Leaving Paradise (German Edition)
ist, mit mir zusammenzuarbeiten, und ich weiß zu schätzen, dass du mich nicht rausgeworfen hast.«
»Du kannst hier nicht mehr weg«, sage ich.
»Warum nicht?«
»Weil diese Tür sich nur von außen öffnen lässt.«
Caleb beäugt den Türstopper, den er gerade aus dem Weg gekickt hat. »Du machst Witze, oder?«
Ich schüttle langsam den Kopf. Ich bemühe mich, bei der Vorstellung, mit Caleb Becker auf dem Dachboden gefangen zu sein, nicht in Panik auszubrechen. Atme, Maggie. Ein. Aus. Ein. Aus.
Caleb versucht, den Türknopf zu drehen, dann probiert er, gleichzeitig den Türknopf zu drehen und sich gegen die Tür zu stemmen. »Mist.« Er dreht sich zu mir um. »Du und ich. Im selben Raum. Das darf doch nicht wahr sein.«
»Ich weiß«, sage ich.
»Wir könnten nach Mrs Reynolds rufen. Sie schläft im Garten, aber …«
»Sie würde uns da draußen niemals hören. Ihr Hörvermögen geht schon gegen Null, wenn man nur fünf Meter von ihr entfernt steht. Wenn sie aufwacht, werden wir sie hören und dann können wir uns die Seele aus dem Leib brüllen.«
»Du meinst also, wir sitzen hier fest?«
Ich nicke wieder.
»Mist.«
»Das sagtest du bereits«, informiere ich ihn.
Caleb beginnt auf-und abzutigern, mit den Händen fährt er sich über die kurzen Stoppeln auf seinem Kopf. »Es ist ja auch Mist. Eingesperrt zu sein wird langsam zu meinem Lebensmotto«, murmelt er. »Wie lange dauert es normalerweise, bis sie wieder aufwacht?«
Ich zucke mit den Schultern. »Manchmal eine halbe Stunde, aber es kommt auch vor, dass sie eine Stunde oder länger schläft, so wie gestern.«
Er holt tief Luft, setzt sich auf den Boden und lehnt sich mit dem Rücken an eine von Mrs Reynolds’ Truhen. »Du kannst dir genauso gut einen Platz suchen«, sagt er.
»Ich habe ein bisschen Angst vor Spinnen.«
»Immer noch?«
»Du erinnerst dich daran?«
»Wie könnte ich das vergessen? Du und Leah, ihr habt mich früher immer zu eurem persönlichen Spinnentöter erkoren«, sagt er.
Ich werfe ihm einen Blick zu, der, wie ich hoffe, nichts verrät.
»Setz dich«, befiehlt er mir. »Ich gebe der alten Lady zwei Stunden, um uns zu befreien, dann trete ich die Tür ein.«
Eine sehr lange Zeit sagt keiner von uns etwas. Die einzigen Geräusche sind unsere Atemzüge und das unheimliche Knacken und Knarzen des alten Hauses.
»War es schlimm im Gefängnis?«, frage ich schließlich und breche damit das Schweigen.
»Manchmal.«
»Was meinst du damit? Was haben sie mit dir gemacht?«
Ich wende mich ihm zu und sehe ihn an. Seine Miene ist verschlossen. »Weißt du, du bist die Erste, die Einzelheiten wissen will.«
»Ich gebe zu, mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen. Ich schätze, die meisten sind nicht wahr.«
»Was hast du gehört?«
Ich beiße mir auf die Unterlippe, nervös, dass ich diejenige sein soll, die ihm davon erzählt. »Lass mich überlegen … du hattest einen Lover im Knast … du warst in einer Gang … du hast versucht zu fliehen und wurdest in Einzelhaft gesteckt … du hast einen Typen krankenhausreif geschlagen … soll ich fortfahren?«
»Glaubst du irgendetwas davon?«
»Nein. Wieso? Ist da was dran?«
Er lässt den Kopf gegen die Truhe fallen und atmet tief aus. »Ich bin in einen Kampf geraten und habe Einzelhaft dafür bekommen.« Er legt die Hände über die Augen. »Ich war dreiundsechzig Stunden lang in Einzelhaft. Himmel, ich fasse nicht, dass ich ausgerechnet mit dir darüber rede.«
»Haben sie dir was zu essen und zu trinken gegeben?«
Er lacht. »Ja, man bekommt immer noch seine Mahlzeiten. Aber man schläft auf einer Zementplatte, auf der eine Schaumgummimatratze liegt, die drei Zentimeter dick ist. Eine Toilette aus rostfreiem Stahl ist die einzige Gesellschaft, die man hat.«
»Wenigstens warst du allein«, sage ich. »Ich musste warten, dass jemand mir eine Plastikschüssel bringt, in die ich pinkeln konnte, als ich im Krankenhaus lag. Dann musste ich daliegen, während sie mir den Hintern abwischten. Das war so erniedrigend.«
»Haben die Ärzte dir gesagt, ob du je wieder gehen können wirst, ohne zu hinken?«
»Sie wissen es nicht. Ich muss zweimal die Woche zur Physiotherapie, bis ich nach Spanien gehe.«
»Spanien?«
Ich erkläre, wieso ich jeden Tag für Mrs Reynolds arbeite, und erzähle ihm von meinem Traum, Paradise zu verlassen, um die Vergangenheit ein für alle Mal hinter mir zu lassen.
»Ich konnte es nicht erwarten nach Hause zu kommen«, gibt er zu. »Hierher zu
Weitere Kostenlose Bücher