Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
es Wert, dass sie dafür ihr Leben aufgab. Warum hatte sie das nur zugelassen?
Sie hatte alles verloren, was ihr wichtig war. Ihr Job und die Freundschaft zu Robert. Bei dem Gedanken an Robert fing sie an zu weinen. Er war ein so guter Mensch. Was hatte sie ihm damit nur angetan?
Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie es war Till zu lieben. Dafür wusste sie, wie schön es in Roberts Nähe war und wie geborgen sie sich bei ihm gefühlt hatte. Sofort hatte sie sein Gesicht vor Augen, wie er sie anlachte und sie damit selbst zum lachen brachte. Sie überlegte, wie Till aussah und hatte es vergessen. Er war gut aussehend gewesen und groß. Aber wie war sein Gesicht beschaffen? Wie war das noch mit seinen Augen?
In diese hatte sie sich als erstes verliebt, daran erinnerte sie sich, aber sie wusste die Farbe nicht mehr. Sie stand nackt vor ihrem Badezimmerspiegel, schaute hinein und versuchte sich daran zu erinnern. Dabei sah sie sich zwar an, aber nicht sich selbst. Gerade als sie dachte, es sei zwecklos, die Erinnerung sei verblasst, sah sie sich im Spiegelbild und erschrak.
Da stand ein Skelett vor ihr. In den letzten Monaten hatte sie sich nicht mehr angesehen. Sie hatte jegliches Körpergefühl verloren. Ihre Haare hingen trostlos an ihr herunter.
„Das muss jetzt alles anders werden“, sagte sie laut zu sich selbst.
„Julia”, sagte seine ihr bekannte, freundliche Stimme, „wie geht es dir?“
„Danke, jetzt geht es mir besser.“
„Was machst du?“
Sie erzählte Robert, wie es ihr in den letzten Monaten ergangen sei und wie sehr sie sich schämte, sich nicht mehr bei ihm gemeldet zu haben. Und das sie nun endlich wieder am Leben teilhaben wollte und dringend eine Job brauchte.
„Du arbeitest nicht?“
„Nein, ich sagte doch, ich habe die letzten Monate im Bett verbracht.“
„Das kann ich mir kaum vorstellen. Und ganz allein?“
Robert fing an zu lachen.
„Robert, das ist nicht lustig. Es ist unverzeihlich, was ich dir angetan habe.“
„Mir hast du nichts getan. Es scheint nur schlimm, was du mit dir getan hast. Wie konnte das nur alles passieren? Hier geht alles drunter und drüber, seitdem du nicht mehr hier bist. Du warst wirklich die Beste. Das merken wir jeden Tag. Ich setzte mich für dich ein, wenn du willst?“
„Danke, das ist lieb, aber zurück kann ich nicht mehr. Kennst du nicht eine kleinere Kanzlei, in der ich neu anfangen kann?“
„Ich hör mich mal um.“
„Danke”, sagte sie und machte eine kurze Pause. „Darf ich dich wieder sehen?“
„Sicher, warum nicht. Aber du solltest wissen, dass ich inzwischen in einer festen Beziehung lebe.“
„Das freut mich sehr für dich.”
Julias Herz zog sich zusammen.
„Möchtest du mich trotzdem wiedersehen?“
„Selbstverständlich. Es tut weh, dass du immer noch denkst, dass ich nur das eine von dir will. So war es doch zum Schluss auch gar nicht mehr. Du bist mein Freund gewesen und ich vermisse dich.“
„Ehrlich? Das hast du noch nie gesagt.“
„Das tut mir leid. Mir tut vieles leid. Ich entschuldige mich für alles, was ich dir je angetan habe.“
„Ist schon okay. Das ist Vergangenheit. Wir sollten nur noch nach vorn sehen, meinst du nicht?“
Julia merkte, wie Tränen in ihr aufstiegen und verabschiedete sich daher. Nachdem Julia aufgelegt hatte, überkam sie eine verrückte Idee. Voller Mut wählte sie die Nummer, die sie erstaunlicher Weise nicht vergessen hatte. Nach dem zweiten Mal klingeln nahm jemand den Hörer ab. Sie fragte höflich nach ihm und war sich nicht sicher, ob er mit ihr sprechen würde, denn immerhin war sie keine Patientin. Erstaunlicherweise nahm er das Gespräch an.
„Herzlichen Glückwunsch.“
„Danke”, sagte er.
Sie war gespannt, was seine Stimme in ihr auslösen würde. Aber es passierte nichts.
„Und Glückwunsch zu allem anderen.“
„Man hat es dir also erzählt.“
„Natürlich, warum auch nicht. Ich bin ebenso mit Steffen befreundet wie du.“
„Ich weiß.“
„Und, geht es dir gut?“, wollte sie von ihm wissen und fragte sich, ob sie es überhaupt hatte wissen wollen.
Sie war erleichtert, dass sie anscheinend über ihn hinweg gekommen war.
„Danke, es geht. Alles etwas neu, aber doch schön”, er machte eine kurze Pause. „Was willst du?“
„Nichts, ich wollte dir zum Geburtstag gratulieren. Wenn es dich stört, warum hast du den Anruf überhaupt angenommen?“
„Es stört mich nicht. Ich war etwas irritiert, dass du dich nach so
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