Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)
Unterführung auf die Markstätte und von dort durch verschiedene Gassen auf dem schnellsten Weg in die Niederburg. Als er in die Schreibergasse einbog, sah er die Blitzlichter. Vor seinem Haus standen zwei Einsatzwagen der Polizei, ein Rettungs- und ein Notarztwagen und blockierten die gesamte Straße. Er zeigte dem Polizisten, der ihn am Betreten des Hauses hindern wollte, seinen Ausweis. Völlig atemlos erreichte er das vierte Stockwerk. Ein Notarzt und ein Sanitäter beugten sich über eine Frau und kontrollierten den Sitz einer Atemmaske. Die Patientin war bis zum Hals in eine Wärmefolie gehüllt. Der Sanitäter regulierte anschließend den Fluss aus einer Injektionsampulle, die ein Polizist in die Höhe hielt. Thal atmete schwer, er war nicht imstande, ein Wort herauszubringen. Sein Herz schlug bis zum Hals. Auf der untersten Treppenstufe zum Dachaufgang saß Bettina Berg und legte beruhigend den Arm um eine füllige Frau. Thal brauchte einen Moment, bis er sie erkannte. Tamara, die Haushaltshilfe.
Der Notarzt legte dem Sanitäter die Hand auf die Schulter.
»Ihr könnt sie jetzt wegbringen. Aber schön vorsichtig.«
Stufe für Stufe trugen die Sanitäter die Trage herunter. Thal konnte einen kurzen Blick auf das Gesicht des Opfers erhaschen. Die Frau war höchstens zwanzig Jahre alt, hatte lockige, lange schwarze Haare. Ihr Gesicht war kantig, die Wangenknochen traten deutlich hervor. Keine klassische Schönheit, dachte Thal, dessen Herzschlag sich langsam beruhigte. Er drehte sich um und stellte sich dem Notarzt vor.
»Was können Sie mir sagen, Herr Doktor?«
»Nicht viel. Die Frau ist bewusstlos, ihre Atmung war flach, als wir eintrafen. Das konnten wir stabilisieren. Wenn die Vermutung Ihrer Kollegin« - er nickte in Bettinas Richtung Bettina, die sich von der Treppenstufe erhob - »richtig ist und man sie mit Liquid Extasy betäubt hat, muss sie eine ordentliche Dosis erwischt haben. Trotzdem würde ich sagen, dass sie außer Lebensgefahr ist.«
»Gibt es Anzeichen von Verletzungen?«
»Ich bin zwar kein Rechtsmediziner, aber meiner Meinung nach wurde die Frau vergewaltigt. Am After zeigen sich auf jeden Fall Risswunden, außerdem befand sich das Ding hier zusammengerollt in ihrer Vagina.«
Der Arzt nahm eine Plastiktüte von der Fensterbank und hielt sie in die Höhe.
»Ihre Kollegin hat ihn ordentlich verpackt.«
Thal war immer noch erschöpft von der körperlichen Anstrengung und begriff erst mit einiger Verzögerung, was sich in der Tüte befand. Ein weißer Briefumschlag mit einem Adressaufkleber, der seine Anschrift trug. Er ergriff den Plastikbeutel, blickte aber den Arzt an.
»Bitte, Herr Doktor, es ist wichtig, dass unsere Techniker sämtliche Spuren sichern, die auf den Täter hinweisen. Außerdem wäre es gut, wenn sich der Rechtsmediziner die Frau ansehen könnte.«
»Schicken Sie Ihre Mitarbeiter in die Klinik. Der Kollege kann zu ihr, sobald sie versorgt und stabil ist. Ist das alles? Dann würde ich gerne fahren.«
Thal nickte und drehte sich zu Bettina Berg um, die direkt hinter ihm stand.
»Was haben wir?«
»Nicht viel. Tamara Koloschek hat sie gefunden und steht jetzt selbst unter Schock. Sie wollte dich fragen, ob und wann sie sich wieder um die Wohnung kümmern soll. Sie dachte, am späten Samstagnachmittag seiest du am ehesten zu Hause. Zum Glück! Wer weiß, wann wir die Frau sonst gefunden hätten.«
»Wer ist die Frau?«
»Das wissen wir nicht. Ihre Kleidung hat der Täter mitgenommen. Wir haben keinerlei Hinweise auf ihre Identität gefunden.«
Thal berührte Bettina Berg leicht am Oberarm ‒ eine Geste, die nicht erkennen ließ, ob er ihr Halt geben wollte oder selbst Halt suchte. Dann setzte er sich neben die Putzfrau auf die Treppe.
»Guten Abend, Tamara. Schön, dass Sie da sind.«
Die Frau blickte ihn aus rot unterlaufenen, verweinten Augen an. Er bat sie, zu beschreiben, wie sie die Frau vorgefunden hatte.
»Frau lag da, auf oberster Treppenstufe. Wie Schwein auf Stange.«
Sie schluchzte auf, die Tränen liefen ihr erneut über die Wangen.
»Ist gut, Tamara. Sie haben es gleich geschafft«.
Thal nahm ihre rechte Hand.
»Was meinen Sie damit: wie ein Schwein auf der Stange?«
»Na, nackt war sie. Und Arme und Beine waren hochgebunden an Geländer. Mit Strümpfe. Und in Mund und ...«
Erneut schüttelte ein Weinkrampf die Frau.
Bettina Berg beugte sich zu Thal hinunter und flüsterte:
»Im Mund und im Anus steckte der Absatz ihrer Stiefel. Das
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