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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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schnell ihren Ausdruck verändern können! Kalt und abweisend blitzten ihn zwei Augenpaare an, ohne dass ihre Besitzer dies mit Worten begleiteten.
    »Ich bin nämlich Naturfotograf, müssen Sie wissen«, ergänzte Baginski und deutete stolz auf seine teure Ausrüstung, weil er annahm, dass ihn die netten Leute falsch verstanden hatten und vielleicht für einen Hausierer hielten.
    »Kennst du einen Andelhof ?«, fragte der Mann seine Frau, ohne dabei jedoch seine Augen von Baginski zu lassen.
    »Nee, wo soll der denn sein?«, entgegnete die und stierte ihn ebenfalls an.
    »Hier in der Marsch hinter dem Midlumer Vorland«, erklärte Baginski diensteifrig.
    »Nie was von gehört«, erklärte der Mann.
    »Und einen Nachbarn, der Wiese heißt, haben Sie auch nicht?«
    »Kennst du einen Wiese?«, erkundigte sich der Mann erneut bei seiner Frau.
    »Nee, wer soll das denn sein?«, entgegnete die.
    Baginski schwante, dass er hier nicht weiterkommen würde, aber er wollte nichts unversucht lassen. »Das ist der Vorsitzende von dem Verein Elmeere , der hier in der Marsch Wiesen renaturiert und Umweltschutz betreibt.«
    »Kennst du einen Verein Elmeere ?«, fragte der Mann seine Frau.
    »Nee, was soll das denn sein?«, entgegnete die, aber da war Heinz Baginski schon halb zur Tür hinaus. Das war doch zum Verrücktwerden, dass niemand diesen Naturerlebnishof kannte.
    Oder wollte ihm vielleicht niemand helfen? Der Gedanke schoss Heinz Baginski in einer Art Erleuchtung durch den Kopf. Natürlich, das musste es sein. Aus der Zeitung wusste er, dass es Streit zwischen den Bauern und Wiese gab, und auch wenn die beiden drögen Marschgewächse Kaffee und Kuchen verkauften, so waren sie doch in erster Linie Bauern.
    Heinz Baginski schnallte seine Satteltaschen an den Gepäckträger. Es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als auf gut Glück weiterzusuchen. An der Hauptstraße entschied er sich für den Weg in Richtung Oldsum. Auf einer frisch asphaltierten Straßendecke rollte er immer mit Blick auf den Deich nahezu ohne Kraftaufwand dahin. Vor einer Teermaschine, die die gesamte Straßenbreite einnahm, stieg er ab und schob sein Rad auf dem schmalen Randstreifen daran vorbei. Auf der Maschine saßen mehrere Männer und machten Pause. Der Fahrer hatte seine Füße auf das Lenkrad gelegt, eine Thermoskanne in der rechten Hand und ein angebissenes Brot in der linken. Mit geschlossenen Augen kaute er in Zeitlupentempo vor sich hin. Baginski wusste aus eigener Erfahrung, dass man gerade Pausen gerne der Zeitdehnung unterzog.
    »Mahlzeit!«, grüßte er nach Ruhrgebietsmanier.
    »Moin«, kam es mehrstimmig und leicht versetzt zurück, wobei der Maschinenfahrer leicht die Augen öffnete und auf den Störenfried richtete.
    »Ich suche nach einem Bauernhof«, begann Baginski vorsichtig, um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.
    »Da könnten Sie hier Glück haben«, antwortete der Fahrer mit ernster Miene. »Oder, Jungs?«
    »Jau«, kam es zurück. »Bauernhöfe gifft dat hier nich zu knapp.«
    »Guck mal, Jupp, da hinten is schon einer«, bemerkte ein Mann vom hinteren Teil der Maschine in demselben Tonfall, in dem der Matrose im Ausguck der Santa Maria einst Kolumbus mitgeteilt haben musste, dass er Land gesichtet hatte.
    »Nein, im Ernst, ich suche einen ganz bestimmten Hof«, lenkte Baginski ein.
    »Jupp, ich glaub, der is wählerisch. Der nimmt nich jeden Hof.«
    Baginski wurde langsam sauer, zumal die Männer jetzt auch noch breit grinsten. Ging man so mit Touristen um, die Hilfe brauchten? »Also jetzt mal ernsthaft: Ich suche die Naturerlebnisstation Andelhof von Günter Wiese, weil ich auf den unter Wasser stehenden Flächen Vögel fotografieren möchte.«
    »Kennt einer von euch so einen Naturerlebnishof?«, fragte der Fahrer und ließ die Hand mit seinem Brot sinken. Dabei schaute er sich mit betont verständnislosem Gesichtsausdruck zu seinen Kollegen um.
    Von den anderen Männern kam nur unverständliches Gemurmel zurück, das aber durchweg verneinend klang.
    »So einen Naturerlebnishof kennen wir nicht. Und der soll hier sein?«, hakte der Fahrer nach.
    »Sagen Sie mal, können Sie mir nicht helfen, oder wollen Sie nicht?« Baginski wurde jetzt ernsthaft sauer.
    »Wir können nicht, oder Männer?«, kam es todernst von dem Fahrer zurück, wiederum durch unverständliches Genuschel der anderen Bauarbeiter unterstützt. »Aber ich habe eine Idee. Vielleicht kann Ihnen einer von den Bauern hier helfen. Oder fahren Sie

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