Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Ermittlungen«, antwortete Lena verheißungsvoll und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Willst du dann nicht direkt mit Bennings sprechen, wenn er schon mal an der Fähre ist?«
»Das hat Zeit. Wenn ich mir vorstelle, was in dem gerade vorgehen muss, brenne ich ehrlich gesagt nicht auf unser erstes Zusammentreffen. Ich an seiner Stelle wäre jedenfalls stinksauer.«
Sie hatten nun den Rathausplatz erreicht und lenkten ihre Schritte über den Sandwall und in die Große Straße. Hinter der Sparkasse bogen sie links ab in die Wilhelmstraße, die hier noch eine schmale Gasse war, gingen an Klatt’s guten Stuben vorbei, aus denen der Duft von Bratkartoffeln und frischem Fisch drang, überquerten die malerische Karl-Häberlin-Straße mit der alten Schwengelpumpe und dem kleinen Efeuhäuschen, bogen dann an der Buchhandlung Bücher und Mee(h)r in die Mittelstraße, um gleich darauf wieder links in die Wilhelmstraße einzubiegen, in der nach wenigen Metern Leanders Fischerhäuschen lag. Er schloss die Haustür auf und ließ Lena eintreten. In dem kleinen Flur blieb sie stehen, schloss die Augen und atmete durch die Nase tief ein.
»Endlich wieder zu Hause«, sagte sie und machte Leander damit noch ein Stück glücklicher. »Jetzt packe ich schnell aus, und dann gehen wir Mohnkuchen essen, ja? Da freue ich mich schon den ganzen Tag drauf.«
Leander trug den Koffer die steile schmale Teppe hinauf ins Schlafzimmer. Lena folgte ihm und nahm ihm oben zunächst den Rucksack ab. Als er den Koffer öffnen wollte, legte sie ihm die Hand auf den Arm und zog ihn sanft zu sich.
»Ich fürchte, der Mohnkuchen muss noch etwas warten«, sagte sie und ließ sich rückwärts auf das Bett gleiten.
Zwei Stunden später saßen Leander und Lena in einem Strandkorb auf dem Grünstreifen am Sandwall und bestellten Mohnkuchen mit Vanillesauce, eine Spezialität, für die das Café Milchbar bei seinen Stammgästen berühmt war. In Sichtweite am Ende des Sandwalls wuchs der aus quadratischen Formen bestehende Rohbau des Leuchtturms aus Sand, der sich nach oben hin immer mehr verjüngte. Leander dachte einen Moment darüber nach, dass bereits jetzt eine Verkabelung für das Licht im Inneren verlegt werden musste, wenn er tatsächlich am Ende leuchten sollte.
»Schön hier«, sagte Lena und schaute auf das immer noch spiegelglatte Meer hinaus und auf einen Krabbenkutter, der mit heruntergelassenen Netzen langsam auf die Seglerbrücke zulief. »Hier kann es noch so voll sein, trotzdem ist es ruhig und friedlich. Und das hast du jetzt jeden Tag.«
»Kaum zu glauben«, gestand Leander. »Aber genau so ist es. Manchmal sitze ich morgens nach dem Frühstück mit der Zeitung oder einem Buch im Park an der Mühle und höre dem Klappern der Störche zu. Oder ich beobachte Libellen auf dem Teich und kann mein Glück gar nicht fassen. Wenn ich daran denke, was für eine Tretmühle unser Beruf ist und wie lange man die für gewöhnlich aushalten muss, dann erscheint mir das eine absolute Verschwendung von Lebenszeit zu sein. Das Einzige, was mir hier fehlt, bist du.«
Lena legte ihre Hand auf seine, beugte sich zu ihm vor und meinte übertrieben theatralisch: »Das hast du schön gesagt.«
»Kannst du dir immer noch nicht vorstellen, den Job ebenfalls an den Nagel zu hängen?«
Sie lehnte sich wieder zurück und schüttelte lächelnd den Kopf. »Für mich ist das mehr als ein Job. Mir macht mein Beruf nach wie vor Spaß. Und er ist wichtig. Außerdem möchte ich selbstständig und unabhängig bleiben. Versteh mich bitte nicht falsch, ich habe immer mein eigenes Geld verdient und möchte Karriere machen.«
Leander nickte, konnte aber seine Enttäuschung nicht verbergen. Dabei machte er ein Gesicht wie ein kleiner schmollender Junge, und Lena lachte leise, während sie ihn betrachtete. Die Bedienung kam mit dem Mohnkuchen und stellte die beiden Teller, die von der Vanillesauce fast überquollen, vor ihnen ab.
Lena griff sofort nach ihrer Gabel. »Das ist die Perfektion dieses Augenblicks. Ich sitze am Meer in der Sonne, zusammen mit dir, habe Zeit und den Urlaub noch vor mir, und dann dieser Mohnkuchen.«
Mit geschlossenen Augen nahm sie den ersten Bissen. Leander betrachtete sie schmunzelnd.
»Woran denkst du?«, erkundigte sich Lena.
Leander schüttelte nur leicht den Kopf und lächelte ihr zu. Dann griff er ebenfalls nach der Gabel.
»Mensch, Lena!«, rief plötzlich jemand und steuerte auf die beiden zu.
»Eiken!« Lena stand auf und nahm
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