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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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sagte Leander.
    Der Wirt drehte sich ohne eine Regung weg und schlurfte hinter
seine Theke.
    Bauer, dachte Leander und erkannte schlagartig die Berechtigung
des Namens, der über der Tür des Restaurants stand.
    Er schlug die Karte auf und bestellte, als der Wirt das Bier
vor ihn auf den Tisch stellte, aus der Vielzahl rustikaler Gerichte folgerichtig
ein Bauernfrühstück. Dann probierte er das Ratsherren-Pils . Es schmeckte
herber als die Biere, die Leander sonst trank, mit Ausnahme von Jever-Pils vielleicht, aber nicht schlecht. Leander nahm einen großen Schluck und lehnte
sich wohlig in seinem bequemen Stuhl zurück.
    An den Nebentischen wurden leise und unverständliche Gespräche
geführt, während die Leute Gerichte aßen, die Leanders Vorfreude auf das Essen
steigerten. Offenbar war die Wahl des Lokals ein Volltreffer gewesen, und ein
schweigsamer Wirt war Leander immer noch lieber als einer, dessen
Aufdringlichkeit man nicht abwehren konnte.
    Da das Bierglas leer war, als der Wirt das Bauernfrühstück
brachte, bestellte Leander gleich ein neues. Er blickte andächtig auf das
Essen, das nun vor ihm stand. Ein Riesenberg Bratkartoffeln mit Ei füllte einen
überdimensionalen Teller, dessen Rand rundherum mit längs halbierten sauren
Gurken dekoriert war. Die kross gebratenen Kartoffeln dufteten nach Zwiebeln
und Speck. Langsam und genüsslich begann Leander zu essen und beglückwünschte
sich bereits nach der ersten Gabel dafür, dass er dieses Lokal betreten und
sich nicht von dem unscheinbaren Außenbild hatte abschrecken lassen. Sein
Genuss wurde erst gestört, als am Nebentisch ein dicker Herr mit Glatze geräuschvoll
Messer und Gabel auf seinen Teller fallen ließ und ihn zurückschob, um sich
direkt eine Zigarre anzuzünden. Er paffte den Rauch in dicken Schwaden in Richtung
seiner Frau und an ihr vorbei zu Leander hinüber.
    »Muss das sein, Karl?«, fragte die Frau, die noch aß, hüstelnd.
    »Ja«, antwortete Karl und rauchte nun in tiefen Zügen.
    »Aber das ist doch jetzt verboten«, beharrte die Frau.
    Statt einer Antwort schien der fette Kerl die Abstände zwischen
den Rauchausstößen noch zu verkürzen, die Dampflok nahm sichtbar Fahrt auf, und
Leander fühlte sich in seinen generellen Urteilen über die mit Dummheit gepaarte
Unverschämtheit und Rücksichtslosigkeit von Rauchern im Allgemeinen durch
dieses spezielle Exemplar wieder einmal mehr bestätigt. Er beschloss aber, sich
von dem Rüpel nicht den Abend verderben zu lassen, und bedauerte stattdessen
die arme Frau, die es mit so einem Walross aushalten musste. Auch der Wirt
hatte offenbar beschlossen, nicht einzuschreiten. Vielleicht handelte es sich
bei dem Walross ja um einen gut zahlenden Hausgast.
    Nach dem Essen bestellte Leander ein drittes Bier und einen Küstennebel für die Verdauung. Der Wirt räumte wortlos den Teller fort und brachte das
Gewünschte. Auch als Leander schließlich bezahlte, blieb der Wirt stumm, und
auch darüber, so beschloss Leander, wollte er sich nicht ärgern. Schließlich
belästigte das Schweigen des Wirtes ihn weit weniger als das Rauchen des Gastes
am Nebentisch, zumal der inzwischen auch noch begonnen hatte, an seiner Frau
herumzunörgeln. Wortfetzen verrieten Leander, dass es um die erwachsenen Kinder
der beiden ging und darum, dass die Frau sie zu Silvester gerne besucht hätte,
der Mann aber das Geschrei seiner Enkel nicht ertragen konnte. Leander
beschloss, wegen der Trennung von Inka nicht länger zu hadern, denn so etwas
blieb ihnen nun erspart, zumal Leander sich die Frage nicht beantworten konnte,
ob wohl Inka oder er selbst im Alter das größere Ekel geworden wäre.
Eigenarten, die dem jeweils anderen auf die Nerven gingen, hatten jedenfalls
beide mehr als genug.
    Das Bier ließ wohlige Schwaden durch Leanders Hirn wabern, die
in komplettem Gegensatz zu der nasskalten Winterluft standen, in die er nun
hinaustrat. Die leicht verschneite Fußgängerzone war jetzt sehr belebt, Musik
drang aus der Möwe , einer Cocktail-Bar, die gleich hinter dem Colosseum und direkt neben dem Inselboten , der hiesigen Lokalzeitungs-Redaktion,
lag. Das Licht der Leuchtreklame schwamm im Dunst über der Fußgängerzone.
Leander blieb vor den kleinen Schaufenstern der Zeitung stehen und las die
ausgehängten Bögen. Auf Seite 3 entdeckte er ein Inserat, das ihn gleich interessierte.
Die Wyker Skatfreunde luden alle Insulaner und Gäste zum großen
Weihnachtsturnier am 21.12. im Wrixumer Hof ein. Anmelden konnte

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