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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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diesen Mann nicht weiter unter Druck setzen konnten.
    »Wenn Günter Wiese und seine Frau Anna nicht wären, wäre ich längst auch weg von der Insel«, fuhr er leise fort und hob nun seinen Blick in Lenas Richtung. »Ich kann sie doch jetzt nicht im Stich lassen.«
    »Lassen Sie uns zu unserer Ausgangsfrage zurückkommen«, zog Dieter Bennings wieder die Aufmerksamkeit des Arztes auf sich. »Es kann also niemand bezeugen, dass Sie gegen zweiundzwanzig Uhr nach Hause gefahren sind und nicht woanders hin.«
    Melf Albertsen brauchte einen Moment, um wieder zum Thema zurückzufinden, und schaute einen Augenblick lang leicht verwirrt in die Runde. »Ich weiß, dass das für mich nicht von Vorteil ist«, bekannte er dann. »Und ich habe mir schon den Kopf zerbrochen, ob mir nicht doch noch etwas einfällt, das mich entlasten könnte, aber da ist nichts.«
    »Zumindest ist das sympathischer und macht einen ehrlicheren Eindruck als all die konstruierten Alibis, die uns sonst so zugemutet werden«, warf Lena ein, die tatsächlich Mitgefühl für den Arzt empfand. »Für Sie sieht das allerdings wirklich nicht gut aus. Sie haben kein Alibi, sie hätten durchaus ein Motiv, auch wenn Sie das bestreiten, und die Gelegenheit zu der Tat hätten Sie angesichts der kurzen Wege hier auf der Insel sowieso gehabt.«
    »Wir müssen Sie verpflichten, die Insel vorerst nicht zu verlassen«, ergänzte Dieter Bennings, »und uns jederzeit zur Verfügung zu stehen. Falls Sie von sich aus noch Informationen haben, erreichen Sie uns immer über die Kollegen in der Zentralstation.«
    »Eines interessiert mich noch«, sagte Lena. »Was muss ich mir darunter vorstellen, wenn Sie in diesem Streit einen Kompromiss vorschlagen?«
    »Nun, da gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine wäre zum Beispiel eine klare räumliche Trennung der Nutzungsbereiche. Elmeere konzentriert sich auf die Midlumer Marsch, die Landwirte nutzen die Flächen, die rund um Nieblum und Alkersum liegen. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben wir schon gemacht, indem wir durch Landtausch die Elmeere -Flächen zusammengelegt haben. Nur die konsequente Fortführung dieser Strategie ist schwierig.«
    »Inwiefern? Das klingt doch vernünftig. Warum kann man sich darauf nicht einigen?«
    »Versetzen Sie sich mal in die Lage eines Landwirts, der seinen Aussiedlerhof mitten zwischen seine Flächen gebaut hat und diese nun gegen Kilometer entfernte Äcker eintauschen soll. Der direkte Nachbar des Naturschutzhofes von Günter Wiese zum Beispiel, Hein Frerich, ist genau von dem Vorschlag betroffen und kämpft erbittert dagegen. Fragen Sie sich doch einmal selbst: Hätten Sie an seiner Stelle dafür Verständnis?«
    »Wohl kaum«, gestand Lena. »Obwohl die Entfernungen hier auf der Insel alles andere als groß sind.«
    »Das ist relativ. Mit den Maßstäben des Festlandes dürfen Sie die Menschen hier nicht messen. Eine andere Maßnahme fänd ich da schon vielversprechender«, setzte Albertsen, der sich sichtbar darum bemühte, seine Nervosität zu kontrollieren, seinen Vortrag fort. »Wir haben, was die Geldbeschaffung für den Flächenankauf angeht, einen riesigen Sprung gemacht, als wir kürzlich die Genehmigung erhalten haben, ein Umweltgeberkonto einzurichten. Das bedeutet, dass Unternehmen überall in Deutschland, die per Gesetz bei Kapazitätserweiterungen Ausgleichsflächen ausweisen müssen, diese nicht selber anlegen müssen, sondern ihr Geld an uns überweisen können, damit wir das für sie machen. Häufig fließen solche Mittel in Regenwaldprojekte und dergleichen. Jetzt werden dafür auch Flächen auf Föhr renaturiert. Jeder Fabrikant, der im Ruhrgebiet seine Fabrik ausbauen will und dafür ein paar Hektar Wald pflanzen müsste, kann sein Geld jetzt uns überweisen.«
    »Aber das heißt doch, dass sich der Konflikt eher verschärfen wird, weil Sie jetzt noch mehr Bauernland aufkaufen können«, warf Lena ein.
    »Genau das heißt es. Das erklärt Ihnen auch, warum der Kampf in letzter Zeit so erbittert geführt wird. Mein Vorschlag ist nun, dass die Landwirte ihren Ernteausfall aufgrund unserer Maßnahmen detailliert nachweisen müssen und dafür Ausgleichszahlungen erhalten. Natürlich dürfen wir nicht die Mittel aus dem Umweltkonto dafür verwenden. Das Geld müsste schon von Land und Bund kommen. Aber unter dem Strich hätten beide Seiten etwas davon, und es gäbe eine Chance für ein friedliches Nebeneinander. Leider herrscht noch nicht bei allen Beteiligten die

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