Leben im Käfig (German Edition)
Fußboden?“
„Klar“, lachte Andreas. Freude tobte durch seine Brust. „Ich bin wie Garfield. Ich lege mich immer in den Sonnenstrahl vor dem Fenster.“
„Garfield? Da musst du aber noch eine Menge Lasagne essen, wenn du ihm Konkurrenz machen willst.“ Wie bei jedem Besuch warf Sascha sich sofort aufs Bett und streckte alle viere von sich.
Andreas wurde rot. Teils, weil er sich fragte, was Sascha von seiner sportlichen Figur hielt und teils, weil der Anblick des Freundes auf seinem Bett immer wieder einen Tumult in seinem Inneren auslöste.
Um seine Verlegung zu überspielen, sprang er auf und schloss die Tür ab. Allmählich wurde das zum festen Ritual. Sascha sagte dazu nichts und fühlte sich offenbar auch nicht eingesperrt. Wobei der Gedanke, den Schlüssel zu verschlucken und ihn so über Nacht zum Bleiben zu zwingen, durchaus etwas für sich hatte.
„Okay, was machen wir?“, fragte Andreas gerade heraus.
„War da nicht etwas mit Prince of Persia ?“, erinnerte Sascha ihn. „Den habe ich auch noch nicht gesehen.“
„Klingt hervorragend.“
Schnell legte Andreas den Film ein und nahm nach kurzem Zögern den freien Platz auf dem Bett ein. Er ließ sich auf den Rücken fallen. Falls er sich wieder blamierte, konnte er sich immer noch auf den Bauch legen: „Gemma Arterton spielt da mit. Sie ist echt hübsch.“
„Ja, total“, nickte Sascha zustimmend. Das war das Letzte, was sie miteinander besprachen, bevor der Vorspann begann.
Dass Andreas sich weniger für die dunkelhaarige, wohlgeformte Gemma Arterton interessierte, als viel mehr für den nackten Oberkörper von Jake Gyllenhaal, musste er ja nicht verraten.
Kapitel 16
Das Bücherregal drückte in Andreas' Rücken und rieb bei jeder Bewegung über seine Wirbelkörper. Es war dunkel und er hatte Angst.
Nicht die Art von Angst, die von ihm Besitz ergriff, wenn er einen außerhäuslichen Termin wahrnehmen musste. Nicht die alles andere verzehrende Panik, die ihm die Kontrolle über seine Gliedmaßen nahm. Doch das hier war schlimm genug. Es kroch mit feuchten Fingern über seine Kopfhaut und ließ ihn schaudern.
Andreas fürchtete das Ende der Ferien. Es ging ihm weniger darum, dass er in ein paar Stunden in der Bibliothek zu erscheinen hatte.
Sorgen machte ihm, wie sich das neue Schuljahr auf seine Freundschaft zu Sascha auswirken würde. Die erste Freundschaft seit einem halben Leben und unter gewissen Gesichtspunkten auch die Einzige.
Die Angst vor dem Verlust dieses Kontakts hielt ihn wach; aufrecht neben dem Bett sitzend, zwischen Wand und Regal eingeklemmt.
Der Sommer neigte sich seinem Ende zu. Die letzten zehn Tage waren geschenkte Zeit gewesen. Andreas hatte sie sehr genossen.
Seitdem Sascha von seiner kurzzeitigen Krankheit genesen war, hatten sie fast jeden Tag miteinander zu tun gehabt. Oft von Angesicht zu Angesicht, manches Mal nur über die Internetleitung. Mehr und mehr hatte er sich daran gewöhnt, sich auf den nächsten Tag zu freuen. Manches Mal hatten sie bis spät am Abend so viel Spaß, dass ihn nachts eine Art Muskelkater um den Mund befiel.
Ein Normalsterblicher hätte sich eingesperrt im Halbdunkel des Hauses nicht wohlgefühlt, aber Andreas war selig wie selten zuvor.
Er hatte alles, was er brauchte. Er war nicht länger allein. Dass seine Eltern keine Fragen stellten, wer der fremde Besucher war, verstand er als Bonus. Er hatte Ivana nicht gebeten, für ihn zu lügen oder auch nur zu schweigen, und dachte auch gar nicht daran.
Nur manchmal fragte er sich, ob das Verhalten seiner Eltern auf Unsicherheit oder auf Desinteresse zurückzuführen war. Letzteres war wahrscheinlich, aber nichts, was er sich allzu oft ins Gedächtnis rufen wollte.
Es hatte ein paar Situationen gegeben, in denen Andreas sich beinahe verraten hätte. Momente, in denen er Sascha von der Seite anstarrte oder er sich verzweifelt danach sehnte, ihn zu berühren. Wenn sie nebeneinanderlagen, war der Drang groß, die Hand auszustrecken und vorsichtig die fremde Haut zu ertasten.
Warum waren sie keine Mädchen? Mädchen sah man in Hollywood-Streifen ständig mit ihrer besten Freundin kuscheln. Umarmungen schienen viel selbstverständlicher als bei ihnen.
Die einzige Gelegenheit, bei der er Sascha nahe gekommen war, war, als sie beide gleichzeitig nach einer abstürzenden Wasserflasche gegriffen hatten. Ihre Hände hatten sich notgedrungen kurz berührt.
Mehr Kontakt gab es nicht. Dabei hätte Andreas gerade an diesem
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