeten und der Schoß begann. Dort, wo die Haut der Frauen am weichsten sein soll. Er hatte noch viel zu lernen. Die Vorstellung, das Kitzeln der feinen, leicht gekräuselten Schamhaare an den Fingern zu spüren, fachte seine Lust erst richtig an. Er konnte nicht widerstehen und schob den Mittelfinger in ihre Scheide. Der Anblick trieb ihn fast zum Wahnsinn. Wenn er Kondome dabeigehabt hätte ... Zum Glück läutete in dem Moment die Kirchenglocke und brachte ihn zur Besinnung. Er hatte ein Werk zu vollenden. Er musste sich zusammenreißen. Was war seine körperliche Befriedigung gegen die Aussicht, ein Kunstwerk zu schaffen, wie die Welt noch keines gesehen hatte. Angeekelt warf er den Handschuh in die Ecke seines schmucklosen Zimmers. Er musste ein neues Paar kaufen.
Heute hatte er eine Pause verdient. Es war auch besser, nicht zu viele Spuren zu legen. Obwohl ... Er lächelte. Was sollte ihm schon passieren? Trotzdem. Heute würde er nur Handschuhe kaufen. Morgen, am Sonntag, trug die Post keine Briefe aus, so konnte er sich bis morgen ausruhen. Er brauchte Kraft. Sein Meisterstück stand kurz vor der Vollendung.
***
Nach dem Gespräch mit der Verkäuferin gingen Bettina Berg und Klaus Wagner zur Unterstützung von Stephanie Bohlmann in die Niederburg. Sie mussten das Personal und die Gäste aller Lokale befragen, in denen Catrin Scheffer eingekehrt war. Jedes Detail konnte wichtig sein, sie brauchten
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