Leben im Käfig (German Edition)
den Ausgleich, um sich nicht schuldig zu fühlen. Er dachte an die letzte Woche, an das, was Sascha mit ihm mitgemacht hatte. An das, was von außen zusätzlich als Belastung auf ihn zukam. An den Vortag und das, was gerade eben passiert war.
Andreas fühlte sich frei, weil er einen Teil seiner Nöte auf die Schultern seines Freundes gestapelt hatte. Oder zumindest stellte er es sich so oder so ähnlich vor. Jetzt war es Zeit, dass er auch einmal da sein durfte. Sich nützlich und hilfreich fühlen konnte.
Als Andreas Sascha langsam vorwärts schob und ihm das Hemd aufknöpfte, wehrte sein Freund sich nicht. Willig ließ er sich das dünne T-Shirt über den Kopf streifen und auf die Matratze betten. Das Einzige, was Sascha von sich aus tat, war, Andreas' Haarband zu öffnen, sodass ihm die dunklen Strähnen auf die Brust fielen. Ein paar Bücher wurden vom Laken geschubst und landeten unbeachtet auf dem Fußboden.
Andreas küsste seinen Freund lange und süß, bevor er ihn mit sanfter Gewalt auf den Bauch rollte. Sascha vergrub das Gesicht im Kissen und rekelte sich, als die langen Finger über seine Haut glitten und versuchten, ihm Entspannung zu verschaffen.
Mit den Gedanken weiter fort und gleichzeitig nah am Geschehen konzentrierte Andreas sich darauf, Sascha fühlen zu lassen, wie es in ihm aussah. Wortlos rieb er seine Dankbarkeit und seine tiefe Zuneigung in die glatte Haut.
Jemand war auf ihn zugekommen. Hatte gesagt: „Wir bekommen es hin.“
Nicht „Das wächst sich schon aus“ und „Du brauchst keine Therapie“. Er fühlte sich beschenkt.
Viel später, als Andreas mit den Lippen die Regionen erkundete, die er zuvor massiert hatte, und Sascha sich unter ihm wie ein Aal auf dem Trockenen wand, ging es ihm schlicht gut.
Er war erregt, er war verliebt, er war nicht allein. Und auch das war ein Geschenk.
Kapitel 35
Andreas fehlte ein Stück Handlung. Schon wieder.
Auf mysteriöse Weise waren die Protagonisten der Serie von einem sich missverstehenden, anstrengenden Konglomerat aus Traumata jeglicher Art und Sturheit zu einem übereinander herfallenden Liebespaar geworden. Egal.
Zufrieden blinzelte er und presste seinen Rücken fester an Saschas Bauch, dessen Kinn vertraut auf seiner Schulter ruhte. Eine Hand lag besitzergreifend in Andreas' offener Hose und wärmte sein von Samen feuchtes Glied.
Sascha hatte manchmal diese Anwandlungen, wenn sie zusammen auf dem Bett lagen und sich etwas im Fernsehen ansahen. Wie gute Freunde nebeneinander oder auch eng umschlungen, aber auf jeden Fall ohne sexuellen Hintergrund.
Plötzlich und unangekündigt, ohne seinen Blick von der Mattscheibe zu wenden, machte Sascha sich dann an Andreas' Reißverschluss zu schaffen und streichelte ihn mit langsamen, nahezu trägen Griffen zum Orgasmus. Es war, als würde er gedankenverloren nach einem Rubik-Würfel greifen und ihn von einer Hand in die andere gleiten lassen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Oder mit einem Bleistift spielen, während er dem Lehrer in der Schule zuhörte.
Andreas grinste. Der Vergleich mit dem Bleistift war unpassend. Er gehörte nicht zu den Männern, deren Geschlechtsteil man mit offenem Mund von allen Seiten bestaunen mochte, aber seine Ausstattung passte zu seiner Körpergröße und war damit von jeglichem Schreibwerkzeug weit entfernt.
Er liebte es, wenn Sascha sacht mit ihm spielte und ihm die Möglichkeit gab, sich in seiner Umarmung zurückzulehnen und ihn machen zu lassen.
Die letzten vier Monate hatten sich zu der besten Zeit seines Lebens gemausert.
Es war nicht leicht gewesen, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Besonders, dass Sascha es nicht mochte, wenn man sich vor ihm versteckte, war für Andreas schwierig. Er war es gewohnt, dass man ihn in Ruhe ließ, wenn er sich in sein Schneckenhaus zurückzog.
Bei Sascha lernte er, dass es manchmal einfacher war, gleich den Mund aufzumachen, statt sich drei Tage lang piesacken zu lassen.
Situationen, in denen Andreas selbst seinen Freund nicht sehen wollte, waren selten, aber sie existierten. Nach einem Streit mit seinem Vater zum Beispiel, wenn er sich klein und unzureichend fühlte, konnte er zu viel positiven Zuspruch nicht ertragen. Er wollte seine Schwäche nicht untermauert sehen, indem er in den Arm genommen und wie ein Kind getröstet wurde.
Mittlerweile hatten sie sich so weit aufeinander eingestellt, wie man es von Jungen in ihrem Alter erwarten durfte. Sie verbrachten viel Zeit miteinander, konnten
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