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Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)

Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)

Titel: Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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endlich konkrete Anhaltspunkte. Hätte der mysteriöse Strumpfkäufer doch nur mit Kreditkarte bezahlt, das wäre endlich eine wenn auch vage Spur gewesen. Apropos Spur! Thal zog sein Handy aus der Tasche und wählte Tobias’ Redaktionstelefonnummer aus dem Speicher, der sich nach dem ersten Klingeln meldete.
    »Hi Paps. Habe schon eher mit deinem Anruf gerechnet.«
    »Hallo Tobias. Du weißt ja, wie das ist. Wir stehen hier mächtig unter Strom. Hat sich jemand auf die Fotos gemeldet?«
    »Nein, leider nicht. Dann hätte ich dich sofort angerufen.«
    »Dachte ich mir.«
    »War trotzdem schön, dich zu hören.«
    »Ja. Bis bald.«
    Wieder nichts! Thal steckte sein Handy in die Manteltasche und ließ die Hände dort. Es wurde von Tag zu Tag kälter, für Montag sagten die Meteorologen ergiebigen Schneefall voraus. Der Winter war nicht seine Zeit.
    Thal dachte über die ersten beiden Opfer nach. Gut möglich, dass sie namenlos blieben. Hatte er recht mit seiner Vermutung, dass der Fotograf immer stärkere Stimulationen für seine Befriedigung brauchte, lebten die ersten beiden Opfer mit großer Wahrscheinlichkeit. Weil sie keine Verletzung hatten und auch kein Kleidungsstück vermissten, schoben sie, als sie aus der Narkose erwachten, ihren kurzfristigen Blackout und das Unwohlsein auf den Alkohol. Aber warum meldeten sie sich nicht? Blöde Frage! Nicht alle Konstanzer lasen den Südkurier, obwohl er in der Stadt das Tageszeitungsmonopol hatte. Er selbst hatte die »Süddeutsche« abonniert. Die interessanten Lokalnachrichten bekam er jeden Morgen durch den Flurfunk.
     
    Thal kam an der Buchhandlung Osiander vorbei. Ihm fiel Stephanie Bohlmanns Verdacht in der Villensache ein. Für eine kurze Befragung musste Zeit sein. In dem mehrstöckigen Laden hielten sich wenige Kunden auf, an den Fastnachtstagen blieben die Leseratten zu Hause. Ein kleiner Verkäufer, der mit seiner runden Metallbrille wie der Archetyp eines Buchhändlers aussah, erinnerte sich an die Lesung von Markus Baumann.
    Thal fragte, ob ihm einzelne Besucher im Gedächtnis geblieben seien.
    »Unmöglich! Baumanns Lesung war der größte Erfolg der letzten Monate. Es waren mehr als hundert Zuhörer. Krimis ziehen immer.«
    Thal wollte sich enttäuscht abwenden, da fuhr der Buchhändler fort:
    »Aber es gibt Fotos. Wir dokumentieren jede unserer Veranstaltungen.«
    Thal blätterte in einem historischen Roman, ohne eine einzige Zeile zu lesen. Nach fünf Minuten kam der Buchhändler freudestrahlend zurück und hielt ihm einen Stapel Fotografien entgegen.
    Thal fächerte sie auf wie ein Kartenspiel und stieß einen leisen Pfiff aus. Mit aufgerissenen Augen saß Dr. Himmel in der ersten Reihe.
    Er nahm ein Foto aus dem Stapel.
    »Können Sie mir das für ein paar Tage zur Verfügung stellen?«
    Der Buchhändler nickte.
    »Wir helfen gerne.«
     
    Kurze Zeit später folgte Thal zum zweiten Mal an diesem Tag einem spontanen Impuls und betrat das Blumenhaus Peter auf der Münsterstraße. Hier war Leah Stammkundin gewesen. Er kaufte alle langstieligen, blassroten Rosen - ihre Lieblingsblumen. Sie würden sofort erfrieren, trotzdem hatte er das Bedürfnis, sie auf ihr Grab zu legen. Er war seit Wochen nicht mehr dort gewesen und wunderte sich über den plötzlichen Drang, auf den Friedhof zu gehen. Die Blumen in mehrere Lagen schützendes Papier gewickelt, ging er schnellen Schrittes zum Sternenplatz. Schon nach einer Minute kam ein Bus, der ihn direkt zum Friedhofseingang brachte. An diesem kalten Samstagmittag sah man kaum Menschen zwischen den Gräbern. Nur vor einem frisch aufgeschütteten und mit Kränzen und Gebinden in schreienden Farben bedeckten Grabhügel war eine Familie versammelt. Die sieben Personen unterschiedlichen Alters hielten die Köpfe gesenkt und schienen in ein stummes Gebet versunken. Lediglich ein zehnjähriger Junge drehte den Kopf zur Seite, als er Thals Schritte hörte. Der nickte ihm zu, und der Junge verzog sein Gesicht zu einem Lächeln, in dem sich tiefe Verzweiflung über den erst langsam realisierten Verlust von Vater oder Mutter mit dem Wunsch paarte, endlich zur Normalität zurückzukehren.
    Als Thal das Urnenfeld erreicht hatte, ging er zunächst in den falschen Gang. Alle Gräber waren uniform, von exakt gleicher Größe und bedeckt mit einer Steinplatte. Nur das Material des Steines, die Inschrift, sowie vereinzelt aufgestellte Blumenvasen, Lichter oder Stofftiere schufen Individualität. Insofern war das Grab seiner Frau

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