Leben Ist Jetzt
Verantwortung bewusst, in dieser begrenzten Zeit so zu leben, dass die Menschen meine Liebe spüren, mit der ich mich an das Leben und an die
Menschen verschenke.
Zum Segen werden für andere – „das Zeitliche segnen“
Es gibt im Deutschen eine wirklich schöne Redewendung für Sterben: „Das Zeitliche segnen“. Wer im Alter ausgesöhnt mit sich selbst
lebt, der wird ein Segen für die, die noch länger als er in der Zeit leben. Wir sagen manchmal von einem alten Menschen, den wir besucht und mit dem wir
gesprochen haben: „Ich bin gesegnet von ihm fort gegangen. Das Gespräch ist mir zum Segen geworden.“ Wir können es oft nicht genau benennen, was da für
uns zum Segen wird. Aber bei manchen Gesprächen mit einem alten Menschen fühlen wir uns gesegnet. Das lateinische Wort für segnen „benedicere“ heißt
eigentlich: „gut reden, Gutes sagen zu einem anderen“. Wenn der alte Mensch mit mir gut spricht, wenn er mir gute Worte sagt, dann fühle ich mich
gesegnet. Wenn ein alter Mensch für einen anderen zum Segen werden will, sollte er auf seine Worte achten, ob es gute Worte sind, Worte, die ermutigen,
die aufbauen, die das Gute in seinem Gegenüber ansprechen.
Die zweite Bedeutung von Segen ist: gute Gabe Gottes, Fruchtbarkeit. Wenn wir sagen, dass etwas Segen bringt, meinen wir, dass etwas
Frucht bringt, aufblüht, dass von dem, was wir tun, Segen ausgeht auf die Menschen. Die Menschen fühlen sich beschenkt. Und Segen hat etwas mit Schutz zu
tun. Wergesegnet ist, fühlt sich von Gott behütet und beschützt. So sollen wir darauf achten, dass wir ein Geschenk sind für die
Menschen, dass von uns Segen ausgeht, etwas, das die Menschen befruchtet, das ihnen das Gefühl von Behütetsein vermittelt. Wir werden zum Segen für
andere, wenn von uns Frieden ausgeht, Hoffnung und Zuversicht. Frieden kann aber nur ausgehen, wenn wir mit uns selbst in Frieden kommen. Alles, was wir
für ein gelingendes Altwerden tun, wird letztlich für die anderen zum Segen. Denn die Menschen spüren dann in der Begegnung mit uns, dass es sich lohnt,
alt zu werden, dass das Alter eine eigene Qualität hat, die uns gut tut.
Die Wendung „Das Zeitliche segnen“ ist keine Beschönigung des Todes, sondern Ausdruck, wie das gelingende Sterben aussehen
könnte. Das Wort kommt vermutlich daher, dass der Sterbende seine Familie und die Freunde, die am Sterbebett waren, gesegnet hat. Er hat den Kindern
seinen Segen mitgegeben und jedem Umstehenden einen Segen zugesprochen. Wir können das Wort aber noch anders verstehen: Der Sterbende wird für uns zum
Segen, weil er uns seinen Geist zurücklässt. Die Art, wie er gelebt hat, die überlässt er uns. Jesus sagte zu seinen Jüngern kurz vor seinem Tod: „Es ist
gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden.
“ (Joh 16,7)Was Jesus von sich sagt, gilt letztlich auch für uns. Wenn wir sterben, senden wir den Geist, aus dem wir gelebt haben, zu
den Menschen, die noch in der Zeit sind. Es ist letztlich nicht allein unser Geist, sondern der Geist Gottes, aus dem wir zu leben suchten. Diesen Geist
Gottes, dem wir durch unser Leben eine ganz bestimmte Gestalt und einen besonderen Geschmack gegeben haben, geben wir an die Menschen weiter, die in der
Zeit leben. So segnen wir in unserem Sterben das Zeitliche, die Zeit und alle, die in der Zeit sind. In unserem Geist überlassen wir ihnen etwas, das die
Zeit übersteigt.
Zum Menschsein gehört, über den Tod hinauszudenken
Es gehört zum Menschen, dass er sich Gedanken über das macht, was ihn im und nach dem Tod erwartet. Er möchte wissen, wie er sich das
Leben nach dem Tod vorstellen kann. Die Bibel selbst spricht in vielen Bildern über das, was uns im Tod erwartet. Gott lädt uns zum Festmahl. Jesus hat
uns eine Wohnung bereitet, in der wir für immer daheim sind. Wir werden beim Herrn sein und unsere Sehnsucht nach der Liebe wird erfüllt werden. Natürlich
wissen wir, dass wir über das, was uns im Tod erwartet, nur in Bildern sprechen können. Die Wirklichkeit selber können wir uns nicht vorstellen. So sollen
wir uns auf der einen Seite hüten, alles genau auszumalen. Denn wir haben letztlich keine Vorstellungskraft für das, was im Tod kommt, wenn Zeit und Raum
aufgehoben sind. Aber auf der anderen Seite dürfen wir den Bildern trauen, die uns die Bibel und die
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