Leander und die Stille der Koje (German Edition)
zurück. »Jetzt bin ich ja mal auf die Überraschung gespannt. Was ist es denn, wenn du es draußen lassen musstest? Ein Porsche?«
Leander lachte laut auf. »Nicht ganz, aber du weißt gar nicht, wie nah du der Sache damit kommst.«
Lena nickte Dieter Bennings zu und folgte Leander durch die Wachstube zum Ausgang. In diesem Moment klingelte das Telefon.
»Sekunde«, rief Lena ihrem Freund nach, umrundete den Tresen und griff nach dem Hörer. »Zentralstation Wyk auf Föhr, Lena Gesthuysen am Apparat.«
»Frau Kommissarin«, hörte sie eine zittrige Stimme am anderen Ende, »Sie müssen sofort kommen, es hat schon wieder einen Anschlag auf mich gegeben.«
»Wer ist denn da, bitte?«
»Albertsen, Melf Albertsen. Ich hatte einen Unfall in der Midlumer Marsch, in der Nähe des Hofes von Günter Wiese.«
»Wieso einen Unfall? Haben Sie nicht von einem Anschlag gesprochen? Wie geht es Ihnen denn? Brauchen Sie einen Arzt?«
»Nein, keinen Arzt. Es geht schon. Aber Sie müssen kommen, das war kein normaler Unfall.«
»Gut, Herr Albertsen, jetzt sagen Sie mir ganz genau, wo Sie sich befinden. Ich komme, so schnell ich kann, zu Ihnen.«
Lena schnappte sich Zettel und Stift und schrieb die Wegbeschreibung mit. Dann legte sie den Hörer auf, rief Dieter Bennings zu: »Albertsen ist verunglückt, aber es scheint nicht so schlimm zu sein. Hast du die Handynummer von Paul Woyke? Ruf ihn an, er muss sofort kommen.«
Dann gab sie Leander Bescheid, der draußen bei den Fahrrädern wartete. »Es tut mir leid«, entschuldigte sich Lena mit einem schuldbewussten Gesicht. »Aber du weißt ja, wie das ist. Der Job geht nun mal vor.« Sie küsste Leander auf die Wange und lief zurück in die Wache.
»Paul kommt«, teilte Dieter Bennings ihr mit. »Was ist denn genau passiert?«
Lena schilderte ihm den Anruf. »Ich fürchte, der Mann dreht so langsam durch. Am besten bleibst du hier, wir können die Station nicht unbesetzt lassen. Ich fahre mit Paul raus und sehe mir das Ganze an.«
Dieter Bennings nickte und machte sich wieder an seinen Bericht, während Lena die Zentralstation verließ, um draußen auf Paul Woyke zu warten. Henning Leander sah sie nur noch von Weitem: Er schob zwei Fahrräder um das innere Hafenbecken herum, und erst jetzt fiel Lena auf, dass sie ihn gar nicht nach der Überraschung gefragt hatte. Sie würde heute Abend Mühe haben, das wiedergutzumachen. Aber zum Glück war Henning ja selbst Polizist gewesen und wusste, wie so etwas war. Andererseits hatte er den Job genau deshalb an den Nagel gehängt. Lena seufzte und setzte sich auf die Treppenstufen.
Albertsen kauerte neben seinem Auto im Schatten, als Lena und Paul Woyke mit einem der Dienstwagen der Wyker Polizei an den Ort des Geschehens kamen. Vorsichtshalber parkten sie an der Hauptstraße, um keine Spuren zu zerstören, stiegen aus, überzeugten sich, dass dem Arzt wirklich nichts Ernstes passiert war, und betrachteten dann das Malheur: Der Golf hatte das linke Vorderrad verloren und hing nun schräg über dem Graben. Fassungslos suchte Lena mit den Augen den Weg ab und entdeckte das Rad einige Meter hinter sich jenseits des Grabens im Gras. Es musste im hohen Bogen durch die Luft geschleudert sein.
Paul Woyke begutachtete inzwischen den Schaden an der Vorderachse und war einigermaßen überrascht, dass dem ersten Anschein nach nur ein paar Kratzspuren an der Unterkante der Bremsscheibe zu sehen waren. Anscheinend war Albertsen noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.
Lena wies den Spurensicherer auf das Rad hin, und der ging zurück, zog es aus dem Gras und legte es auf den Weg. Wie konnte so etwas nur passieren? So ein Autorad war mit fünf Radschrauben befestigt, nicht nur mit Muttern wie früher bei den alten Autos. Alle fünf Schrauben musste Albertsen auf dem Weg verloren haben – das war doch völlig unmöglich. Woyke machte sich auf die Suche und fand auf dem ersten Stück der Hauptstraße tatsächlich vier der fünf Schrauben, die sich kurz nacheinander gelöst haben mussten. Die fünfte blieb verschwunden. Wahrscheinlich lag die irgendwo im hohen Gras des Grabens neben dem Schotterweg. Woyke wurde schlagartig klar, was für ein Glück Albertsen gehabt hatte. Gar nicht auszudenken, wenn er das Rad bei vollem Tempo auf der Hauptstraße verloren hätte! Dann wäre er bestimmt nicht so glimpflich davongekommen, weil er sich nämlich mit Sicherheit überschlagen hätte.
Paul Woyke kehrte mit den Schrauben und dem Rad zurück zu
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