Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
sie dem nicht länger gewachsen war. Bei dem nächsten Wort, egal ob von ihr oder von Till, würde sie diese nicht länger zurückhalten können. Daher kramte sie in ihrer Tasche nach Geld, fingerte einen hundert Euroschein heraus und warf ihn bereits im Aufstehen auf den Tisch. Alle drei sahen sie verwundert an. Sogar Till verschlug es die Sprache.
„Ich geh dann mal”, sagte Julia, „war sonst ein schöner Abend. Wir sehen uns morgen.“
Mehr konnte sie nicht herausbringen. Sie drehte sich schnell um und verschwand. Kaum hatte sie ihnen den Rücken zugewandt, konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten. Krampfhaft versuchte sie ihre Fassung zu bändigen. Sie hoffte darauf, dass keiner ihrer Freunde ihr folgen würde, denn sie wollte nicht, dass jemand sie so sah. Sie schämte sich für ihre Tränen und das dieser Mann sie dazu gebracht hatte. Darüber musste sie erst recht anfangen zu weinen und konnte sogar ein Schluchzen nicht unterdrücken.
„Das hast du ja prima hinbekommen”, sagte Steffen zu Till, „entschuldige wenn ich das sage, aber du bist ein echtes Arschloch. Sie hatte Geburtstag und uns eingeladen. Wenn ich geahnt hätte, wie scheiße du sein kannst, dann wärst du auf jeden Fall zu Hause geblieben.“
Stumm sah Till Steffen an. Er schien selbst geschockt über das zu sein, was hier gerade passiert war. Gitte hatte sich bereits erhoben und sah Till recht wütend an. Sie überlegte, ob sie ihm gleich dem Kopf abreißen sollte, oder erst später, nachdem sie Julia hinterher gelaufen war, um sie zu trösten. Sie merkte, wie mehr und mehr Wut in ihr aufstieg und sie ihm etwas sagen musste.
„Ich will dich nie mehr sehen. Du hast meine beste Freundin wirklich beleidigt, dabei hat sie dir nichts getan. Du bist der beste Freund von Steffen, aber wenn du mir jemals wieder unter die Augen trittst, dann vergesse ich mich.“
Langsam glaubte Gitte, sie würde vor Wut platzen und müsste, um sich Erleichterung zu verschaffen und ihrem Worten mehr Nachdruck zu verleihen, Till einfach mit der flachen Hand ins Gesicht schlagen. Besser wäre eine Faust gewesen, aber Gitte hatte sich noch nie geschlagen und Angst um ihre Hand. Sie tat nichts dergleichen und beherrschte sich, auch wenn es ihr verdammt schwer fiel. Gerade wollte sie gehen, um Julia einzuholen, da erhob sich Till ebenfalls.
„Lass”, sagte er, „ich geh schon.“
„Das wirst du schön bleiben lassen.” Gitte wusste, dass sie viel zu laut gesprochen hatte, konnte ihre Wut jedoch nicht mehr kontrollieren.
Gitte überlegte, wie sie es schaffen konnte ihm körperliche Schmerzen zuzufügen.
„Es ist nur so”, sagte Till auf einmal recht kleinlaut, „ich weiß gar nicht, warum ich das überhaupt getan habe.“
„Dann lass es doch einfach, du Schwachkopf“, noch immer war Gitte viel zu laut.
„Gitte“, sagte Steffen, „jetzt beruhige dich doch wieder.“
„ICH, soll mich beruhigen? Das hättest du mal dem Idioten da sagen sollen, bevor er Julia beleidigt hat. Ich versuch jetzt mal sie zu trösten.“
„Nein“, sagte Till, „ich sagte doch, ich mach das.“
„Das halte ich für keine gute Idee, du solltest dich einfach irgendwann später mal bei ihr entschuldigen“, sagte Steffen.
„Ihr versteht das nicht …“
„Nein, ganz sicher nicht“, brüllte Gitte ihn an.
„Gitte“, mahnte Steffen und nahm sie in seine Arme. „Also, was verstehen wir nicht, das würde mich jetzt dann doch interessieren.“
„Es ist mir fast ein bisschen Peinlich …“
Gitte schnaufte laut und wollte sich aus Steffens Umarmung lösen, um Till nun endlich richtig wehzutun.
„… ich habe mich in Julia verliebt.“
Ungläubig sahen ihn Gitte und Steffen an.
„Du hast ja eine wundervolle Art, dass einer Frau zu zeigen”, sagte Steffen.
Gitte war so perplex, dass ihr nichts mehr dazu einfiel und sie ihn lediglich anstarrte. Till sagte ebenso nichts mehr. Er ließ seine Schultern hängen und sah auf einmal recht mitgenommen aus, eher so, als hätte man ihm aufs schlimmste beleidigt.
„Okay”, sagte Steffen, „geh ihr hinterher und entschuldige dich. Aber wehe, ich höre morgen, dass du sie wieder beleidigt hast. Dann kannst du echt was erleben.“
„Ich werde ihr nicht mehr wehtun, bestimmt nicht.”
20. Kapitel: Toreinfahrt
So schnell es Julia mit ihren hohen Absätzen von zwölf Zentimetern möglich war, brachte sie Abstand zwischen sich, ihren Freunden und dem Mann, der sie tief getroffen hatte. Sie musste so
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