Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
habe noch sechzig Minuten. Sollte in dieser elften Stunde etwas geschehen, daß die Herrschaft der Anderen wieder errichtet wird, möchte ich meine Geschichte für die niederlegen, die nach mir kommen – für die, die den Anderen treu ergeben sind.
    Ich bin sicher, daß Collard mich absichtlich hier eingesperrt hat, von wo aus ich sehen kann, wie Gleichgesinnte zu der Maschine gebracht und einer Gehirnwäsche unterzogen werden.
    Aber auch das entmutigt mich nicht, alles aufzuschreiben.
     
    Um vor Verrat sicher zu sein, übernehmen die Anderen die Auswahl selbst. Die menschlichen Regierungen auf der Erde sind weder stark noch gut organisiert, aber sie versuchen so manchen Trick, um jemanden in die Vier und vier zu schmuggeln.
    Ich wußte gleich, als ich meine Bewertung auf der Ehrenliste sah, daß ich als einer der Vier und Vier erwählt werden würde, um so mehr, als Beauftragte der Anderen sich eingehend bei meinem Vater und in der Nachbarschaft über mich erkundigten. Aber Wirklichkeit wurde es erst, als man mich nach Lincoln zum Präsidenten befahl.
    Eine lange Zeit war es immer schlimmer geworden. In der menschlichen Geschichte hat es stets Unruhestifter gegeben. Ehe die Anderen mit ihren Wirtschafts- und Sanitärgesetzen kamen, war es natürlich noch ärger. Aber ich persönlich hatte es noch nie so schlimm wie jetzt gesehen. In der Röhre zum Raketenhafen wurde ich von einem schäbig aussehenden Mann belästigt, der sehr verstohlen tat. Er wußte offenbar, daß ich auserwählt worden war. Seine Stimme klang drängend, aber was er sagte, war absurd. Er brabbelte vom Recht der Menschen, ihren Planeten selbst zu regieren, über die Intoleranz und Starrheit der Gesetze der Anderen.
    Ich befahl ihm, mich in Ruhe zu lassen. Wäre ein Gesetzeshüter in der Nähe gewesen, hätte ich den Burschen wegen Hochverrats verhaften lassen – obwohl er bei unseren korrupten Gerichten vermutlich ohnehin wieder freigekommen wäre. Ich sagte ihm, was ich von ihm und seinesgleichen hielt. Ich versuchte, ihm vernünftig zu erklären, wie viel Gutes die Anderen für die Erde getan, wie sie den Irrsinn des Krieges und internationaler Streitigkeiten und die Absurdität der Demokratie und der freien Wahlen beendet hatten. Ich überzeugte ihn nicht, aber er erkannte aus meiner Haltung, daß ich kein Schwächling war. Als er sich umdrehte, glaubte ich, unterdrückte Tränen in seinen Augen zu sehen, und den Rest der Fahrt fühlte ich mich beobachtet.
    Wie stolz ich war, daß ein Anderer in Präsident Gibbs’ Büro anwesend war – und ein sehr bedeutender noch dazu. Sie wissen ja selbst, daß sich stets nur siebenundsiebzig von ihnen auf der Erde aufhalten und deshalb wenig Zeit haben, sich persönlich mit den Menschen zu beschäftigen, denn schließlich müssen sie ja ihren Forschungen nachgehen, was die Möglichkeiten und Rohstoffquellen und die Geschichte der Erde betrifft – alles natürlich zum Wohl der Menschheit.
    Die Anderen sind einfach großartig, sie arbeiten hundert Prozent der Zeit. Menschen sind da natürlich im Nachteil, weil sie schlafen müssen. Aber selbst wenn sie wach sind, vergeuden sie Stunden mit Unnützem – sie schreiben Bücher, lesen, geben sich mit Spielen ab und unterhalten sich – große Kraft! Wieviel sie ständig reden! Ich bin menschengeboren und sollte mir nicht schmeicheln, doch selbst die Anderen sagten, ich sei mehr wie sie. Ja, darauf bin ich stolz – ich fürchte nur, daß die Maschine die Erinnerung daran schon in einer Stunde auslöschen wird oder mich dazu bringt, sie zu hassen. Wie schrecklich, sie wird mich wieder menschlich machen.
    Jedenfalls war der Andere beim Präsidenten sehr beeindruckend. Ich hatte schon ein oder zwei Andere gesehen, doch dieser hier hatte breite orangefarbige Ringe um die Iris, was bedeutete, daß er zur Königsklasse gehörte. Er war groß, grauhäutig und durch das Gewicht seiner schweren Schwingen, die aus dem hageren Rücken wuchsen, nach hinten geneigt. Die Anderen, so wird behauptet, wären vor endloser Zeit in den Gewässern ihres Heimatplaneten geschwommen. Fliegen konnten sie mit diesen Schwingen gewiß in keiner Atmosphäre, auch nicht in der niedrigen ihrer sterbenden Welt.
    Als Angehöriger der Königsklasse hatte der Andere einen Namen. Er hieß Greg. »Du bist Ralph Symes«, sagte er. »Du wurdest als einer der Vier und Vier erwählt. Tritt vor mich!«
    Ich tat es. Seine orangeumrandeten beigen Augen drangen tief in mich. Sie wirkten schwer und

Weitere Kostenlose Bücher