Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
seinen Sohn in die Arme.
„Oh, Timor, ich will es versuchen.“
In der Ferne hörten sie ein Kreischen, und selbst die katzenartigen Raubtiere verschwanden. Leandra hatte sich bereits das Seil um den rechten Fuß gebunden und reichte Adain das andere Ende.
„Bereit?“
Der Jäger nickte, und Leandra tauchte ab. Nachdem Adain noch einmal kurz nach Luft geschnappt hatte, folgte er ihr. Timor schwamm hinter ihm und hoffte, dass seine Angst ihn nicht überwältigte. Endlich erreichten sie den zur Hälfte mit luftgefüllten Teil des Tunnels, wo er seinen Vater musterte. Er war sehr blass.
„Brauchst du eine Pause?“
Wild schüttelte Adain den Kopf.
„Nein, ich will es hinter mich bringen.“
So tauchten sie ein letztes Mal und stiegen schließlich ans Ufer. Beunruhigt stellte Timor fest, dass sein Vater immer noch einen leeren Blick hatte.
„Ich glaube, wir sollten uns ein bisschen umsehen, Leura“, meinte Leandra, und der Geist stimmte ihr zu.
Als sie alleine waren, fragte Timor: „Warum hast du es mir nie erzählt?“
„Ich schäme mich. Kein Mann sollte etwas so sehr fürchten, dass allein der Gedanke daran ihn lähmt.“
„Deshalb sind wir also nie nach Mendarn zurückgekehrt.“
„Ja, die Vorstellung ein Schiff zu betreten, lässt viele schreckliche Bilder aufsteigen.“
„Das musst du nicht mehr, Vater, bald sind wir in Mendarn und fangen ein neues Leben an. Dort wird es uns gut gehen.“
„Du vergisst Akrissas Amazonen.“
„Die haben längst unsere Spur verloren.“
„Sie werden weiter nach uns suchen.“
„Mendarn ist ein großes Land, und irgendwo wird es einen Platz geben, an dem sie uns nicht finden werden.“
Sich der Wahrheit seiner Worte sicher sah Timor seinen Vater an, und langsam kehrte das alte Grinsen auf dessen Gesicht zurück.
Wenig später kamen die beiden Amazonen von ihrer Erkundigung zurück, und Adain sagte: „Danke, dass du mich geführt hast, Leandra.“
„Du brauchst mir nicht zu danken, schließlich ist mein Volk an deinen Qualen schuld. Schaut, wir haben etwas zu essen gefunden.“
Timor stöhnte, als Leandra Weißkopfpilze auspackte.
„Ich glaube, ich kann bald keine Pilze mehr sehen. Warum hast du nicht die Lerche mitgebracht?“
„Einen so kleinen Vogel?“ Leandra war empört, dann flüsterte sie: „Außerdem finde ich ihren Gesang schön.“
Brummend griff Timor sich einen Pilz, um ihn zu schälen. Da bemerkte er, dass sein Vater sich keinen genommen hatte, und drehte den Kopf zur Seite. Adain war im Sitzen eingeschlafen.
„Es ist nicht leicht, sich seiner Angst zu stellen“, meinte Leandra, und Timor nickte. Das, was sein Vater heute getan hatte, zeugte von wahrem Mut. Nach dem Essen unterdrückte Timor ein Gähnen.
„Schon gut, du brauchst mir keine Gesellschaft zu leisten.“ Die Prinzessin lächelte. „Du hast letzte Nacht nicht geschlafen, also leg dich hin.“
Timor war zu müde, um zu widersprechen, und machte es sich bequem. Plötzlich fiel ihm noch etwas ein. Sie hatten so viel erlebt, dass es Timor entfallen war, und wenig später war Leura zu ihnen gestoßen, vor der er es nicht hatte ansprechen wollen. Nun gehörte die tote Amazone zu ihnen, und es war gleichgültig, ob sie mithörte. Er hob den Kopf, um Leandra anzusehen.
„Ich vergaß, dir zu danken.“
„Ich habe doch gesagt, dass das nicht nötig ist.“
„Das meinte ich auch nicht.“
„Wofür dann?“
„Dass du mich vor dem Bären gerettet hast.“
Verdutzt sah sie ihn an, und dieses herrliche Bild nahm er mit in seine Träume.
„Warum habt ihr mich nicht geweckt?“, fragte Adain am nächsten Mittag, und Timor grinste.
„Du hast so fest geschlafen, wir wollten dich nicht wecken.“
Dabei ist Timor selbst erst vor einer Stunde aufgestanden , dachte Leandra und wechselte einen kurzen Blick mit Leura. Sie zuckte nur mit den Schultern.
Adain stand auf und machte ein paar Lockungsübungen, um seine Muskeln zu entspannen.
„Und was habt ihr geplant, während ich schlief?“
„Leura hat uns von einem alten Trollgang erzählt, der durch den Berg führt.“
„Einen Trollgang?“ Adain hörte mit den Übungen auf und sah Leandra und Timor an. „Habt ihr nicht genug von Ungeheuern?“
„Keine Sorge, dort gibt es keine Trollgeister“, versicherte Leura, deutete auf dem Berg im Westen, dessen Gipfel in den Wolken verschwand, und erklärte, dass eine Umgehung viele Tage in Anspruch nehmen würde. Finster sah der Jäger den Berg an, als wäre er ein heimtückischer Feind. Leandra konnte ihn
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