Leander und die Stille der Koje (German Edition)
aufzukaufen. Uns spendet niemand etwas, uns droht man nur Strafen an. Und die Aktionsschilder, die wir an unsere Gatter gehängt haben, sind allesamt verschwunden. Komisch, was? Wer das wohl war? Da bekommt der Begriff ›Bauernopfer‹ doch gleich eine ganz andere Bedeutung. Und die Jäger sind ebenfalls die Dummen. Wenn ich die hole, um Vergrämungsabschüsse durchzuführen, haben die ebenfalls gleich Anzeigen am Hals. Die können doch keinen Schritt mehr machen, ohne überwacht zu werden. Selbst nachts werden sie mit Nachtsichtgeräten beobachtet. Ach, hören Sie mir doch auf!«
Arfstens Kopf war jetzt hochrot vor Zorn, die Stirn von tiefen Wutfalten zerfurcht. Seine Fäuste hielt er geballt vor sich in Höhe seiner Hüften. Lena hätte sich nicht gewundert, wenn er direkt hier vor ihnen einem Herzinfarkt erlegen wäre.
»Gut«, lenkte sie ein. »Ich sehe, dass der Konflikt nicht so leicht zu beheben sein wird. Aber welchen Grund sollte Günter Wiese haben, Ihren Freund Rickmers zu töten? Ich denke, Rickmers ist Ihnen eher zu gemäßigt gewesen. Da hat Wiese doch eher einen Schaden von seinem Tod, wenn jetzt jemand kommt, der eine härtere Gangart anschlägt. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber an Wieses Stelle hätte ich Sie getötet und nicht Nahmen Rickmers.«
»Das stimmt, Nahmen war zu lasch«, gab Brar Arfsten zu, ohne auf den Frontalangriff einzugehen. »Es wird Zeit, dass wir Nägel mit Köpfen machen. Wenn Wiese mit Panzern kämpft, nützen uns Handfeuerwaffen gar nichts. Ich hoffe, Sie verstehen die Metapher und drehen mir keinen Strick daraus. Nahmen Rickmers wollte es sich mit niemandem verderben. Zuletzt hat er sogar selber Ausgleichsflächen angelegt und Teiche gebuddelt. Wenigstens haben seine Kontakte ausgereicht, um das Schlimmste zu verhindern. Wenn Wiese auch noch seine Idee vom Naturerlebnishof umgesetzt hätte, hätte er noch mehr Einnahmen und Spenden gehabt und uns auch noch den Rest der Flächen vor der Nase weggekauft. Nahmen konnte das verhindern, weil er die richtigen Leute in Kiel gekannt hat. Die Sache ist jetzt vom Tisch. Und wenn Sie ein Motiv suchen, dann finden Sie es genau hier. Ich wette, dass sich Wiese gerächt hat und nun hofft, doch noch irgendwie zu seinem Naturerlebnishof zu kommen. Wenn er es nicht selber war, war es einer seiner Kollegen. Obwohl der Albertsen gar nicht so übel ist. Mit dem kann man wenigstens reden.«
»Ich glaube, wir haben jetzt genug gesehen«, meinte Bennings. »Natürlich gehen wir dem Verdacht weiter nach, aber auch die anderen Spuren und Motive lassen wir nicht außer Acht.«
Arfsten sah ihn nachdenklich an, machte dann kehrt und sprang wieder über den Graben. Die Polizeibeamten folgten ihm und stiegen wieder in den Range Rover. Auf dem Rückweg war der Landwirt sehr schweigsam, und auch die Polizisten hingen ihren Gedanken nach.
Zum Abschied reichte Arfsten ihnen die Hand und sagte bedeutend friedlicher als bei der Begrüßung: »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Und bitte glauben Sie mir: Ich war es nicht. Und Hilke war es auch nicht.«
Lena und Dieter Bennings fuhren von Arfstens Hof direkt zurück nach Wyk. Sie überlegten, ob sie noch an der Zentralstation vorbeifahren sollten, aber da der Vormittag schon weit fortgeschritten war, beschlossen sie, lieber etwas essen zu gehen und anschließend den weiteren Tag zu planen. Bennings schlug das Restaurant Godewind in der Feldstraße vor. Von hier hatten sie es anschließend nicht weit bis zur Zentralstation, liefen aber auch nicht Gefahr, einem der Inselpolizisten zu begegnen.
»Glaubst du ihm?«, fragte Lena, während sie auf ihr Essen warteten.
»Schwer zu sagen«, antwortete Dieter Bennings. »Seine Position ist klar und sicher auch nicht unbegründet. Und ich frage mich wirklich, warum er seinen Freund getötet haben soll. Wegen Hilke Rickmers? Das scheint mir doch eher unwahrscheinlich. Auch die Witwe hat kein Motiv. Sie hätte Arfstens Angebot annehmen können, dann wäre sie von ihrem Mann weg gewesen. Und das Geld hatte ja ohnehin sie. Also, warum sollte sie an einem Mord beteiligt sein?«
»Gut«, beschloss Lena, »dann müssen wir Günter Wiese auf den Zahn fühlen. Sein Motiv scheint mir noch das stärkste zu sein. Warten wir ab, was Henning heute in Erfahrung bringt. Dann sehen wir weiter.«
Bennings verzog das Gesicht.
»Ich weiß«, lenkte Lena ein. »Es entspricht nicht den Vorschriften, ihn an den Ermittlungen zu beteiligen. Ich habe ihm auch schon
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