Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Fahrradtechnik gebucht zu haben. Am Ende entschloss er sich, die teuersten Räder des Angebotes zu kaufen, die sich angesichts der Hightech-Gangschaltung und der Öldruckbremsen an Vorder- und Hinterrädern und nicht zuletzt wegen des zufällig gerade in dieser Woche ausgeschriebenen Aktionspreises geradezu als Schnäppchen herausstellten. Was waren schon zweitausendsechshundert Euro, wenn man dafür mit zwei zukunftssicheren Fahrrädern den Laden verließ? Auf Lenas Gesicht, wenn Leander ihr das Damenfahrrad vorführte, war er jetzt schon gespannt.
Bei dem Gedanken, nun wieder in die Hitze hinaus zu müssen, fand Leander die Einladung des Verkäufers, sich vielleicht auch noch in der Gartenmöbelabteilung umzusehen, geradezu entgegenkommend. Außerdem musste er ja Ersatz für die klapprigen Gartenstühle aus seinem Schuppen besorgen. Dank der herausragenden Angebote erstand er nach ausgiebigem Probesitzen gleich eine ganze Tisch- und Stuhlgruppe und dazu einen Strandkorb der High-End-Klasse. Bei Letzterem war er einigermaßen erstaunt, dass es entscheidende Unterschiede zwischen Nord- und Ostseekörben gab und dann auch noch der Premiumhersteller nicht etwa an der Küste beheimatet war, wie man doch vermuten sollte, sondern im ostwestfälischen Bielefeld.
Die Gartenmöbel bestellte Leander mit Lieferung frei Haus, auf den Strandkorb würde er ein paar Wochen warten müssen. Die Fahrräder wollte er sofort mitnehmen, und so wurde die Sattelhöhe beider Räder direkt auf seine Körpergröße angepasst, nachdem er die Schnäppchen mit seiner Kreditkarte beglichen hatte. Wieder draußen in der Sonne, drehte Leander zunächst einmal eine Runde mit seinem Fahrrad, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Dann wagte er es, das Damenrad während des Radelns durch das Gewerbegebiet mit der linken Hand neben sich her zu führen.
Das ging auch sehr gut, bis Leander in Höhe des Autohauses Steencke beinahe umgefahren wurde. Aus der Ausfahrt donnerte plötzlich ein silberner Mercedes-Geländewagen mit quietschenden Reifen auf die Fahrbahn und schlitterte nur knapp an dem Radfahrer vorbei, der Mühe hatte, mit einer Hand zu bremsen und dabei den Lenker gerade zu halten, während er das zweite Fahrrad neben sich durch bloßen Gegendruck zum Stehen bringen musste.
Wütend brüllte er »Idiot!« hinter dem Fahrzeug her, bevor es mit stark überhöhtem Tempo um die nächste Kurve verschwand. Er konnte gerade noch die Aufschrift auf der Heckscheibe entziffern: »Frei-Wild«. Genau so empfand er den Fahrstil des Verkehrsrowdys! Wenigstens die Bremsen seiner Neuerwerbung hatten ihren Nutzen schon unter Beweis gestellt. Unter dem Eindruck, dem Tod gerade nur knapp entronnen zu sein, beschloss Leander, die Räder lieber bis zur Zentralstation zu schieben, zumal das nur noch wenige hundert Meter waren.
Als die Kriminaltechniker zurück in die Polizeistation kamen, saßen Lena Gesthuysen und Dieter Bennings über den Berichten, die es zu den Befragungen der letzten Tage zu tippen galt.
»Habt ihr etwas gefunden?«, erkundigte sich Bennings und füllte zwei Tassen mit Kaffee, die er an die beiden Kollegen weiterreichte.
Paul Woyke schloss die Digitalkamera wortlos an Bennings’ Computer an, während er an dem heißen Kaffee nippte, und ließ die Fotos auf dem Desktop erscheinen. Dann referierte er, wie die Spurensicherer sich den Tathergang vorstellten.
»Könnt ihr denn beweisen, dass Paulsen gelogen hat und Wiese nicht auf ihn zugerast ist, als er geschossen hat?«, erkundigte sich Lena.
Dieter Bennings, der das gleich erkannt hatte, deutete auf das Foto mit den Schweinwerfersplittern, während Paul Woyke erklärte: »Die Glasscherben liegen sauber auf zwei eng eingegrenzten Stellen. Wenn das Auto bei den Schüssen gefahren wäre, hätten sie länger gestreut. Außerdem lägen die beiden Häufchen nicht nebeneinander, denn das Auto hätte bis zum zweiten Schuss ja schon einige Meter zurückgelegt. Die Glasscherben müssten also ebenfalls ein paar Meter voneinander entfernt liegen. Selbst wenn der Fahrer nach dem ersten Schuss eine Vollbremsung hingelegt hätte, wäre da noch ein deutlicher Anhalteweg zu berücksichtigen.«
Lena nickte zufrieden.
»Also hat Paulsen an der Stelle gelogen, und wir reden jetzt nicht mehr von Notwehr«, stellte Dieter Bennings fest. »Damit kriegen wir ihn und seine beiden Spezis an den Eiern. Bleibt noch die Frage, ob er Wiese auch zusammengeschlagen hat. Paulsen hat ausgesagt, er sei ohne anzuhalten
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