Lebe lieber innovativ
Menschen glauben, dass ihre Fortschritte entlang einer geraden Erfolgslinie ununterbrochen nach rechts oben ansteigen müssen. Doch das ist unrealistisch und nur eine eingeschränkte Sichtweise. Wenn man sich tatsächlich einmal die Karrierekurven erfolgreicher Menschen anschaut, findet man darin immer Schwankungen. Verfolgt man sie jedoch über einen längeren Zeitraum, bewegt sich die Linie im Allgemeinen sehr wohl kontinuierlich nach rechts oben. Befindet man sich gerade an einem Tiefpunkt, fällt es mitunter schwer zu begreifen, dass der vorübergehende Abfall in Wirklichkeit nur die Vorbereitung für den nächsten Aufschwung ist. Doch nach einem Tiefpunkt steigt die Aufwärtslinie häufig sogar
steiler an als vorher. Das heißt, man erreicht tatsächlich mehr, als wenn man auf einem gleichmäßigen, vorhersehbaren Pfad geblieben wäre.
Carol Bartz, die frühere Geschäftsführerin der Softwarefirma Autodesk und neue Geschäftsführerin von Yahoo! , führt einen weiteren, sehr anschaulichen Vergleich an, um einen erfolgreichen Karrierepfad zu beschreiben. 8 Sie sagt, dass wir uns unseren beruflichen Fortschritt nicht so vorstellen sollten, als ob wir eine zweidimensionale Leiter hinaufklettern würden. Er ähnle vielmehr dem langsamen Aufstieg auf eine Pyramide: Diese würden wir Schritt für Schritt in aufsteigender Richtung umkreisen – bis zur Spitze. Während wir uns an den Seitenwänden entlangbewegen, schaffen wir uns eine Basis für unsere Erfahrungen. Auch wenn der Aufstieg scheinbar lange dauert, bilden wir uns so ein Fundament an Fähigkeiten und Erfahrungen, die wir später sehr gut gebrauchen können.
Eine meiner Lieblingsgeschichten über den zyklischen und unvorhersehbaren Charakter von beruflichen Karrieren ist die von Steve Jobs. Als Gründer der Unternehmen Apple und Pixar hat er legendäre Erfolgsgeschichten zu erzählen. Doch viele seiner größten Erfolge sind aus Fehlschlägen hervorgegangen. Dies beschrieb er ganz wunderbar in einer Rede, die er im Jahr 2005 vor den Universitätsabsolventen der Stanford University hielt. Hier ein Auszug:
» Wir waren gerade mit unserem brillantesten Erzeugnis, dem Macintosh-Computer, ein Jahr lang auf dem Markt und ich war gerade 30 geworden. Da flog ich raus. Aber wie kann man aus einem Unternehmen
entlassen werden, das man selbst gegründet hat? Nun, als Apple allmählich größer wurde, stellten wir jemanden ein, der mir passend erschien, um das Unternehmen gemeinsam mit mir zu führen. Das ging auch etwa ein Jahr lang gut. Doch dann entwickelten sich unsere Vorstellungen allmählich auseinander und am Ende zerstritten wir uns. Daraufhin ergriff der Aufsichtsrat Partei für ihn. Und schon war ich draußen, gerade 30, und alle Welt schaute auf mich. Der Dreh- und Angelpunkt meines gesamten Erwachsenenlebens war weg – es war verheerend.
In den darauffolgenden Monaten hatte ich überhaupt keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich hatte das Gefühl, die gesamte vorangegangene Generation von Unternehmern enttäuscht zu haben. Es war so, als ob ich das Staffelholz bei der Übergabe fallen gelassen hätte. Ich traf mich mit David Packard und Bob Noyce und versuchte, mich dafür zu entschuldigen, dass ich alles so fürchterlich vermasselt hatte. Mittlerweile war ich in der Öffentlichkeit als Versager so bekannt, dass ich am liebsten nur noch davongelaufen wäre. Doch allmählich dämmerte mir, dass ich meine Tätigkeit noch immer liebte. Daran hatte die Wende, die meine Karriere bei Apple genommen hatte, nicht das Geringste geändert. Man hatte mich zurückgewiesen, doch ich war immer noch verliebt. Und deswegen beschloss ich, von vorn anzufangen.
Damals habe ich es nicht begriffen, doch später zeigte sich, dass meine Entlassung bei Apple das Beste war, was mir je passieren konnte. Der Erfolgsdruck war der Leichtigkeit gewichen, wieder ein Anfänger zu sein, der
sich in allem nicht so sicher war. Ich war frei, um eine der kreativsten Phasen meines Lebens zu beginnen. In den fünf darauffolgenden Jahren gründete ich ein Unternehmen namens NeXT , ein weiteres, das sich Pixar nennt, und ich verliebte mich in eine wundervolle Frau, die ich später heiratete. Pixar arbeitete daran, den weltweit ersten computeranimierten Spielfilm, Toy Story , zu produzieren, und ist heute eines der erfolgreichsten Trickfilmunternehmen der Welt. Durch eine bemerkenswerte Wende des Schicksals kaufte Apple eines Tages die Firma NeXT und ich kehrte zu Apple zurück. Die
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