Lebe lieber innovativ
sie getan haben, spricht ihnen seine Anerkennung für etwas aus, das sie erreicht haben, oder er stellt ihnen eine einfache Frage. Manchmal bietet er auch seine Hilfe an. Er wartet nicht darauf, dass ihn jemand dazu auffordert – er macht selbst den ersten Schritt.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass Menschen, die so vorgehen wie Debra Dunn und Michael Dearing, mehr Erfolg haben als andere. Denn sie sind dazu bereit, ihre Fähigkeiten stets weiterzuentwickeln und sie gehen das Risiko ein, etwas Neues auszuprobieren. Das macht sie erfolgreicher als Menschen, die der Meinung sind, über ein festes Repertoire an Fachkenntnissen und über angeborene Fähigkeiten zu verfügen, die sie auf bestimmte Rollen festlegen. Carol Dweck vom Fachbereich Psychologie an der Stanford hat einiges über dieses Phänomen veröffentlicht und aufgezeigt, dass Menschen mit einem statischen Selbstbild und einer klaren Auffassung darüber, was sie gut können, langfristig wahrscheinlich weniger Erfolge erzielen als Menschen mit einem flexiblen Selbstbild. In Carols Abhandlungen geht es vor allem um unsere
Einstellung zu uns selbst. Menschen, die ein statisches Bild von ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten haben, gehen nur äußerst selten Risiken ein, die dieses Bild ins Wanken bringen könnten. Dagegen gehen Menschen mit einem flexiblen Selbstbild Risiken üblicherweise bereitwilliger ein und engagieren sich stärker, um ihre Ziele zu erreichen. Sie sind interessiert an Dingen, die ihre Fähigkeiten auf die Probe stellen. Wenn sich ihnen dabei neue Betätigungsfelder bieten, reagieren sie darauf meist aufgeschlossen.
Wie findet man nun heraus, wo die Chancen liegen, welche Lücken geschlossen werden müssen? Ganz einfach. Als Erstes muss man lernen, aufmerksam zu sein. Meine Kollegen an der D-School haben folgende Übung entwickelt, die die Fähigkeit, wie man Chancen besser erkennen kann, trainiert: Zunächst werden die Teilnehmer gebeten, ihre Portmonees herauszuholen. Dann wird die Übungsgruppe in Zweierteams aufgeteilt, die sich gegenseitig über ihre Portmonees interviewen sollen. Sie sprechen darüber, was sie an ihren Portmonees schätzen und was sie an ihnen nicht mögen, wobei sie besonders darauf eingehen sollen, wie sie sie beim Einkaufen und als Aufbewahrungsmittel benutzen.
Einige der interessantesten Erkenntnisse ergeben sich schon allein aus der Beobachtung, wie jeder Einzelne zu Beginn sein Portmonee hervorholt. Manche Portmonee sind schmal und ordentlich, andere sind zum Bersten mit Zetteln gefüllt; manche entsprechen der neusten Mode, wieder andere enthalten ganze Sammlungen von Bildern und Quittungen und einige bestehen fast nur noch aus einer Büroklammer. Ein Portmonee spielt ganz offensichtlich für jeden eine andere Rolle. Bei den Interviews stellt sich heraus, wie jeder Einzelne sein Portmonee
benutzt, wofür es steht und welche merkwürdigen Verhaltensweisen jeder entwickelt hat, um die natürlichen Grenzen zu überbrücken, die jedes Portmonee hat. Ich kenne keinen Menschen, der mit seinem Portmonee voll und ganz zufrieden ist. Es gibt daran immer noch etwas zu verbessern. In der Tat tragen die meisten Menschen Portmonees mit sich herum, die sie auf die eine oder andere Art verrückt machen. Die Studenten diskutieren darüber, wie frustrierend es ist, dass ihr Portmonee nicht die richtige Größe hat, dass man darin kaum etwas wiederfindet oder dass sie am liebsten für jeden Anlass das passende Portmonee hätten.
Nach der Interviewphase entwirft und bastelt jedes Teammitglied ein neues Portmonee für den Partner, der nunmehr sein »Kunde« ist. Als Arbeitsmaterialen stehen ihnen dafür Papier, Schere, Kleber, Filzstifte, Büroklammern und Ähnliches zur Verfügung – im Grunde dürfen die Studenten alles verwenden, was sie im Seminarraum vorfinden. Das Ganze dauert in der Regel eine halbe Stunde. Wenn jeder Student seinen Prototypen fertig hat, »verkauft« er ihn an seinen Kunden. In fast allen Fällen beseitigen die neuen Portmonees die größten Problemstellen, mit denen die Kunden zuvor zu kämpfen hatten. Sie sind von dem neuen Entwurf meist richtig begeistert und würden ein solches Portmonee sofort kaufen, wenn es im Handel erhältlich wäre. Es gibt allerdings auch utopische Ausstattungsmerkmale, die aus dem Reich der Science-Fiction stammen, wie zum Beispiel ein Portmonee, das auf Kommando Geld drucken kann. Doch an einige Entwürfe bräuchte sich eigentlich nur noch ein guter Designer zu
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