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Leben bis zum Anschlag

Leben bis zum Anschlag

Titel: Leben bis zum Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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bietenden Gelegenheit herumzuschäkern.
    »Take out the trash«, sagt Keath.
    »Hä?«
    »Bring den Müll raus«, übersetzt Dali.
    »Dali, take out the trash!«, schmettert Maika zurück.
    »No, no«, korrigiert Keath. »Lesson one, learning by doing. Maika, you take out the trash.«
    »Okay, teacher«, flötet Maika. Catwalk mit blauen Mülltüten rechts und links, so geht sie ab zu den Tonnen im Hof.
    Dali schlägt mit der Faust auf den Tisch und kriegt sich nicht mehr ein.

    Das Problem hat Nora nicht. Sie zischt eine Bionade weg und konzentriert sich auf ihr Mantra: keine Reaktion zeigen! Nicht eine! Nicht die leiseste! Jemand, vermutlich Mehmet, hat Maika das mit Keath und ihr gesteckt, sonnenklar. Und die subtile Botschaft, die Maika ihr da gerade faustdick unter die Nase reibt, ist: Ätschibätsch, ich mach dich eifersüchtig! Alle werden dich eifersüchtig machen! Und deshalb presst sich Nora den Kronkorken in die Handfläche, bis sich ein gezackter Kreis abzeichnet, und nimmt sich angesichts des Males vor: Dass sie NIEMALS die leiseste Regung von Eifersucht zeigen wird. Was immer auch passiert, sie wird keine Reaktion zeigen. Ein weiterer angepisster Zeuge dieser ersten Englischlektion einer wissbegierigen Schülerin ist Mehmet. Für ihn ist es das letzte Quäntchen zu viel an weiblicher Aufmerksamkeit, die sein ehemaliger Freund auf sich zieht.
    Maika kommt zurückgeschlendert und lehnt sich dekorativ an den Tresen. »Teach me more«, sagt sie zu Keath. Reine Bosheit öffnet den Zugang zu ihren spärlichen Englischkenntnissen. Sie hat ihr Pulver noch nicht verschossen.
    »Drinks, friends?« Nora lächelt in die Runde vorm Tresen.
    International und wie aus einem Munde antworten Keath und Dali: »Bier.«
    »Maika?«
    »Quitte.«
    »Bitte.« Nora schiebt ihr eine Quittenlimo hin, registriert ihren prüfenden Blick und wendet sich an den Nebenmann von Maika: »Mehmet?«
    Der rechnet sich nicht zu ihren Freunden, dampft ab und haut die Tür hinter sich zu.
    Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig … Nora rennt ihm nach.

    Er will gerade das Fahrradschloss aufschließen.
    Sie setzt sich auf den Gepäckträger.
    »Hallo, ich bin’s.«
    Er lässt das Fahrrad stehen.
    An der Straße holt sie ihn ein.
    Mehmet dreht ab und verschwindet in der Peepshow.
    Da setzt Nora keinen Fuß rein.
    Vierundzwanzig, fünfundzwanzig, sechsundzwanzig … Nora zieht ihr Handy aus der Tasche und ruft ihn an.
    Hinter der halb offenen Tür erklingt laut und deutlich ihre eigene Stimme, handysoundverzerrt: You sound like laughter.
    Zack. Weggedrückt.
    Ihr wird heiß. Was für’n Scheiß! Ihr erstes Lied für Keath ist Mehmets Klingelton und bringt damit das Dilemma exakt auf den Punkt.
    Hogge, der Betreiber des Schuppens, taucht in der Tür auf und füllt sie damit vollständig aus. »Ich hab da ’n Gast, der fühlt sich … verfolgt.«
    »Belästigt«, brüllt Mehmet aus dem Off.
    »’ne Frau oder ’n Kerl?«, fragt Nora scheinheilig.
    »Gast ist Gast«, grinst Hogge.
    »Sag dem Gast, er soll sich nackig machen und auf die Drehscheibe legen, da ist er vor Belästigung sicher.«
    »Vertragt euch, Kinder.« Hogge schiebt seinen massigen Leib zurück ins klimagekühlte Ambiente.
    Nora wartet. Wolkenloser Himmel, die Straße leer gefegt bis auf Onkel Fadil, der zwei Häuser weiter aus seinem Elektroladen kommt und ebenfalls nach Regenwolken Ausschau hält.
    »Guten Abend, Onkel Fadil!«
    »Merhaba, kleine Nora!« Er winkt, sie soll rüberkommen.

    Sie schüttelt den Kopf und deutet mit dem Daumen über die Schulter auf den Peepshow-Eingang. »Muss auf Mehmet warten!«
    »Mehmet?« Fadils Augenbrauen wandern nach oben. »Was macht er da?«
    »Weiß nicht!« Sie zieht die Schultern bis zu den Ohren hoch.
    Onkel Fadil setzt sich in Bewegung, um es in Erfahrung zu bringen.
    Das wartet sein Neffe nicht ab, er begibt sich nach draußen. »Komm mit.« Er winkt seinem Onkel zu und geht mit Nora in die Gegenrichtung ab. »Was willst du?«
    »Das nicht.«
    Er schüttelt den Kopf und sieht sie mit kalten Augen an. »Was schwebt dir vor? Soll ich dir ’ne Packung Präser besorgen, oder was?«
    »Wozu? Ich hab keinen Schwanz, du Arsch!«, haut Nora raus, ohne zu überlegen.
    Und dann verrennen sie sich weiter in fiese Vorstellungen.
    Das Ding ist gelaufen, denkt Nora.
    »Das Ding ist gelaufen«, sagt Mehmet kalt.
    »Hab ich im Wortlaut gerade auch gedacht.«
    »Tja. Dann sind wir uns ja einig. Zisch ab.«
    »Nein, sind wir

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