Leben Ist Jetzt
geistliche Tradition anbieten. Es sind tröstliche
Bilder und Bilder, die unsere tiefste Sehnsucht nach Leben und Liebe stillen. Alles, wonach wir uns hier sehnen und was letztlich nie ganz erfüllt wird,
das wird im Himmel offenbar. Da werden wir für immer eins werden mit uns selbst, eins mit den Menschen, die wir geliebt haben, und eins mit Gott. Die
Liebe wird stärker sein als der Tod. Das ist die Botschaft Jesu von der Auferstehung, die uns im Tod erwartet.Wir werden in die Liebe
Gottes hineinsterben. Wenn wir uns dieser Liebe ergeben, sind wir im Himmel. Nur wenn wir uns dieser Liebe gegenüber verschließen würden, wären wir
ausgeschlossen. Nicht Gott schließt uns aus, wir würden uns selbst ausschließen. Aber wir dürfen hoffen, dass wir uns angesichts der unbegreiflichen und
unendlichen Liebe Gottes dieser Liebe öffnen und uns in sie hineinfallen lassen.
Der Gedanke an den Tod und an das, was uns darin erwartet, soll natürlich keine Flucht sein vor der Herausforderung, die uns hier das
Leben stellt. Früher hat man den Christen vorgeworfen, sie würden sich mit dem Jenseits vertrösten, wenn das Leben hier nicht lebenswert genug ist. Das
geschieht sicher manchmal. Auf der anderen Seite gehört es zum menschlichen Geist, über das Vorfindbare hinauszudenken und auszugreifen nach dem, was
unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Der Geist des Menschen kennt die Grenze des Todes nicht. Daher darf er diese Grenze auch überschreiten. C. G. Jung
meint, die Weisheit der Seele weiß um ein Leben nach dem Tod. Und sie hat auch gewisse Ahnungen von dem, was uns erwartet. So dürfen wir durchaus der
Weisheit unserer Seele trauen. Unsere Seele weiß, dass es uns gut tut, wenn wir uns auch vorstellen, was uns im Tod erwartet.
Jörg Zink hat in den letzten Jahren viel über den Tod und das, was ihn erwartet, nachgedacht. Er erinnert sich, dass
er als junger Soldat viele seiner Kameraden sterben sah. Jetzt sieht er den Tod als Freund: „Was mich selbst betrifft, so habe ich in meinen jungen Jahren
mehr mit dem Tod zu tun gehabt, als für einen Zwanzigjährigen gut ist. Inzwischen ist er mir fast zu einem vertrauten Freund geworden. Niemals war er für
mich das große Aus, der letzte Punkt, nie habe ich ihn anders gesehen als so, dass er der ist, der mir den Schritt in die andere, die größere Wirklichkeit
eröffnet. Er hatte für mich immer etwas an sich von einem Aufbruch, besser, von der Ausfahrt eines Schiffes hinaus auf das Meer an ein anderes Ufer. Ich
stand dabei wie auf einer Landungsbrücke, den Abschied übend, und sah: Sturm kommt auf. Aber wir fahren! Wir fahren in ein Land jenseits aller Ferne oder
Nähe. Ein neues, unbetretenes. Warum soll mich das schrecken, wenn ich doch weiß, wer mich dort empfängt?“
Ungelebtes in Leben verwandeln – Versöhnung ermöglichen
Der Gedanke an den Tod konfrontiert uns mit der eigenen Wahrheit, mit all dem in mir, was unversöhnt ist. Und der Gedanke an den Tod
macht mir Angst, wenn ich das Gefühl habe, ich habe ja noch gar nicht gelebt. Aber gerade dann ist der Gedanke an den Tod die Einladung, jetzt bewusst zu
leben. Es ist nie zu spät, mit dem Leben anzufangen. Ich muss nicht alles Mögliche nachholen. Nachholen kann ich das ungelebte Leben nicht. Aber wenn ich
jetzt wirklich lebe, dann löst sich das Ungelebte auf. Es wird in Leben verwandelt. Und es ist nie zu spät, sich auszusöhnen mit der eigenen
Lebensgeschichte. Schwieriger ist es, sich mit den Menschen auszusöhnen, die sich mir gegenüber verschließen. Wir können nur mit uns selbst versöhnt und
bereit sein, uns mit den Menschen zu versöhnen. Wenn unsere Verwandten die Versöhnung verweigern, sind wir machtlos. Aber trotzdem kann ich in meinem
Herzen versöhnt sein. Ich kann versuchen, einen Brief zu schreiben und die Versöhnung anzubieten. Dabei wäre wichtig, alle Vorwürfe zu vermeiden. Das Alte
muss nicht aufgearbeitet werden. Denn viele haben Angst, genauer hinzuschauen, was zum Streit geführt hat. Sie wollen sich rechtfertigen und die Schuld
dem anderen zuschieben. Solange diese Mechanismen in uns herrschen, ist keine Versöhnung möglich. Ich kanneinfach schreiben, dass ich
angesichts meines Alters und meines irgendwann nahenden Todes Frieden möchte und in Frieden mit allen sterben möchte. Das ist ein Angebot. Ob die
Verwandten es annehmen oder nicht, ist ihre Sache.
Wieder etwas anderes ist, wenn Kinder zwar mit den Eltern
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