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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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lassen?

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    Freitag, 19. Dezember
    Leander erwachte mit pochenden Kopfschmerzen unter der
Schädeldecke und einem lauten Pfeifton im linken Ohr. Er fühlte sich erschlagen
wie nach einer durchzechten Nacht. Ächzend erhob er sich und schlurfte auf
nackten Füßen hinüber ins Bad. Irgendwo musste sein Großvater Kopfschmerztabletten
haben. Im Spiegelschrank über dem Waschbecken fand sich ein Röhrchen Aspirin
plus C . Leander löste eine Brausetablette im Zahnputzbecher auf und trank
die Flüssigkeit in kleinen Schlucken. Als er das Röhrchen zurückstellte,
bemerkte Leander, wie wenige Medikamente sein Großvater besessen hatte. Er
musste geradezu kerngesund gewesen sein, was sicherlich daran lag, dass er ein
Leben lang bei Wind und Wetter an der frischen Seeluft gearbeitet hatte.
Trotzdem beschloss er, den Hausarzt des alten Mannes aufzusuchen, um einen
Selbstmord wegen einer schweren Krankheit auszuschließen. Frau Husen konnte ihm
sicher die Adresse geben.
    Leander zog sich aus und stieg in die Badewanne, deren eine
Hälfte mit einem Duschvorhang versehen war, und duschte heiß und ausgiebig. In
dem Maße, in dem die heiße Luft nach oben abzog, schmiegte sich der
Kunststoffvorhang unangenehm an seinen Körper und verursachte trotz der
Wassertemperatur eine Gänsehaut. Aber seine Schultermuskulatur entspannte sich
und die Kopfschmerzen ließen langsam nach, nur das Pfeifen im Ohr blieb. Zudem
stellte sich ein bohrendes Hungergefühl ein, das ihn daran erinnerte, wie lange
er schon nichts mehr gegessen hatte.
    Leander kaufte bei Bäcker Hansen in der Mittelstraße Brötchen
und einen Laib Brot, da er sich von nun an ja selbst komplett versorgen musste.
Dann frühstückte er vor dem Küchenfenster mit Blick auf den Garten und hing in
Gedanken seinem Großvater und der Frage nach, warum, um Himmels willen, der alte
Mann am Vorabend ihres Treffens mitten im Sturm mit seinem Kutter ausgelaufen
war. Gegen elf Uhr rief Notar Petersen an, um einen Termin zu vereinbaren.
    »Sie kennen den Inhalt des Testaments, das Ihr Großvater
kürzlich bei mir hinterlegt hat?«, erkundigte er sich vorsichtig.
    Leander verneinte.
    »Nun, er hat es in meinem Beisein erstellt. Insofern kann ich
Ihnen jetzt schon mitteilen, dass Herr Leander Sie als einzigen Enkel als
Alleinerben eingesetzt hat.«
    »Wann genau hat mein Großvater das Testament gemacht?«
    »Im September. Sie sind wohl kurz vorher zu Besuch auf der
Insel gewesen, deshalb nahm ich an, Sie seien unterrichtet.«
    »Nein«, entgegnete Leander bestimmt. »Bei meinem Aufenthalt war
von einem Testament nicht die Rede.«
    »Wie dem auch sei«, lenkte der Notar ein, »es wäre gut, wenn
Sie die Kaufurkunde des Hauses mitbringen könnten, damit ich alle Formalitäten
für Sie erledigen kann. Es ist sicher in Ihrem Sinne, wenn Sie so bald wie
möglich über Ihr Erbe verfügen können. Und die Versicherungsurkunde für den
Kutter wäre auch nicht schlecht. Ich kümmere mich dann auch darum.«
    »Weiß Frau Husen Bescheid, oder soll ich sie informieren?«,
erkundigte sich Leander.
    »Frau Husen brauchen wir für die Testamentseröffnung nicht, da
Ihr Großvater sie nicht berücksichtigt hat. Sie sind, wie gesagt, Alleinerbe.«
    Sie verabredeten einen Termin und beendeten dann das Gespräch.
Leander hatte das unbestimmte Gefühl, dass er den Notar nicht mochte und dass
das auf Gegenseitigkeit beruhte, obwohl sie sich noch nie begegnet waren und gerade
einmal wenige Minuten miteinander telefoniert hatten. Der Mann schien ihn für
so etwas wie einen Erbschleicher zu halten, der kaum im Leben des alten Mannes
aufgetaucht war und schon alles für sich an Land zog.
    Alleinerbe! Leander war einen Moment lang wie betäubt, als ihm
klar wurde, dass das Haus von nun an ihm gehörte. Er ging zurück in die Küche
und blickte sich um. Mit den Augen des Besitzers wirkte der Raum mit einem Mal
ganz anders. Eben war er hier noch Gast gewesen, jetzt gehörte alles ihm. Er
hatte ein neues Zuhause, ein Refugium weit ab von seinem beruflichen und
privaten Alltagsstress. Was, wenn er einfach hier bliebe? Wenn er alle Brücken
hinter sich abbräche und nach Föhr übersiedelte? Ihm wurde schwindelig, so dass
er sich auf einen der Stühle unter dem Küchenfenster setzte und in den Garten
hinausblickte.
    Nur mühsam gelangte Leander
gedanklich zurück in die Realität, und plötzlich wich das unverhoffte
Glücksgefühl einer noch größeren Trauer über einen alten Mann, den er kaum
gekannt hatte und der

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