Leben Ist Jetzt
mache, wenn mir alles gelingt, wenn mich die
Menschen mögen, wenn ich Erfolg habe. Indem er diese Maßstäbe formuliert, wird er merken, dass er falschen Normen gefolgt ist. Er muss sich also erst von
seinen Maßstäben verabschieden. Unsere Maßstäbe führen aber zugleich zu unseren Bedürfnissen. Manche haben das Bedürfnis, dass alle sie lieben und dass
sie überall Erfolg haben. Wir sollen uns für unsere Bedürftigkeit nicht verurteilen. Aber indem wir sie uns eingestehen, werden unsere Bedürfnisse die
Macht über uns verlieren. Sie werden relativiert.
Dann können wir versuchen, unsere Bedürfnisse zu Ende zu denken. Wenn mir alles gelingt, wenn ich bei allen beliebt bin, werde ich
dann wirklichzufrieden sein? Letztlich münden unsere Bedürfnisse in die Sehnsucht nach Glück und Geborgenheit. Und diese Sehnsucht kann
kein Mensch erfüllen, sondern allein Gott. Wir sollen also unser Leben im Licht Gottes anschauen. Dann werden wir allmählich die richtigen Maßstäbe für
unser Leben finden. Uns wird klar, was uns eigentlich trägt und wohin unser Weg uns führen möchte. Unsere Unzufriedenheit bringt uns in Berührung mit
unserer Sehnsucht, die letztlich nur eine absolute Liebe zu erfüllen vermag. Diese Sehnsucht hält uns lebendig. Und sie verwandelt langsam die
Unzufriedenheit in Zufriedenheit. Wir fangen an, Gott für unser Leben zu danken. Und im Gespräch mit ihm werden wir fähig, Ja zu sagen zu uns und unserem
Leben und dankbar zu sein für das, was war und was ist. Und wir werden getrost in die Zukunft schauen.
Spuren, die bleiben
Menschen haben die Sehnsucht nach Dauer. Viele fragen sich in all der Flüchtigkeit, die wir um uns herum erleben: Was bleibt von mir
zurück, wenn ich einmal nicht mehr bin? Was kann ich meiner Nachwelt hinterlassen? Welche Spuren kann ich eingraben in die Welt?
Wir müssen nicht unbedingt ein großes Werk hinterlassen, ein Buch, das wir geschrieben haben, einen Verein, den wir gegründet haben
oder eine Stiftung, die wir ins Leben gerufen haben. Für viele Menschen sind solche Dinge durchaus etwas, das ihnen das Gefühl gibt, sie würden etwas
Gutes oder Wichtiges in dieser Welt zurücklassen. Aber nicht jeder hat das Geld, um eine Stiftung zu gründen. Nicht jeder kann ein Buch schreiben. Nicht
jeder kann mit seinen Erfolgen in der Zukunft noch glänzen. Doch wir leben jetzt. Wir strahlen jetzt etwas aus. Wir sprechen heute mit Menschen. Wir
schauen sie in diesem Moment freundlich oder unfreundlich an. Wir können darauf achten, dass wir so wie wir uns verhalten, mit unseren Worten, mit unserer
Stimme etwas Heilendes und Ermutigendes, etwas Fröhliches und Liebevolles in diese Welt ausstrahlen. Wenn wir einmal gestorben sind, werden sich andere
daran erinnern, wie wir sie angeschaut haben, wie wir auf ihre Not reagiert haben, welche Worte wir ihnen gesagt haben.Die Gedanken,
die wir gedacht haben, die Worte, die wir gesprochen haben, das, was wir getan haben, kann nicht rückgängig gemacht werden. Es wirkt weiter in der Welt,
zumindest in den Menschen, die wir gekannt haben. So kann jeder von uns jeden Tag eine Spur eingegraben, die auch anderen ein besseres Leben
ermöglicht.
Immer verlangt das Leben nach Entfaltung
Viele, die im Älterwerden nachdenken, über das, was sie getan, wofür sie ihre Kraft eingesetzt haben, fragen sich: Hat sich mein
Einsatz gelohnt? Was habe ich denn erreicht? Was ist aus meinen Träumen geworden? Diese Bilanzfragen haben durchaus ihren Sinn. Nachzudenken ist gut. Aber
es kommt darauf an, wie wir auf diese Fragen schauen und wie wir sie beantworten. Bei der Frage, ob sich mein Einsatz gelohnt hat, soll ich nicht so sehr
auf das Ergebnis schauen. Wenn ich mich für andere eingesetzt habe, dann liegt darin schon ein Wert. Es ist gar nicht so wichtig, was herausgekommen
ist. Wer sich als Lehrerin an der Schule für seine Schüler eingesetzt hat, sollte nicht fragen, was hängen geblieben ist. Wenn die Schüler gespürt haben,
dass der Lehrerin an ihrem Wohl liegt, hat sich der Einsatz auf jeden Fall gelohnt. Auch Eltern sollten sich die Frage nicht so stellen. Vielleicht haben
die Kinder sich anders entwickelt, als sich die Eltern das vorgestellt haben. Auch die Eltern sollten dann darauf vertrauen, dass der Same, den sie
ausgestreut haben, in den Kindern aufgeht. Ganz gleich, wie die Frucht aussehen wird.
Bei der Frage „Was habe ich erreicht?“ sollten wir auch nicht auf
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