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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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nicht zustimmen«, widersprach Bennings. »Wir brauchen in dieser Mordermittlung jeden Mann, auch den unfähigsten. Und jetzt entschuldigen Sie uns. Wir haben nämlich auch hin und wieder Außentermine.«
    Er verließ die Wache, gefolgt von Dernau, der sich im letzten Moment noch einmal umdrehte, den Zeigefinger erhob und einen Schritt auf Hinrichs zu machte. Der Oberkommissar zuckte zusammen und wich zurück. Dernau grinste und verließ wortlos die Zentralstation, woraufhin Hinrichs deutlich hörbar die aufgestaute Luft entweichen ließ. Das wiederum zauberte ein Grinsen auf das Gesicht des Hauptmeisters Olufs. Eigentlich war er ja mehr der bequeme Typ, aber mit den Kollegen vom Festland kam wenigstens Abwechslung in die Bude. Er zwinkerte seinem Kollegen Vedder zu, der sich vorsichtshalber besser im Griff hatte. Hinrichs war unberechenbar. Wenn der merkte, dass sich seine Untergebenen über ihn lustig machten oder gar so etwas wie Schadenfreude entwickelten, konnte das übel enden. Also vergrub er sein Gesicht in einem Aktenschrank, bevor er sich ein Grinsen erlaubte.

9
    Lena kam mit der Fähre um elf Uhr auf die Insel. Sie hatte angerufen, nachdem sie ihr Auto auf dem Großraumparkplatz in Dagebüll abgestellt und die Fähre zu Fuß betreten hatte. Eine halbe Stunde vor ihrer Ankunft saß Leander bereits am Strand vor dem Atlantic -Hotel in der Sonne und beobachtete das Schiff auf seinem Weg von Dagebüll an der Hallig Langeneß vorbei. Langsam folgte es unter einem königsblauen Himmel dem Bogen der Fahrrinne, entfernte sich so zunächst etwas in Richtung Amrum und bog dann wieder auf den Wyker Hafen zu.
    Alles in allem gab die Insel an diesem Vormittag ein sehr friedliches Bild ab, und niemand, der nicht in den letzten Tagen die Zeitung gelesen hatte, konnte auch nur im Entferntesten ahnen, dass hinter dieser idyllischen Kulisse ein erbitterter Kampf um die Nutzungsrechte an der Natur tobte und es sogar schon einen Toten gegeben hatte. Leander jedenfalls fand das fast schon irreal, so sehr verkörperte Wyk an diesem Tag den Slogan des Föhrer Tourismusverbandes von der ‚friesischen Karibik’.
    Es war inzwischen ein paar Monate her, dass Leander zuletzt auf dem Festland gewesen war. Im Frühjahr war er nach Kiel gefahren, um endgültig seine Wohnung und mit ihr sein altes Leben dort aufzulösen. Trotz seines erst kurzen Aufenthaltes auf Föhr war ihm die Stadt bereits abstoßend und fremd erschienen, wie etwas, das man viel zu lange ertragen hatte und von dem man nun endlich befreit war. Inka hatte ein frühzeitig vereinbartes Treffen kurzfristig abgesagt, weil irgendetwas dazwischengekommen war. Das war nicht misszuverstehen gewesen. Auch die Kinder hatten keine Zeit für ihn gehabt; das allerdings hatte er weniger gleichgültig hingenommen.
    Die Tage bei Lena hatte er eher durchlitten als genossen. An ihr oder seinen Gefühlen für sie hatte das nicht gelegen. Er war froh gewesen, die Zeit in Kiel endlich überstanden zu haben. Für seine Freundin hatte es ihm leid getan. Und doch hatte er aufgeatmet, als er Kiel verlassen und den Weg zurück auf die A7 gefunden hatte. Nachdem er sein Auto auf der Fähre abgestellt hatte, hatte sich tiefe Ruhe in ihm ausgebreitet; als er den ersten Fuß wieder auf die Insel gesetzt hatte, hatte er gewusst, was Heimat ist.
    Vollkommen wäre sein Leben hier aber erst zusammen mit Lena, und die war nun nur noch wenige Minuten entfernt. Leander ging zur Mole und beobachtete das Anlegemanöver der Rungholt . Es faszinierte ihn, wie viele Autos auf so ein Schiff passten. Auch zahlreiche Lastwagen waren darunter, die die Insel mit Lebensmitteln und Baumaterial versorgten, und einzeln abgestellte Anhänger, die von Zugmaschinen im Hafen hin und her bewegt wurden. Wenn man bedachte, dass jedes Butter-, Käse und Wurstpäckchen für das Frühstück der Touristen so aufwändig hergeschafft werden musste, und welche Müllmengen wieder zum Festland gebracht werden mussten, konnte man schon von einer logistischen Meisterleistung sprechen. Über die ökologische Katastrophe, die das gleichzeitig bedeutete, wollte Leander lieber nicht nachdenken.
    Auf der Treppe zum Salon und den Oberdecks drängelten sich die Menschen mit ihren Koffern und Taschen. Lena konnte er noch nicht entdecken. Die Rungholt näherte sich rückwärts der Anlegebrücke, die Bordwand war bereits heruntergeklappt. An der Mole standen mit Leander große Menschengruppen, teilweise Empfangskommittees für die neu

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