Lebe wohl, Erde!
Segler war gestartet, ehe ich die richtige Stelle erreichte. Ich hatte mich verzählt, es waren jetzt nur noch fünf Mann in der Lichtung. Um so besser, das bedeutete einen Mann weniger, um den ich mich kümmern mußte.
Es kam mir wie Stunden vor, bis der vierte Segler aufgebrochen war, und noch länger, ehe die drei übrigen Männer das Katapult wieder aufgewunden hatten. Aber endlich war es soweit.
Sagte ich, ich sei ein schlechter Schütze? Es lag wohl nur daran, daß es mir widerstrebte, Menschen zu töten. Doch der Gedanke, was Clory und mir zustoßen würde, wenn meine Pfeile ihr Ziel verfehlten, half mir. Jeder der drei Pfeile, die ich so schnell hintereinander abschoß, wie es nur ging, traf. Clory und ich rannten zum letzten Segler. Wir schnallten uns an, und ich klinkte das Kabel aus. Das Katapult schleuderte uns mit schwindelerregendem Schub und dem lautesten Geräusch, das ich je hörte, weit hinaus und hinauf. Wir waren frei!
Clory war nie zuvor in der Luft gewesen – das waren die wenigsten Frauen oder Mädchen. Ihre Begeisterung war grenzenlos, als wir dahinsegelten. Auch ich fühlte mich wundervoll. Es war ein herrlicher Morgen. Ich steuerte auf eine Felsformation zu, die gerade groß genug war, um uns mit dem nötigen Aufwind zu versorgen. Ich drehte den Segler in einer großen Spirale, als wir aufstiegen und schließlich in gerader Linie auf die Berge im Norden zuflogen.
Der Flug verlief glatt. Fast automatisch nutzte ich jeden Aufwind unter den Wolken. Wir flogen nicht wirklich schnell – ich hatte schon größere Geschwindigkeit geschafft –, aber wir kamen stetig voran über Wälder, Sümpfe und Flüsse. Nur eines machte mir zu schaffen: Ich war müde. Der kurze Schlaf hatte mir nach all den Anstrengungen der vergeblichen Echsenjagd nicht genügt. Aber ich durfte keinesfalls einschlafen, solange wir in der Luft waren. Und wenn wir landeten, würde uns nichts anderes übrigbleiben, als am Boden zu verweilen, denn wir hatten kein Katapult, uns wieder hochzuschleudern.
Meine Schläfrigkeit wuchs mit den vorüberhuschenden Meilen. Ich hatte kein bestimmtes Ziel. Ich steuerte nach dem Schatten vor mir, den die Morgensonne hinter uns warf. Obgleich ich mich bemühte, wach zu bleiben, nickte ich immer wieder flüchtig ein, und jedesmal war ich näher daran, fest einzuschlafen und so die Kontrolle über den Segler zu verlieren. Wenn wir nur kurz landen könnten!
Plötzlich wurde mir bewußt, daß Clory mir auf den Rücken klopfte. »Keefe!« schrie sie. »Schau!«
Ich schüttelte meinen Schlaf ab und drehte mich lächelnd zu ihr um, aber mein Lächeln erstarb schnell, als ich sah, worauf sie mich aufmerksam machte.
Es war ein anderer Segler, der geradewegs auf uns zukam.
In meiner Bestürzung verlor ich fast den Kopf. Es mußte eines unserer Luftboote sein. Es war noch eine Meile oder auch mehr zwischen uns und der Sonne und viel höher als wir, und es kam mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf uns zu, mit viel größerer, als ich je einen Segler hatte fliegen sehen.
Ich hatte nur eine Chance – zu fliehen! Wild fluchend tauchte ich, bis wir fast die Baumwipfel streiften, und das so schnell der Segler es schaffte.
Aber das war lange nicht schnell genug. Der andere kam uns rasch nahe, als wir die reglosen Bäume voraus passierten.
Ich wunderte mich flüchtig, wie er die Höhe erreicht haben konnte, die ihm nun diese Geschwindigkeit verlieh, doch dann widmete ich mich ausschließlich den Kontrollen.
Clory klammerte sich von hinten an mich. Ich spürte ihr Schluchzen, als wir uns beide vorwärts lehnten, um den Luftwiderstand zu verringern.
Ein grüner Gipfel peitschte nach uns und – krach! Das Luftboot schaukelte. Ich schaute hinunter. Wir hatten einen Wipfel gestreift und dabei unsere Landekufen verbogen.
Aber es war der letzte der hohen Bäume gewesen. Das Land voraus fiel sanft ab. So weit man sehen konnte, verlief dieser sanfte Hang – es war das Tal eines riesigen Flußbetts. Ich tauchte ein wenig, dabei gewannen wir etwas Geschwindigkeit.
Doch unser Verfolger war schneller. Ich wagte einen Blick zurück und stellte fest, daß er bedrohlich nahe war, nahe und gewaltig. Er sah viel größer aus als unser Segler …
»Clory!« rief ich. »Kannst du einen Augenblick steuern?« Sie legte wortlos die Arme über meine Schultern und griff nach den Knüppeln. »Gutes Mädchen!« lobte ich, während ich den Bogen spannte. »Du brauchst sie nur einen Augenblick so zu halten.«
Ich
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