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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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Hat er sich selbst so bezeichnet? Das sieht dem Banausen ähnlich.
Der kann van Gogh nicht von da Vinci unterscheiden, geschweige denn ein gutes
Bild von einem schlechten. Petersen ist ein Spieler; der setzt auf alles, das
Dollars verspricht.«
    »Unser Kleckser malt aber nicht nur Wracks«, wandte der falsche
Priester ein. »Der steht auch auf gebrechliche alte Damen, sofern sie nicht
älter als fünfunddreißig sind.«
    »Jetzt wissen Sie, warum wir diesen fragwürdigen Pfaffen
›Mephisto‹ nennen«, entgegnete Hindelang. »Der alte Bock ist neidisch, weil er
den größten Teil seines Lebens nicht so verbringen durfte, wie es sich für
einen Mann gehört.«
    »Und ich dachte schon, Sie würden so genannt, weil Sie in einem
entweihten Kirchenraum dem illegalen Glücksspiel frönen«, stichelte Leander,
der inständig hoffte, dass Mephisto und der Maler nicht von Eiken sprachen.
    »So, für Sie ist Skat ein Glücksspiel«, konterte Mephisto. »Na,
dann wundert mich natürlich nicht, dass Sie mit Pauken und Trompeten
untergegangen sind.«
    »Mephisto sagt, Sie seien Polizist und Neubürger hier auf der
Insel«, wechselte Brodersen nun das Thema.
    »Zur Zeit beurlaubt«, entgegnete Leander. »Ich möchte eine
Weile ausspannen und wohne in dem Haus meines Großvaters, der vor ein paar
Tagen tödlich verunglückt ist.«
    Die drei Männer nickten, äußerten sich aber nicht weiter dazu.
    »Setzen Sie sich«, forderte Mephisto Leander nun auf. »Heute
Abend werden Sie lernen, was richtiger Skat ist. Schon mal was von einer
Atomrunde gehört?«
    Leander schüttelte den Kopf und nahm gegenüber von Mephisto
Platz.
    »Können Sie auch gar nicht«,
fuhr der fort, »ist nämlich eine Erfindung meines Vaters, der ein geradezu
genialer Skatspieler war. Also, das ist so: Wenn jemand einen Grand Hand
gespielt hat, gibt es anschließend eine Atomrunde. Das heißt, eine Runde lang
hat Vorhand das Spiel, ohne reizen zu müssen. Er bekommt auch automatisch
Kontra. Wenn er ein gutes Blatt hat, freut er sich nicht nur still und
heimlich, sondern er kann Re sagen; wenn nicht, freut sich die Mehrheit.«
    »Und während der ersten Stunde spielen wir nur Ramsch, damit
etwas in den Pott kommt«, ergänzte Brodersen.
    »Pott?«, erkundigte sich Leander.
    »Ach so, ja, das habe ich ja noch gar nicht erwähnt«, erklärte
Mephisto. »Wir spielen natürlich um Geld, genauer gesagt, um die symbolische
Summe von einem Cent pro Punkt. Gezahlt wird immer an die Mitspieler und an den
Pott. Gewinnt einer einen Grand Hand, bekommt er den Pott, verliert er einen,
muss er den Pott verdoppeln.«
    »Noch können Sie aussteigen«, meinte der Maler, der Leanders
skeptischen Blick bemerkt hatte.
    »Nein, nein!«, beeilte sich der. »Hört sich spannend an.«
    »Also dann, willkommen in unserer Runde«, tönte Mephisto und
schlug Leander auf die Schulter. »Apropos Runde – verdammt trockene Luft
hier, oder?«
    Bei diesen Worten strich er sich mit der Handoberfläche
mehrfach über den Kehlkopf.
    »Sag ich doch«, frotzelte Brodersen. »Der kommt von einem
uralten Stamm im vorchristlichen Palästina, vom Stamme Nimm.«
    Leander nickte zustimmend, und Mephisto bestellte per
Handzeichen bei seiner Bedienung vier Pils und vier Köm. Dann nahm er die
Karten, fächerte sie auf und deckte eine Karte auf. Leander, der die Sitte ja
vom Preisskat her kannte, folgte dem Beispiel, gefolgt von Brodersen und
Hindelang. Leander hatte die höchste Karte und nahm das Spiel, um zu mischen.
    »Geber setzt aus, kassiert und zahlt aber immer mit«, erklärte
Mephisto. »Übrigens duzen wir uns unter Skatbrüdern. Ich bin Mephisto, Tom
heißt Tom und Götz wahlweise Götz oder Maler Klecks.«
    »Angenehm, Henning«, stellte Leander sich vor und mischte die
Karten, während die junge weibliche Bedienung die Getränke vor ihnen auf den
Tisch stellte.
    »Also dann«, sagte Mephisto und hob den Schnaps hoch. »Auf
unseren neuen Mitspieler. Euch allen ein gutes, mir ein besseres Blatt!«
    Sie stürzten den Köm hinunter, dann teilte Leander aus. Der
Ramsch erforderte in den nächsten Spielen seine volle Konzentration. Die drei
Skatbrüder waren perfekt aufeinander eingespielt, kannten jeder die Tricks und
Schliche der anderen und verstanden sich hervorragend darauf, einen Neuling,
der ahnungslos in jede Falle tappte, bis auf die Haut auszuziehen. Aber Leander
war ebenfalls ein erfahrener Spieler, wenn auch etwas eingerostet, durchschaute
bald die Finten und Winkelzüge, wenn sie sich

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