Leben Ist Jetzt
steht, noch möglichst viel
in sie hineinpressen zu müssen. Es ist geschenkte Zeit, angenehme Zeit, Zeit der Gnade, wie der Apostel Paulus sie nennt.
Nicht stehen bleiben bei dem, was einmal war
Alte Menschen erzählen gerne von früher. Das kann für die nachfolgende Generation durchaus interessant sein. Es gibt alte Menschen,
denen man gerne zuhört, wenn sie von der Vergangenheit erzählen. Es gibt allerdings auch Menschen, bei denen man die Ohren auf Durchzug stellt, weil man
die alten Sachen schon so oft gehört hat. Es ist ein Unterschied, wie ich von der Vergangenheit erzähle, ob ich nur mich und meine Großtaten in den
Mittelpunkt stelle oder ob ich von Erfahrungen spreche, die ich mit Menschen gemacht habe, ob ich das, was ich erlebt habe, auch reflektiere und in seiner
Bedeutung für unser Leben heute zu verstehen suche.
Es ist wichtig, die Erfahrungen und Werte der Vergangenheit weiterzugeben. Davon profitieren auch andere. Aber man sollte, auch als
älterer Mensch, nicht bei dem, was einmal war, stehen bleiben. Auch als ältere Menschen sollten wir durchaus an unsere Zukunft denken. Wir wissen nicht,
wie viele Jahre Gott uns noch schenkt. Aber wir können dennoch unsere Zukunft planen, Reisen, einen Urlaub. Jeder sollte sich überlegen, wie er die
nächsten Jahre gerne leben möchte, was er noch anpacken und auch nach außen noch tun will. Aber bei allem, was er plant, sollte er sich den Vorbehalt
machen: „So Gott will.“Wir sollen unsere Zeit im Alter planen, als ob wir noch eine lange Zeit vor uns hätten. Aber wir sollen auch
damit rechnen, dass eine Krankheit oder der Tod uns einen Strich durch die Rechnung machen könnten.
Es hat in der Geschichte immer wieder alte Menschen gegeben, die als Propheten einen besonderen Blick für die Zukunft hatten. Auch in
der Bibel begegnen wir ihnen. Simeon und Hanna in der Kindheitsgeschichte nach Lukas etwa. Ihr Beispiel zeigt: Alte Menschen haben nicht nur die Aufgabe,
für ihre eigene Zukunft zu sorgen und sie zu planen. Sie haben oft auch eine besondere Verantwortung für die Zukunft der Menschheit. Simeon und Hanna, die
beiden alten Menschen, erkennen, wer dieses Kind Jesus ist und was es der Welt bringen wird. So haben alte Menschen oft einen besonderen Blick für das,
was für die Zukunft der Welt vonnöten ist und was ihr helfen könnte, damit sie in eine bessere Zukunft hineingeht. Dieses Gespür für die Zukunft der Welt
sollten die alten Menschen nicht für sich behalten. Sie sollen es auch nach außen kommunizieren, jeder auf seine Weise. Die Großmutter macht den Enkeln
einfach Mut für die Zukunft, ohne dass sie einen tiefen Blick in die Zukunft macht. Ein anderer, der Verantwortung in einer Firma hatte und die
Mechanismen des Wirtschaftens kennen gelernt hat, kann aus dem Abstand heraus gute Ratschläge geben,nicht nur für seine frühere Firma,
sondern überhaupt für eine Art des Wirtschaftens, die dieser Welt zum Segen gereichen wird. Oder ein alter Mensch hat ein Gespür für das, was die Welt
braucht. Seine Worte haben Gewicht. So trägt er auch im Alter noch Verantwortung für die Welt, weniger durch sein Handeln, als vielmehr durch die
Sichtweise, die er vermittelt.
Vielleicht aber auch gerade durch sein Handeln. Anthony de Mello erzählt eine schöne Geschichte dazu. Die Zeit des Monsunregens stand
bevor, und jemand sah, wie sein Nachbar, ein sehr alter Mann, in seinem Garten tiefe Löcher grub. „Was tut ihr da?“ fragte er. „Ich pflanze Mangobäume“,
war die Antwort. „Wollt ihr noch Früchte von diesen Bäumen essen?“ „Nein“, entgegnete der Alte, „so lange werde ich nicht mehr leben. Aber andere werden
da sein. Mir fiel neulich ein, dass ich mein Leben lang Mangos gegessen habe, die von anderen Leuten gepflanzt wurden. Auf diese Weise möchte ich ihnen
meine Dankbarkeit zeigen.“
Glück besteht darin, seiner selbst inne zu werden
Mit der eigenen Vergangenheit umzugehen kann auch schwierig und belastend sein. Neulich erzählte mir eine Frau von ihrer
Schwester. Sie will nichts mehr wissen von den ersten Jahren nach dem Krieg, in denen sie traumatische Erfahrungen machen musste. Man kann fragen: Ist das
nun Verdrängung oder ist es legitim, das Vergangene zu begraben? Und noch weiter gefasst: Wie gehe ich mit meiner Vergangenheit um, wenn mir vor allem die
Fehler und meine Versäumnisse einfallen? Hat es einen Sinn, mich ständig zu fragen, welche Chancen ich
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