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Leben Ist Jetzt

Titel: Leben Ist Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün
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gut können, aber untereinander nicht miteinander reden und die Eltern
     vielleicht dazu missbrauchen, übereinander zu schimpfen. Wichtig ist, dass Eltern sich da raushalten und nicht Partei ergreifen. Sie können den Kindern
     einen Brief schreiben, dass sie sich vor ihrem Tod wünschen, dass sie sich versöhnen und friedlich miteinander umgehen. Aber mehr als eine Bitte können
     sie nicht äußern. Manchmal ist es so, dass das lange dauernde Sterben des Vaters oder der Mutter die Kinder wieder zusammenbringt. Eltern sollen daher die
     Hoffnung nie aufgeben. Vielleicht werden sie dann gerade in ihrem Sterben zum Segen für ihre Familie, weil die Kinder sich gemeinsam um ihr Sterbebett
     scharen. Und selbst wenn die Versöhnung nicht vor ihrem Tod geschieht, so kann vielleicht ihr Tod für ihre Familie zum Segen werden und Versöhnung
     ermöglichen.

    Ich habe Menschen getroffen, die bereit waren zu sterben und keine Angst davor hatten. Aber sie hatten Angst, ihren Partner allein
     zurückzulassen. Eine Frau, die Krebs hatte, hatte das Gefühl, ihr Mannwerde mit ihrem Tod nicht fertig. Sie hatte Angst, er könne sich
     das Leben nehmen, wenn er sich allein gelassen fühlte. Als Sterbende konnte sie nicht die Probleme ihres Mannes lösen. Sie konnte nur vertrauen, dass
     nicht nur sie die Stütze für ihren Mann ist, sondern dass er sich neu den Kindern zuwenden wird, dass er mit der eigenen Seele in Berührung kommen wird
     und dass er sich von Gott getragen fühlt. Die Angst um ihren Mann konnte sie nur in Liebe verwandeln, die sie ihm noch zeigen wollte, solange sie lebte,
     und in die Bitte, dass Gott für ihren Mann sorgen werde. Und sie versprach ihrem Mann, dass sie ihn vom Himmel aus begleiten werde. Wo immer er sei, da
     sei sie bei ihm, in seinem Herzen. Auf diese Weise werde er sich selbst neu erleben, werde er in seinem Herzen die Liebe spüren, die stärker ist als der
     Tod und die durch ihren Tod nicht zerstört würde, sondern nur verwandelt.

    Andere Sterbende machen sich Gedanken, wie das Leben ohne sie weitergehen wird. Wie werden sich die Kinder weiter entwickeln? Werden
     sie ihr Leben meistern? Wie wird der behinderte Sohn weiter leben, wenn ich als seine Stütze nicht mehr da bin? Wie wird die Firma von meinen Kindern
     weitergeführt? Werden sie es schaffen, die Firma durch schwierige Zeiten zu bringen? All diese Gedanken beschäftigen nicht nur die Sterbenden, sondern die
     alten Menschen überhaupt, die irgendwann mitihrem Ende rechnen. Diese Fragen und Zweifel können wir nicht beantworten. Wir können sie
     nur immer wieder Gott hinhalten und Gott bitten, dass er für die Kinder, für die Firma, für die Familie und für alle, die uns am Herzen liegen, sorgt.

    In meinem Sterben geht es darum, das Vertrauen ins Leben zu vertiefen. Ich vermag nur in Frieden zu sterben, wenn ich dem Leben
     vertraue, den Menschen vertraue und wenn ich Gott vertraue, dass er auch ohne mich alles gut weiter führt. Mein Sterben relativiert meine
     Verantwortung. Ich kann nicht mehr für alles sorgen. Meine Aufgabe ist es, zu vertrauen, dass die Menschen, die ich verlasse, in Gottes Hand sind und dass
     Gott ganz andere Wege finden wird als ich, um sie zu begleiten und ihr Leben zu segnen.
Und wenn am Ende die Zeit nicht vergehen will?
    Manch ein kranker alter Mensch hat mir gesagt. „Ich möchte sterben. Aber ich kann nicht. Ich bitte Gott, dass er mich bald holt. Denn
     das Leben macht mir keine Freude mehr. Darf ich so denken? Oder ist das Undankbarkeit Gott gegenüber? Wie gehe ich mit diesen Gedanken um? Soll ich sie
     unterdrücken oder darf ich sie zulassen?“

    Die Gedanken kommen, ob wir es wollen oder nicht. Wir dürfen diese Gedanken durchaus zulassen. Aber die Frage ist, wie wir darauf
     reagieren. Wir dürfen uns nicht in diese Gedanken hineinsteigern. Und vor allem dürfen diese Gedanken nicht zu einer Anklage werden. Manchmal jammern alte
     Menschen, dass das Leben nicht mehr lebenswert ist, dass sie am liebsten sterben möchten. Und mit diesem Jammern erzeugen sie in ihren Kindern und
     Freunden ein schlechtes Gewissen. Es ist wie eine Anklage: Ihr seid schuld, dass ich keine Freude mehr am Leben habe. So sollte man nicht mit dem Gedanken
     umgehen.

    Aber wer sich eingesteht, dass er bereit ist zum Sterben, dass er gerne gehen möchte und die, die ihm im Tod vorangegangen sind, gerne
     wiedersehen möchte, der darf das auch sagen. In diesen Worten klingtdann die Freiheit mit: Ich bin

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