Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst
Mann wie du so etwas ausprobieren?«
Meine Kehle schnürt sich zu. Glücklicherweise versucht Lizzy nicht, an meiner Stelle zu antworten.
»Wartet doch hier, ihr zwei«, sagt Dr. Grady freundlich. »Ich bringe das da schnell in mein Büro und dann führe ich euch herum. Wir können noch ein bisschen plaudern.«
Ich nicke stumm und Lizzy und ich setzen uns auf die Bank. Ich starre zu der riesigen Metallkugel hoch, die von der Decke herunterhängt und mit der Aufschrift DIE SONNE versehen ist. Eine winzige Kugel hängt daneben. DIE ERDE. Wie ist es möglich, dass ich sie vorher nicht gesehen habe? Ein Riss in einer Kette und wir würden erschlagen. Die Tafel, die daneben platziert ist, trägt den Text: MEHR ALS EINE MILLION ERDKUGELN WÜRDEN IN DIE SONNE PASSEN.
Ich fühle mich winzig klein.
Kapitel 14: Das Leben, das Universum und alles
»Geht’s dir gut?«, fragt Lizzy. »Du siehst ein bisschen durcheinander aus. Ich meine, noch mehr als sonst. Ich hoffe, du hattest nichts dagegen, dass ich mich wegen der Zeitmaschine erkundigt habe. Hast du dieses ganze Kauderwelsch verstanden?«
Ich reiße mich von den Modellen von Sonne und Erde los und hole tief Luft. »Sinngemäß hat er mir erklärt, dass ich, selbst wenn ich eine Möglichkeit fände, in der Zeit zurückzureisen, um meinen Vater zu retten, ihn nicht wirklich retten könnte. Ich könnte ihn nicht mit zurücknehmen. Und wenn ich nie mehr zurückkehren könnte, würde ich meine Mom ohne meinen Vater und ohne mich allein lassen.«
»Aber hör mal, dann gäbe es doch zwei Jeremy Finks in der Vergangenheit. Das wäre gar nicht so schlecht, oder?«
Ich schüttle den Kopf. »Einer von meiner Sorte ist reichlich.«
»Aber vielleicht könnte der andere Jeremy Fink deine Mathehausaufgaben machen, während du – der echte Jeremy – mit mir zusammen wärst. Zwei Jeremys, das würde heißen, es gäbe einen Menschen mehr auf der Welt, der es mit mir aushält.«
»Also, erstens mal«, erwidere ich, »mag ich Mathe. Aber danke für den Versuch, mich aufzumuntern. Und ich bin nicht der einzige Mensch, der dich mag. Da ist noch dein Vater, zum Beispiel.«
»Der muss , ich bin seine Tochter.«
»Na schön, Samantha scheint dich auch zu mögen.«
Lizzy zuckt die Achseln. »Ich hab gehört, wie sie zu Rick sagte, sie fände mich ›amüsant‹.«
»Na, das klingt doch gar nicht so übel.«
Lizzy verzieht das Gesicht. » Hunde sind amüsant.«
Ich ziehe die Schultern hoch. »Nicht alle.«
Lizzy grinst. In diesem Moment taucht Dr. Grady wieder auf. Er hat seinen weißen Laborkittel abgelegt, sieht aber immer noch aus wie Einstein. »Auf«, sagt Lizzy und zieht mich hoch. »Lass uns rausfinden, wie wir in diesen – wie hat er es genannt? – Seitenarm am Rande der Milchstraße geraten sind.«
»Ich habe mir deine Frage noch mal durch den Kopf gehen lassen, junger Mann«, sagt Dr. Grady und fasst mich an der Schulter. »Es gibt in der Tat eine Möglichkeit, wann immer man will, in die Vergangenheit zu blicken. Ich fürchte, es ist nicht ganz das, wonach du suchst, aber es taugt als Ausgangspunkt so gut wie jeder andere, um von dort aus der Antwort auf deine erste Frage nachzuspüren: wie wir hierhergekommen sind. Und vielleicht lässt sich damit sogar die Frage nach dem Warum beantworten. Folgt mir, und vergesst nicht, dies ist lediglich eine wissenschaftliche Erklärung auf der Basis dessen, was wir mit unserer gegenwärtigen technischen Ausrüstung erkennen und messen können.«
Er führt uns zur höchsten Stelle des Treppenaufgangs. Die meisten Leute gehen in die entgegengesetzte Richtung, deshalb
müssen wir uns durchkämpfen. »Ihr habt schon einmal von Lichtjahren gehört, nehme ich an?«, fragt er. Ich nicke. Lizzy nickt auch, aber ich vermute, sie würde zu allem nicken, wenn ihr dadurch irgendwelche Erläuterungen erspart blieben. Offenbar hat sie auch Dr. Grady nicht überzeugt, denn er erklärt: »Wenn ein Objekt – ein Stern zum Beispiel, wie unsere Sonne einer ist – achthundert Lichtjahre von der Erde entfernt ist, dann braucht Licht, das von diesem Objekt ausgeht, achthundert Jahre, bis es unsere Augen erreicht. In dem Moment also, in dem ihr dieses Objekt betrachtet, seht ihr es, wie es sich vor achthundert Jahren dargestellt hat, nicht, wie es heute aussieht. Möglicherweise existiert es schon gar nicht mehr.
Jedes Mal wenn ihr zu den Sternen hinaufschaut«, fährt Dr. Grady fort, »schaut ihr in die Vergangenheit.«
Er deutet auf eine Karte
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