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Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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finster, und ich schämte mich, ein Mensch zu sein. Doch da erinnerte ich mich, daß ich das nur durch das Mißgeschick der Geburt, aber dafür durch Auswahl einer der Vier und Vier war. Jetzt erst wagte ich, zu ihm aufzuschauen.
    Da erhob sich Präsident Gibbs. Er war mir zuvor gar nicht aufgefallen, obgleich er für einen Menschen eine gute Figur machte. In seiner Jugend wäre er gern einer der Vier und Vier geworden, und er hätte es fast geschafft, aber eine körperliche Schwäche verhinderte seine Wahl. Doch später wurde er Präsident, das war zumindest ein kleiner Trost.
    »Bürger Ralph Symes«, sagte er. »Dir widerfuhr die Ehre, als einer der Vier und Vier auserwählt zu werden. Du kennst die Strafe, wenn du die Wünsche Gregs und seiner ehrenwerten Genossen nicht ausführst. Deine Ausbildung beginnt in einer halben Stunde. Hundert Tage später erhältst du deine Anweisungen. Was sie sind, weiß weder ich noch sonst ein Mensch, außer den Vieren und den Vieren.« Er händigte mir ein großes, reichverziertes Kästchen aus. »Das ist deine Krone. Halte sie in Ehren. Einstweilen ist sie nur ein Symbol deines Status, doch nach hundert Tagen, wenn sie auf deinen Geist abgestimmt ist, wird sie zum mächtigsten Schirm und zur stärksten Waffe, die je erschaffen wurden. Benutze sie nie ohne Überlegung.«
    Greg, der wie alle seiner Art immer arbeitete, hatte sich nicht an der Rede beteiligt, sondern etwas Mysteriöses mit den Knöpfen eines kleinen, in seiner Kristallsessellehne eingelassenen Apparats getan. Er schaute nun flüchtig auf. »Sie erwarten dich. Bring ihn ins Schiff, Präsident.« Das letzte Wort klang fast, als gäbe ein Erwachsener einem Kind aus Spaß einen ehrenvollen Titel. Gregs Lippen zogen sich dabei fast wie in einem Lächeln zusammen. Allerdings lächeln die Anderen nie richtig, zumindest nicht wie Menschen, die aus dem geringsten idiotischen Anlaß lachen.
    Ich sah mich erstaunt um, denn jetzt wurde mir erst klar, was mir in der bisherigen Aufregung gar nicht bewußt geworden war. Außer Greg, dem Präsidenten und mir befand sich niemand in diesem Raum. »Verzeihen Sie«, sagte ich. »Aber wann findet die Ehrung statt?«
    »Ehrung?« fragte Greg so sanft, daß ich fast die schneidende Schärfe dahinter überhörte. »Was meinst du damit?«
    »Nu-un, die – die Ehrung«, stammelte ich. »Die – die Aufnahme. Wenn man mir die Krone aufsetzt. Meine Einführung als einer der Vier und Vier, wenn wir zusammenkommen, und dann das Fest. Verzeihen Sie mir«, fuhr ich fort, »aber ich hatte erwartet …«
    Präsident Gibbs unterbrach mich. »Aufgrund der Unruhen …«
    Aber Greg winkte ab. »Es findet keine formelle Ehrung statt«, sagte er, und diesmal war die schneidende Schärfe unüberhörbar. »Du hast deine Krone, das genügt. Stellst du meine Handlungsweise in Frage?«
    Bittere Enttäuschung wallte in mir auf. Solange ich mich erinnern konnte, hatte ich von dieser Feier geträumt. Es ging fast über meine Kräfte, es mir nehmen lassen zu müssen. Die Menschenmenge, die Jubelrufe, mein Vater, aufgeregt, weil er mich zum letztenmal sah … Aber ich war einer der Vier und Vier und durfte keine menschlichen Gefühle haben. »Verzeihen Sie mir«, sagte ich zum drittenmal. Das war alles. Greg blieb sitzen und schaltete an seinem Sessellehnenapparat, während der Präsident mich hinausbegleitete – und er öffnete die Tür für mich!
    Ich stieg in das wartende Zipschiff und hörte eine Sekunde später die Raketen aufheulen. Gleich darauf schlief ich ein. Vermutlich war in meinem Abteil ein Hypnofon untergebracht gewesen, denn als ich erwachte, befand ich mich in einem Bett in einem fremdartigen Zimmer. Doch ehe ich einschlief, dachte ich noch, wie ungewöhnlich es war, daß die Anderen eine Änderung ihrer Routine zugelassen hatten. Die Ehrung war Teil der Herrschaft der Anderen über die Vasallenerde. Die Unruhen, die Präsident Gibbs erwähnte, mußten noch weitere Verbreitung haben, als ich auch nur ahnte.
    Also, ich erwachte in einem fremdartigen Zimmer … Aber ich bin kein Verräter, auch wenn die Maschine mich in dieser brennenden Stadt in einem sterbenden Reich vielleicht zu einem machen wird. Doch welchen Foltern sie mich auch aussetzen werden, ich werde nicht verraten, was ich zu verehren geschworen habe. Ich hätte Collard gleich töten sollen, als er ein Abtrünniger der Vier und Vier wurde! Was ich in den hundert Tagen lernte, habe ich bei den verschlungenen Triangeln der Anderen

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