Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi
gerichtliches Nachspiel gefasst machen solle.
„Natascha“, habe ich dann gesagt. „Vielleicht will er doch mit mir reden. Über Natascha.“
Die Sekretärin hat einfach aufgelegt.
Die Fotoredaktion hat versucht, das beste Foto von den beiden im Weingarten druckreif zu machen. Es bleibt eine äußerst verschwommene Angelegenheit. Weis kann man dank der Glatze ganz gut erkennen. Aber Dasch könnte irgendjemand sein. Es könnte sich sogar um einen eigenartig verformten Weinstock handeln. Sie wollen versuchen, Daschs Konturen noch etwas besser herauszuarbeiten.
Ich freue mich, zwischen den großen Blättern meines Grünpflanzendschungels Drochs Gesicht hervorkommen zu sehen. Bei ihm bin ich mir jedenfalls sicher. Er hat mich nicht verraten. Und würde ich ihm etwas von meinen angeblichen Terrorkontakten erzählen, er würde bloß spotten und meinen, so etwas hätte er bei mir und Vesna schon immer vermutet. Was sagt er da? Ich habe nicht aufgepasst.
„Sei vorsichtig.“
Warum soll ich schon wieder vorsichtig sein?
„Du darfst ihn nicht in Schwierigkeiten bringen. Der arme Junge hat sich … wie sagt man da jetzt … ein wenig in dich verknallt.“ Droch lächelt mit schiefem Mund. „Kann man ja auch verstehen, in gewisser Weise. Aber du solltest nicht seine Karriere aufs Spiel setzen.“
„Wer? Was?“ Ich kann ihm im Moment nicht folgen.
„Tu nicht so. Verhofen. Du bringst ihn in ernsthafte Schwierigkeiten. Bei der Sondereinheit … “
„Das tue ich nicht …“
Droch schüttelt den Kopf. „Woher hast du wohl die Information mit der recycelten Handtasche?“
„Kann es sein, dass du mit Zuckerbrot doch hin und wieder über aktuelle Fälle redest?“, will ich wissen.
„Nur wenn wir uns Sorgen machen.“
„Es weiß keiner, von wem ich die Information habe. Bei der Spurensicherung gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die …“
„… die du alle nicht oder nicht gut kennst. Der, den du gut kennst, ist Verhofen.“
„So gut kenne ich ihn auch wieder nicht“, murmle ich.
Droch tätschelt mir den Arm. „Das will ich hoffen. Das wäre noch eine Verwicklung mehr, die wir gar nicht brauchen könnten.“ Und damit rollt er wieder davon. Er hat ja recht. Aber was soll ich jetzt tun? Dasch hat sich trotz des Lockwortes „Natascha“ nicht gemeldet. Was mich allerdings auf die Idee bringt, dass es ja auch etwas gibt, mit dem ich Weis unter Druck setzen könnte. Bei ihm brauche ich da wirklich gar kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich rufe noch einmal auf seiner Mobilnummer an und sage: „Dr. Klein glaubt nicht mehr, dass Emma Mandelbauer überfallen worden ist. Ich weiß, warum. Rufen Sie mich an. Bitte.“
Zwei Stunden noch bis zur absoluten Deadline. Wenn ich bis dahin keine Reaktionen habe, kann ich die Story vergessen. An sich kein großes Problem. Aber mich vom Chronikchef unterkriegen zu lassen … Oder war doch nicht er es, der den Artikel vorab an Dasch geschickt hat? Wer sonst sollte es gewesen sein?
Ich telefoniere mit Oskar und lüge, dass alles in bester Ordnung sei. Warum sollte ich ihn beunruhigen? Wahrscheinlich muss er einen Tag länger in Frankfurt bleiben. Auch das noch. Ich will ihn da bei mir haben.
„Weis“, sagt die Stimme im Telefon. Sieh an, hat es doch funktioniert? „Was meinen Sie mit Dr. Klein und dieser Frau Mandelbauer? Haben Sie sich verwählt?“
„Habe ich nicht. Ich dachte bloß, das würde Sie interessieren. Ich schreibe in unserer neuen Ausgabe übrigens über ein interessantes Treffen zwischen Ihnen und Herrn Dasch in einem Weingarten. Sie haben einander beschuldigt, Franziska Dasch ermordet zu haben.“
„Dann müssen Sie etwas an den Ohren haben“, antwortet Weis ganz unsanft.
„Aber mein Aufnahmegerät, das ist in Ordnung“, säusle ich. „Warum haben Sie sich mit Dasch getroffen?“
„Das ist nicht von mir ausgegangen. Wenn er etwas mit dem Tod seiner armen Frau zu tun hat, dann wird das die Polizei klären. Hoffe ich.“
„Sie glauben also, dass Franziska Dasch tot ist. Interessant.“
„Legen Sie mir nichts in den Mund. Und damit das klar ist: Das war auch kein Streit. Dasch wollte lediglich wissen, ob seine Frau mir gegenüber irgendwelche Andeutungen gemacht hat.“
„Und: Hat sie?“
„Hat sie nicht. Das habe ich dem Gatten meiner sehr geschätzten Jüngerin auch gesagt.“
„In ziemlicher Lautstärke“, ergänze ich.
„Nicht zu viel Fantasie, Frau Redakteurin“, sagt der Guru. „Das könnte Ihnen schaden.“ Damit
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