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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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trockenem Wermut ablöschen. Salzen, eine winzige Prise Vegeta dazu, einen halben Chili, durchrühren, Deckel drauf, Herdplatte auf niedrige Stufe stellen. Warten, bis die Zucchini weich gedünstet sind. Ich schenke mir ein Glas Weinviertler Riesling ein. Die Rieslinge aus der Wachau sind kräftiger, mineralischer, extraktreicher. Und trotzdem mag ich die paar guten Rieslinge, die es jedes Jahr im Weinviertel gibt, lieber. Weil mich mit dieser Gegend mehr verbindet? Vielleicht. Aber wohl auch weil man das schätzt, was man kennt. Weil man gerne darauf stolz ist. Vertrautheit. Nähe. Darum geht es in so vielerlei Hinsicht. Vertrauen kann enttäuscht werden. Mira, jetzt denkst du nicht mehr über Rebsorten nach. Ein Guru ist ein Mensch, der anderen den Weg zu sich selbst zeigen soll. Was, wenn einer, zu dem man so viel Zutrauen hat, in Wirklichkeit ganz andere Interessen verfolgt? Was passiert, wenn sich ein Ent-Täuschter an Weis rächen will? Ich schüttle den Kopf. Weis scheint es ziemlich gut zu gehen.
    Gismo maunzt und drückt ihren dicken Kopf an meine Wade. Sie hat mich in der Küche rumoren gehört, und Fressen ist noch schöner, als vor dem Fernseher zu schlafen. Wir sollten uns auf die einfachen Freuden des Lebens konzentrieren. Ich lächle. Meine Katze als Guru. Ich hole ein paar schwarze Oliven aus dem Kühlschrank und mache meinen Guru glücklich.
    Die Zucchini sind weich, ich püriere das Gemüse, schmecke es ab. Eigentlich wollte ich den halben Chili vorher herausnehmen, ich hab darauf vergessen. Jetzt ist die Zucchini-Ingwer-Creme ziemlich scharf. Was sagt es aus, dass ich in letzter Zeit viel häufiger als früher scharf esse? Muss alles etwas bedeuten? Nein, muss es nicht. Ich lasse die Creme auf ganz kleiner Flamme ziehen, lege das Seezungenfilet einfach darüber, Deckel drauf und höchstens fünf Minuten warten. Dann ist der Fisch warm, aber noch zart und glasig.
    Ich halte mich einfach an den Teil der Botschaft von Zerwolf, der mich angeht: Man lebt.

[ 10. ]
    Wollte sich Dasch mit Weis treffen oder war es umgekehrt? Heute ist Redaktionsschluss. Meine Story sollte bis zum frühen Nachmittag fertig sein und bis morgen am späten Nachmittag halten. Ich werde das Treffen der beiden in meine Reportage einbauen, es gehört zum Besten, was ich habe. Und keiner von beiden scheint mir besonders schützenswert. Wäre schön, wenn ich an die Freundin von Dasch, diese Natascha, herankäme. Sonst kann ich wohl nur von einem Gerücht schreiben. Und was, wenn es falsch ist? Dasch hat mit Sicherheit gute Anwälte. Ich habe in der Früh mit Oskar telefoniert, von seinem Kollegen Klein habe ich ihm nichts erzählt. Das geht nicht übers Telefon. Ich habe mich entschlossen, vorerst nichts über ihn zu schreiben. Er könnte seine Zulassung verlieren. Und das alles wegen eines dummen Fotos? Nein, weil er Emma Mandelbauer zu einer Falschaussage angestiftet hat. Und in Kauf genommen hat, dass das „Blatt“ Munition bekommt, um gegen Zerwolf zu hetzen. Und Weis mit seiner perversen Fotosammlung soll straffrei ausgehen? Ist so etwas strafbar? Wenn Klein gegen ihn aussagt, dann schon. Nötigung, Erpressung, Anstiftung zur Falschaussage. Ich brauche mehr Beweise. Kann gut sein, dass Weis nicht zum ersten Mal eines seiner Fotos verwendet hat, um seine Interessen durchzusetzen. Ich hoffe, Carmen findet mehr heraus. Oskars Tochter.
    Ich hetze in die Redaktion. Eigentlich habe ich geglaubt, wenn ich zu Fuß gehe, werde ich nie wieder zu spät kommen. Aber es hat sich nichts geändert. Ich bin häufig äußerst knapp dran. Auf meinem Schreibtisch liegt der Aufmacher des „Blatt“. Sie haben ihn seit der gestrigen Abendausgabe geändert. Da hatte er noch mit einem dubiosen Finanzmanager aus bester Familie zu tun, der sich auf eine Steuerinsel abgesetzt hat. Jetzt steht da so groß, dass selbst hochgradig Sehbehinderte es lesen können: „Philosoph gesteht via Internet!“ Und darunter: „Terrorpaten Zerwolf sind Menschenleben egal!“ Ich werfe meinen Computer an, warte nervös, bis er hochgefahren ist. Internet. Zerwolfs Homepage. Ich hätte länger aufbleiben sollen. Und statt zu kochen, hätte ich weiter recherchieren sollen. Seezunge auf Zucchini-Ingwer-Creme. Als ob es nicht Wichtigeres gäbe.
    Aber auf seiner Homepage steht noch immer der Satz, der mich gestern Abend verstört hat:
    „Man lebt. Man hat gelebt. Man ist tot.“
    Ich durchforste die Subpages, seine Homepage ist nicht umfangreich. Nichts Neues, nichts,

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