Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
nicht.
Julia entschied, dass es keinen Zweck hatte sich darüber weiter den Kopf zu zerbrechen und sich lieber Abwechslung zu suchen. Sie schenkte sich einen weiteren Wodka ein und rief ihre Mails auf.
Schnell überflog sie die Liste, sah auf die Absender und sortierte Geschäftliches von Privatem. Plötzlich richtete sie sich kerzengerade auf, ihre Augen stierten auf den Bildschirm und der Name schien ihr in größeren Buchstaben entgegen zu leuchten. Wie ein Blinklicht fing es vor ihr an zu tanzen.
Wie kam er darauf ihr eine Mail zu schreiben? Was wollte er von ihr?
Als sie die Betreffzeile sah, wusste sie, dass dies nur ein Irrtum sein konnte. Ganz sicher war das nicht für sie bestimmt.
Liebe Freunde,
mit großer Freude gebe ich meine Verlobung mit Karin bekannt und freue mich auf euch am …
Weiter war Julia nicht in der Lage zu lesen. Ihr wurde schwindelig. Sie musste sich sogar an der Tischplatte festhalten. Schnell trank sie ihr Glas in einem Zug leer, was jedoch keine Besserung zur Folge hatte.
Sie spürte, wie ihr Körper vom Stuhl glitt. Wie in Zeitlupe konnte sie sich dabei beobachten, wie sie bewusstlos wurde.
„Um Himmels Willen, Julia“, schrie Robert, „was ist passiert?“
Er hatte sich neben sie gekniet, erschrocken über den lauten Aufprall ihres Körpers auf dem Boden. Als er das Glas aus ihrer Hand auf den Schreibtisch stellte, sah er die aufgerufene Mail auf dem Bildschirm und augenblicklich war ihm klar, warum sie keine Kraft mehr hatte.
34. Kapitel: Ohne Liebe
Die Ruhe war schon lange vorbei. Wie lange, daran hatte Julia kaum noch eine Erinnerung. Es kam ihr vor, als sei es noch nie anders gewesen. Das Leben, wie sie es einmal geführt hatte, war so weit entfernt und sie glaubte, all das sei überhaupt nicht ihr passiert. Aber die Zeit im Selbstmitleid zu schwimmen war nun endgültig vorbei.
Zwei Jahre waren inzwischen vergangen. Julia saß in ihrer Küche und überlegte, wie lange sie dieses, sich jeden Morgen wiederholende, Schauspiel ertragen müsste.
„Wer hat schon wieder meinen Magermilchjoghurt gegessen?“, hörte sie die junge Frau sagen, die mit dem Kopf zur Gänze in ihrem Kühlschrank verschwunden war.
„Das war bestimmt schon wieder Janine, das macht die immer”, ätze sie weiter, zog den Kopf aus dem Kühlschrank und schloss diesen.
„Was meckerst du eigentlich immer, Natascha, ich habe nichts getan, du glaubst doch wohl nicht im ernst, dass ich deinen billigen Scheiß überhaupt anrühren würde”, sagte Janine, die in einen Bademantel gehüllt aus dem Bad kam.
„Na, Julia wird ihn nicht gegessen haben, das macht sie nämlich nicht. Sie weiß sehr genau, was sich gehört”, erwiderte Natascha und setzte sich.
Julia sagte nichts. Das tat sie nie. Es war jeden Morgen das Gleiche. Die beiden jungen Frauen waren im Grunde genommen gute Freundinnen, die sich zwar erst in ihrer Wohnung kennengelernt hatten, sich aber auf Anhieb sympathisch waren. Während sich die beiden Frauen stritten, wer wann was gegessen und es nicht wieder ersetzt hatte, überlegte Julia wie alles so weit hatte kommen können.
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„Es tut mir leid, Julia, ich fürchte, ich kann nichts mehr für dich tun“, sagte Robert, der mit hängenden Schultern vor ihrem Schreibtisch stand.
„Ich weiß. Mir tut es leid.“
„Was ist nur mit dir los? So kenne ich dich gar nicht.“
Drei Wochen hatte Julia sich nach dem Zusammenbruch krankschreiben lassen. Danach war sie nicht mehr die Selbe. Sie war unkonzentriert, vergaß Termine und machte jede Menge Fehler.
Das alles wäre erträglich und zu vertuschen gewesen, wenn sie nicht einen Fall eines wichtigen Klienten derart vernachlässigt hätte, dass dieser in der Lage war die Kanzlei auf Schadensersatz zu verklagen und zu gewinnen.
„Was soll ich dazu sagen?“
„Julia, ich bitte dich, komm doch zur Vernunft. Kein Mann ist das Wert.“
„Ich weiß.“
„Was wirst du denn nun tun?“
„Nichts.“
„Wie, nichts?“
„Ich geh nach Hause und leg mich ins Bett.“
„Und dann?“
Julia antwortete ihm nicht, packte ihre Sachen, ging nach Hause und legte sich ins Bett. Sie hoffte, einfach nie mehr aufzuwachen. Irgendwann musste sie doch sterben.
Täglich schaute Gitte nach ihr, brachte ihr etwas zu Essen, was sie so gut wie nie anrührte, bis Steffen ihr damit drohte sie in eine Klinik einzuweisen, wenn sie nicht aufstehen und etwas essen würde.
Mit der Abfindung der Kanzlei konnte sie einige Monate
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