Leander und die Stille der Koje (German Edition)
abgeschlossen war? Ich meine, war die Brücke hochgeklappt?«
»Natürlich«, antwortete Heinz Baginski. «Sonst wäre ich doch nicht über den Zaun geklettert. Das Wärterhäuschen war ebenfalls dunkel, als ich auf dem Weg zum Teich daran vorbeigekommen bin. Da war bestimmt niemand.«
»Und als Sie in der Nacht die Leiche gefunden haben, in welche Richtung ist der Mörder da noch mal gelaufen?«
»Zum Eingang.«
»Nicht nach hinten zum Zaun?«
»Nein, zum Eingang.«
»Also war die Brücke da heruntergeklappt und der Eingang war offen. Wenn wir davon ausgehen, dass Nahmen Rickmers seinen Mörder in der Vogelkoje getroffen hat, dass der also schon da gewesen ist, dann muss der Mörder einen Schlüssel zur Vogelkoje haben.«
»Vielleicht war dieser Rickmers vor ihm da und hat den Eingang aufgelassen«, wandte Baginski ein. »Oder der Mörder ist über den Zaun gekommen und nur deshalb über die Brücke geflüchtet, weil Rickmers sie ja inzwischen aufgeschlossen hatte.«
Aber Bertolt Brüning schüttelte den Kopf. »Nein, in so einer Situation handelt man rein impulsiv und nicht überlegt. Wenn der Täter über den Zaun gekommen wäre, hätte er wohl kaum daran gedacht, dass der Weg vorne nun offen war. Er wäre Hals über Kopf auf demselben Weg aus der Vogelkoje verschwunden, auf dem er sie vorher betreten hat. Und es war doch so, dass der Täter Hals über Kopf geflüchtet ist, oder?«
»Ja«, bestätigte Heinz Baginski, ohne jedoch den Gedankengängen des Journalisten folgen zu können.
»Gut, dann hat Rickmers seinem Mörder die Vogelkoje aufgeschlossen, oder der Täter hatte selber einen Schlüssel«, schlussfolgerte Bertolt Brüning und fügte dann mehr zu sich selbst als zu Heinz Baginski hinzu: »Und dass Günter Wiese einen solchen Schlüssel hatte, das kann man ja wohl ausschließen.«
In diesem Moment erblickte er offensichtlich die beiden Kripobeamten, die um das Hafenbecken herum kamen und an ihm und Baginski vorbeigingen, und hatte es plötzlich sehr eilig.
»Wenn Ihnen doch noch etwas einfällt, melden Sie sich bei mir. Ich würde meinen Fehler wirklich sehr gerne wiedergutmachen«, verabschiedete er sich, schnappte sich die Wurst, die schon ganz schrumpelig geworden war, und sein Bierglas und erhob sich von der Bank. »Und immer schön aufpassen. Sie schweben wirklich in großer Gefahr!«
Er eilte hinter den Kriminalbeamten her und ließ einen verdutzten und zutiefst verunsicherten Heinz Baginski zurück, der kopfschüttelnd beobachtete, wie sich die Kriminalbeamten an einen Tisch setzten und Brüning direkt dahinter Stellung an einem Stehtisch bezog. Dieser Reporter war mit Vorsicht zu genießen, das wurde Baginski in diesem Moment klar. Der lauerte regelrecht auf Schlagzeilen, und er, Heinz Baginski, war offensichtlich ein Kollateralschaden im unaufhörlichen Kampf um Sensation und Zeilenzahl.
»Ihr kommt aber spät«, beschwerte sich Leander bei Lena.
»Tut mir leid«, entgegnete die. »Wir mussten uns noch mit einer Anzeige befassen.« Sie erzählte ihm von Melf Albertsen und dem Drohbrief und ließ dabei auch die fragwürdige Rolle des Kollegen Hinrichs nicht aus. »Albertsen hatte wirklich Angst. Wenn ich nur wüsste, warum Hinrichs sich so merkwürdig verhält und nicht unvoreingenommen seinen Job macht! Er scheint ein klares Feindbild zu haben. Für ihn steht fest, dass Wiese und Albertsen hinter dem Mord stecken. Aber wie kann er sich da so sicher sein?«
»Hinrichs ist ein Idiot«, erklärte Leander. »Den darfst du nicht so ernst nehmen.«
»Ich glaube, du unterschätzt ihn. Wenn es um seinen Ruf und seine eigene Karriere geht, ist Hinrichs gewiefter, als du es ihm zutraust. Der muss doch wissen, dass er sich in Teufels Küche bringt, wenn herauskommt, dass er in einer Mordermittlung etwas vertuscht.«
»Aha, ihr redet mal wieder über mich!«, tönte plötzlich eine Stimme dazwischen, und Mephisto und Diana, die wieder ganz in Weiß gekleidet war, traten an den Tisch. »Wenn von Teufels Küche die Rede ist, kann damit nur meine Kochkunst gemeint sein.«
Lena lachte und rutschte etwas zur Seite, um Diana auf der Bank Platz zu machen. Mephisto setzte sich ihr gegenüber und blinzelte auf seine übliche spitzbübische Art. »Ich hoffe, wir sind nicht zu spät für den großen Auftritt unseres Häuptlings?«
»Wovon faselt Merkwürden da wieder?«, erkundigte sich Götz Hindelang bei Diana, die jedoch nur ahnungslos die Schultern hochzog.
»Lieber unbegabter Farbkleckser«,
Weitere Kostenlose Bücher