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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Mass
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Museum für Naturgeschichte anhält und den Wagen geschickt in eine Parklücke manövriert. »Alle aussteigen«, sagt er über die Schulter.
    »Aber sollen wir das Fernrohr denn nicht zurückgeben an …« Ich schaue auf den Umschlag in meinem Schoß. Wir sind noch nicht mal dazu gekommen, ihn zu öffnen. »… an Amos Grady? Den Jungen aus Kentucky?«
    James nickt. »Inzwischen ist er Dr. Amos Grady, ein bedeutender Astronom. Sie werden ihm das Fernrohr in sein Büro im Museum bringen.«
    »Hey, ich erinnere mich an dieses Museum«, sagt Lizzy und schielt zu dem langen Banner hoch, das vom Dach des Gebäudes herabhängt. »In der sechsten Klasse waren wir hier und haben die Vorführung im Planetarium angeschaut. Ich bin eingeschlafen, und du hast mich so fest gekniffen, dass ich nachher einen blauen Flecken hatte! Weißt du noch, Jeremy?«
    Blitzartig fällt mir alles wieder ein. »Du hast geschnarcht! Ich kapiere immer noch nicht, wie irgendwer einschlafen kann, während er die Geburt eines Sterns in einer fernen Galaxie beobachtet!«
    »Wie kann irgendwer dabei nicht einschlafen?«, kontert sie.
»Und jetzt hab ich keine Lust mehr, das Museum bloß von hier draußen anzugucken!«
    Bevor ich etwas sage, das ich nachher womöglich bedaure, nehme ich das Fernrohr, das wir in Luftpolsterfolie eingeschlagen haben, und steige aus dem Wagen. James wirft acht Fünfundzwanzig-Cent-Stücke in die Parkuhr. Lizzy steigt ebenfalls aus und gähnt demonstrativ.
    »Sie ist hoffnungslos«, beschwere ich mich bei James, während wir die Stufen zum Vordereingang hinaufsteigen.
    James schüttelt den Kopf. »Stellen Sie sich vor, wie langweilig das Leben wäre, wenn sich alle für dasselbe interessieren würden. Was würde passieren, wenn alle Koch sein wollten? Es gäbe eine Menge Leute, die Essen zubereiten, aber keinen, der die Nahrungsmittel anbauen, sie an den Markt liefern und in die Regale einsortieren würde. Habe ich recht?«
    »Trotzdem«, knurre ich. »Es war ein neuer Stern.«
    Das Museum ist voll mit Eltern, die Kinder hinter sich herziehen oder sie rennend einzuholen versuchen. Ein Junge hockt im Schneidersitz auf dem Boden und verkündet heulend, dass er sich nicht vom Fleck rührt, wenn er die Dinosaurier nicht noch mal sehen kann. James geht zum Schalter des Wachdienstes, wir bleiben zurück und schauen uns um.
    Die Mutter zerrt das schreiende Dinosaurier-Kind an uns vorbei. Während ich das schwere Fernrohr auf beiden Armen balanciere, sage ich zu Lizzy: »Siehst du? Dieses Kind zeigt wahre Begeisterung.«
    Sie hält sich die Ohren zu. »Wenn ich seine Mutter wäre, würde ich ihn hierlassen.«
    »Mütter lassen ihre Kinder nicht irgendwo allein, bloß weil sie weinen.«

    »Ach, wirklich?«, sagt sie und schaut mich dabei nicht an. »Warum lassen sie sie denn dann allein?«
    Ich hätte das aus meilenweiter Entfernung kommen sehen müssen. Ich denke selten an Lizzys Mutter und Lizzy erwähnt sie fast nie. Ich fühle mich wie ein Trottel.
    »Entschuldigung«, murmle ich und strecke meinen Fuß aus, um ihr damit auf die Spitze ihres Sneakers zu tippen.
    »Mach dir keine Gedanken deswegen«, murmelt sie zurück.
    James kommt zu uns marschiert. »Ich habe über das Haustelefon mit Dr. Grady gesprochen. Er erwartet uns im Astrophysiklabor eine Etage tiefer. Folgen Sie mir.« James zieht einen Plan in seiner Hand zurate und steuert quer durch das Hauptgeschoss auf einen Torbogen zu, über dem ROSE CENTER geschrieben steht.
    Mein Herz macht einen Satz, und ich falle fast über meine eigenen Füße vor lauter Eile, ihm hinterherzulaufen. Wir gehen in ein echtes wissenschaftliches Labor! Im größten Museum der Welt!
    »Immer mit der Ruhe, du Wissenschaftsfreak«, sagt Lizzy, die von hinten aufschließt. Sie nimmt mir das Fernrohr aus den Armen. »Du bist so leichtsinnig, dass du das Ding hier fast hättest fallen lassen!«
    Ich weiß nicht, was mich mehr ärgert, dass sie mich einen Wissenschaftsfreak nennt oder leichtsinnig. »Alle großen Wissenschaftler waren Freaks«, teile ich ihr mit. »Wenn Albert Einstein Fußball gespielt hätte, glaubst du vielleicht, ihm wäre die Relativitätstheorie eingefallen?«
    »Muss ich wissen, was das ist?«
    »Ich kann es dir jetzt nicht erklären«, erwidere ich. »Aber es ist etwas enorm Wichtiges.«

    Wir gehen unter dem Torbogen hindurch in einen großen, offenen Raum mit einem hohen, geschwungenen Treppenaufgang voller Schaubilder und Grafiken zum Universum. Decke und Wände des

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