Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
gut verstehen, auch sie wollte lieber den Himmel über sich sehen und frische Luft atmen. Wenn sie aber dadurch schneller vorankamen, nahm sie es in Kauf. Schließlich kam Adain zu demselben Schluss, und weil Leandra bereits neue Vorräte gesammelt und die Wasserschläuche frisch gefüllt hatte, konnten sie sich gleich auf den Weg machen.
Am Abend erreichten sie den Gang, von dem Leura gesprochen hatte, und betraten ihn. Zur Abwechslung verlief die fünftägige Reise ohne Zwischenfälle, dennoch kam das Licht am Ende des Tunnels Leandra wie eine Befreiung vor. Von einem Vorsprung sahen sie, dass die Berge flacher wurden und sich etwas südlich ein Fluss durch die Landschaft schlängelte.
„Sieht aus, als hätten wir es bald geschafft“, freute sich Timor.
Plötzlich bemerkte Leandra, dass Leura einen sehnsüchtigen Schimmer in den Augen hatte, so als würde ihr etwas das Herz zerreißen.
„Was ist?“
„Das Totenreich ruft mich.“
„Warum bist du darüber traurig?“
Leura schaute ihre drei Gefährten an.
„Ich - ich weiß nicht. Kann ich euch alleine lassen?“
„Du kannst unbesorgt gehen.“ Adain legte seinem Sohn und Leandra die Hände auf die Schultern. „Den Rest schaffen wir alleine. Wir danken dir für deine Hilfe und wünschen dir viel Freude in der anderen Welt.“
„Du irrst dich, ich habe euch zu danken. Endlich darf ich meinen gefallenen Schwestern folgen. Lebt wohl, meine Freunde.“
Der Geist löste sich auf, und eine Weile schauten die Drei auf die Stelle, wo Leura gestanden hatte, und nahmen still Abschied von ihr. Jeder tat das auf seine Weise, die Amazonenprinzessin zitierte in Gedanken ein altes Gebet.
Danach gingen sie in Richtung Fluss und folgten ihm nach Westen. Als es mittags wurde, schlugen sie ein Lager am Ufer auf. Während Timor ein paar Fische fing und Adain Feuerholz sammelte, beobachtete Leandra, wie sich das Schilf im Wind wog. S eltsam, wieder zu dritt zu sein , dachte sie. Bedeutete das auf der Flucht zu sein? Menschen kennenzulernen und nach kurzer Zeit ihnen Lebewohl zu sagen?
Überrascht zuckte Leandra zusammen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, und sie wandte sich um. Adain stand vor ihr. Sie war so in ihre Gedanken vertieft gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, dass er zurückgekehrt war.
„Du musst Leura besonders vermissen“, meinte der Jäger. „Immerhin seid ihr beide Amazonen.“
Leandra unterdrückte einen Seufzer.
„Was zählt ist, dass ihre Leiden endlich vorbei sind.“
Zweifelnd hob Adain die Augenbrauen.
„Tröstet dieser Gedanke dich?“
„Natürlich“, antwortete Leandra lächelnd. Vieles, was ihre Mutter sie lehren wollte, hatte ihr Herz nicht erreicht - bis auf eines, dass das Wohl des Volkes wichtiger war als das eigene.
Bevor Adain etwas erwidern konnte, rief Timor: „Fisch Nummer drei.“
Bei diesen Worten machte er ein Gesicht, als hätte er einen Riesen besiegt. Rasch verbarg Leandra ihren Mund, damit Timor ihr Lächeln nicht sah. Er stieg aus dem Fluss und hob die anderen beiden Fische auf.
„Also, ich bin fertig. Wollen wir jetzt was essen?“
Es ist eine wunderbare Eigenschaft, in einem Ende einen neuen Anfang zu sehen , dachte Leandra. Bestimmt fehlte Leura ihm auch, doch Timor freute sich einfach darauf, was vor ihm lag.
„Klar“, sagte die Prinzessin und beschloss sich, an ihm ein Beispiel zu nehmen. Schnell machte Adain ein Feuer, und sie brieten die Fische. Nach der langen Zeit, in der sie Pilze und Beeren gegessen hatten, war es ein richtiger Genuss.
Ein schicksalhafter Tag
Vom höchsten Turm des Palastes blickte Akrissa auf die Stadt Tehu und das umliegende Land, und eine prickelnde Erregung durchflutete sie. Schon sehr bald würde ganz Tehuna ihr gehören. Ihr Triumph wurde nur dadurch getrübt, dass Iben noch immer nicht zurückkehrt war. Akrissa hatte eine zweite Gruppe von Amazonen nach Kendon geschickt, um nachzuforschen, was passiert war. Bauern hatten eine Kriegerin gesehen, auf die Cajas Beschreibung zutraf. Alleine war sie von den Bergen aus in Richtung Rothan-Wald geritten. Da Caja nie die Hauptstadt erreicht hatte, war sie sicher das Opfer von Vohranern geworden. Mir wird es gelingen, die Erben der Vohraner auszulöschen , dachte Akrissa und ballte ihre rechte Hand zur Faust.
„Regentin“, ertönte eine Stimme hinter ihr, und Akrissa wandte sich um. Respektvoll verneigte sich eine junge Amazone. Mit einem kurzen Nicken erlaubte Akrissa ihr weiter zu sprechen.
„Die Gesandtschaft des Königs von
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