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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Mass
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Raums bestehen vollständig aus Glas. Er sieht völlig anders aus als das übrige Museum.
    »He, hast du den Umschlag für diesen Mann?«, fragt Lizzy, während wir James in den Raum folgen.
    Ich taste die Taschen meiner Shorts ab, bis ich ihn gefunden habe. »Ich glaube es ja nicht, dass wir fast vergessen hätten, ihn zu lesen.« Ich schlitze den oberen Rand auf, wobei ich mich um ein Haar am Papier schneide, und falte rasch das eingelegte Blatt auseinander. Die Einzelheiten lese ich laut vor, achte dabei aber darauf, dass ich beim Lesen niemanden anremple.
    Oswalds Pfandleihhaus
    Datum: 3. April 1944
    Name: Amos Grady
    Alter: 15
    Wohnsitz: Brooklyn
    Leihobjekt: Fernrohr
     
     
    Persönliche Angaben des Verkäufers: Dieses Fernrohr hat meinem Großvater gehört. Seine liebste Beschäftigung auf der Welt war es, hindurchzuschauen. Er hat es mir in seinem Testament vererbt. Ich brauche das Geld für meine Leichtathletikausrüstung. Die Stollenschuhe sind furchtbar teuer und meine Eltern können sie nicht bezahlen. Ich muss als Läufer antreten, damit ich nächstes Jahr
das Stipendium für das Massachusetts Institute of Technology bekomme. Mein Großvater würde mich verstehen. Ich weiß es. Ich bin mir so gut wie sicher.
    Das Foto zeigt einen Jungen mit dichten Locken, der das Fernrohr mit beiden Händen festhält. Ich sehe ein bisschen genauer hin. Ich glaube, er hat Tränen in den Augen.
    Unter dem Foto steht:
    Preis: $ 45.00 (fünfundvierzig Dollar)
    Unterzeichnet: Oswald Oswald, Inhaber
    Ich falte den Brief wieder zusammen und stecke ihn in den Umschlag. Lizzy soll nicht sehen, dass Amos als Junge geweint hat.
    »Wie ist sein Bild?«, fragt Lizzy. »Sieht er gut aus?«
    Ich bleibe abrupt stehen. James hat den Schauraum schon zur Hälfte durchquert, aber ich vermute, dass er nicht sehr weit ohne uns gehen wird. »Wie kommst du denn auf so eine Frage?«
    Lizzy zuckt die Achseln. »Läufer sehen normalerweise gut aus. Bei Leichtathletik und Baseball findest du die hübschesten Jungs. Bei Football und Hockey weniger. Jeder weiß das.«
    »Vergiss nicht«, teile ich ihr mit, »dass dieser spezielle Leichtathlet jetzt über siebzig sein dürfte.«
    Lizzy schnaubt. »Ich hab ja nicht gesagt, dass ich mit ihm ausgehen will.« Als Nächstes sagt sie: »Beweg dich nicht und schau nach unten.«
    Ich erstarre auf der Stelle und schaue nur langsam nach unten,
da ich nicht sicher bin, womit ich zu rechnen habe. Zunächst sehe ich lediglich ein paar Zahlen, die mir rot entgegenleuchten: 8,16 kg. Wie sich herausstellt, stehe ich auf einer Waage, die direkt in den Boden eingebaut ist. Aha! Man kann also Waagen in den Boden einbauen. Habe ich’s doch gewusst!
    »Wow«, sagt Lizzy. »Ich wusste, dass du dünn bist, aber dass du so dünn bist, hätte ich nicht gedacht!« Ich blicke mich suchend nach einer Erläuterung zu der Waage um, aber ich finde keine.
    Ein Mann mit wildem weißem Haarschopf, weißem Laborkittel und einer großen, runden Brille kommt auf uns zu. Er hinkt ein bisschen. Er erinnert mich an ein Poster von Albert Einstein, das mein früherer Physiklehrer an die Wand gehängt hatte. Zu meiner Überraschung ist James bei ihm.
    Der alte Herr deutet nach unten auf die Waage und sagt: »Das wäre dein Gewicht, wenn du auf dem Mond stündest. Geringere Schwerkraft.«
    Ich reiße die Augen auf. »Cool!«
    »Lass mich mal probieren«, sagt Lizzy, drückt mir das Fernrohr in die Hände und tritt selbst auf die Waage. »Sieben Komma sieben Kilo!«, verkündet sie.
    »Wenn du auf der Sonne stündest«, sagt der alte Herr, »würdest du mehr als eine Tonne wiegen.«
    »Wow«, sagt Lizzy und nickt bekräftigend. »Dann würde sich keiner mit mir anlegen!«
    James räuspert sich. »Das ist Dr. Grady«, erklärt er. »Dr. Grady, das sind Jeremy Fink und Lizzy Muldoun. Der gute Doktor konnte es offenbar nicht erwarten, bis wir in seinem Labor ankommen.«

    Dr. Grady lächelt verlegen. »Sie müssen mir meine Ungeduld verzeihen. Wir Naturwissenschaftler sind ein neugieriges Volk. Ein Mann erhält einen rätselhaften Anruf, demzufolge zwei junge Leute etwas haben, das ihm gehört, tja, und da kann er nicht einfach in seinem Büro sitzen bleiben und warten.«
    »Sie beide kennen den Ablauf«, sagt James zu Lizzy und mir. »Ich werde in der Dinosaurierausstellung warten. Kommen Sie zu mir, wenn Sie fertig sind.«
    »Bis dann, James«, antwortet Lizzy. Ich sage nichts. Ich bin zu sehr damit beschäftigt, Dr. Grady in seinem weißen

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