Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
Wahrheit. Die Gefühle waren echt.“
Orans Blick kehrte zu Adain, Leandra und Timor zurück.
„Ihr könnt stolz auf euch sein. Schon das Asol-Gebirge zu bezwingen, ist nicht leicht, doch die Begegnung mit solchen Ungeheuern zu überleben, zeugt von Weisheit und Mut.“
„Und von großem Glück“, fügte Herane hinzu.
„Was ist euer nächstes Ziel?“
„Wir möchten in das nächste Dorf.“
„Wenn ihr von unserem Haus aus acht Tage in nordwestlicher Richtung geht, werdet ihr auf einen Pfad treffen, der euch zum Dorf Harkan führt.“
„Es ist schon dunkel“, sagte Herane. „Wenn Ihr über Nacht bleibt, werdet ihr morgen früh ausgeruht weiterreisen.“
„Eure Großzügigkeit beschämt uns.“ Die Stimme seines Vaters klang peinlich berührt, weil er es hasste, etwas zu nehmen, ohne etwas zu wiedergeben. Wahrscheinlich war das eine Eigenschaft von Menschen, die lange auf sich alleine angewiesen waren.
„Unsinn, ich freue mich, dass ich euch etwas umsorgen kann. Das eine Eigenart der Frauen.“ Herane zwinkerte, als sie Leandras entsetzten Blick sah. „Na gut, nicht aller Frauen, dennoch bin ich sicher, dass du dich auf deine Weise um die beiden kümmerst.“
Herane half ihnen, ihre Liegestätten in der Küche vorzubereiten, wünschte ihnen eine gute Nacht und ging mit ihrem Mann ins Schlafzimmer.
„Hoffentlich bist du morgen nicht heiser“, meinte Timor, als sie unter die Decken krochen. Sein Vater brummte nur. Wahrscheinlich war er immer noch beleidigt, und jetzt, wo ihre Gastgeber nicht da waren, zeigte er es. Dabei gab es Menschen, die sich ihr Geld mit Geschichtenerzählen verdienten.
„Es macht ihr wirklich Spaß“, murmelte Leandra, die rechts neben ihn lag.
„Das muss dir seltsam vorkommen.“
„Ich weiß, dass es auch in Tehuna Familien gibt, in der Mann und Frau sich nahe stehen, aber in der Schicht der Adeligen leben die Amazonen alleine und die Töchter erfahren nie, wer ihre Väter sind.“
„Fragst du dich manchmal, wer dein Vater ist?“
„Das werde ich nicht mehr erfahren, und vielleicht wollte ich es nie wissen, weil Enos so etwas wie mein Vater war.“
Also hatte sich Leandra ihren Vater selbst ausgesucht. Das konnte Timor leider nicht mehr.
„Ich wünschte, Akrissa wäre nicht meine Mutter.“
„Wir hätten uns dann nie kennengelernt.“
Timor wusste nicht, woher er den Mut fasste. Er streckte die Hand aus und ergriff ihre. Obwohl Leandra eine Kriegerin war, fühlte sich ihre Haut zart an.
„Dann bin ich froh darüber.“
Leandra lächelte, und sein Herz fing an zu klopfen.
„Wir sollten jetzt auch schlafen, bevor dein Vater uns wie kleine Kinder ermahnt.“
„Wenn der schläft, kann ihn nichts mehr wecken.“
Von seiner linken Seite kam ein Räuspern, und Timor zog seine Hand zurück. Hoffentlich sah sie im Dunkeln nicht, wie er errötete.
„Gute Nacht, Leandra.“
„Schlaf gut.“
Am nächsten Morgen bestand Herane darauf, dass sie mit ihnen frühstückten, bevor sie gingen, und bereitete ein reichhaltiges Frühstück mit Rebhuhn-Eiern und Speck zu. Nachdem sie gegessen und sich noch einmal für die Gastfreundschaft bedankt hatten, beugte Adain sich etwas vor.
„Bitte erzählt niemanden von uns.“
„Wenn das euer Wunsch ist, wird unsere Begegnung ein Geheimnis bleiben“, versprach Oran und brachte sie mit seiner Frau zur Tür.
„Möget ihr ohne Schwierigkeiten euren Weg zum Ziel finden.“
Adain erwiderte: „Möget euer Haus vor dem Zorn der Elemente sicher sein.“
Nach diesen Worten brachen sie endlich nach Nordwesten auf, und am Abend war ihnen das Jagdglück hold. Ihrem Lager näherten sich zwei neugierige Goldmarder. Adain und Leandra reagierten schnell und konnten sie erlegen, sodass sie nicht vollkommen besitzlos, Harkan erreichen würden. Für das Fell würden sie genug Geld bekommen, um ihre ziemlich zerschlissene Kleidung zu ersetzen und warme Mäntel zu kaufen. Wie Oran gesagt hatte, trafen sie nach acht Tagen auf den Pfad, und Timor war voller Zuversicht.
Leandras Unbehagen wuchs, je näher sie dem mendarnischen Dorf kamen. Das Erreichen von Harkan war gleichbedeutend mit dem endgültigen Ende ihres Lebens als Amazone. Um nicht aufzufallen, hatte sie sich entschieden, ein Kleid zu kaufen. Keine Kriegerin, die etwas auf sich hielt, würde ein Kleid anziehen. Ich darf nicht mehr als Amazone denken , dachte Leandra. Im Inneren war ich nie eine, und diese Veränderung ist nur äußerlich . Dennoch war es der letzte Schritt, und als sie das Dorf nach
Weitere Kostenlose Bücher