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Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Titel: Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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dass tausende von Zigaretten im Dunkeln glühten, weil die Amsterdamer neugierig vor die Türen gegangen waren. Selbst bei Verdunkelung war Amsterdam durch den Grachtengürtel und die weiten Wasserflächen von Amstel und IJ für einen Angreifer aus der Luft gut erkennbar.
    Als Radio und Zeitungen im Laufe des 10. November 1938 berichteten, welchen barbarischen, mörderischen Aktionen die Juden in Deutschland in der Nacht zuvor ausgesetzt waren, zeigte sich die große Mehrheit der Niederländer schockiert. An die niederländische Regierung gingen in den folgenden Tagen 50   000 Asylanträge deutscher Juden, denen schmerzlich klar wurde, dass alle Hoffnungen, in ihrem Heimatland – und sei es als Menschen zweiter Klasse – leben zu können, Illusion waren. Als Ministerpräsident Colijn erklärte, nur 2000 Flüchtlinge aufzunehmen, protestieren rund 50   000 Niederländer mit einer Petition, die Grenzen großzügig zu öffnen. Die sozialdemokratische Parteizeitung Vrijheid, Arbeid, Brood forderte: »Öffnet die Pforten!« Schließlich erhöhte die Regierung die Zahl auf 7000.
    Bei einer nationalen Spendenaktion für alle Flüchtlingskomitees kamen über 430   000 Gulden zusammen. Zusätzlich wurden 1600 jüdische Kinder aufgenommen, deren Eltern in Deutschland und Österreich sich schweren Herzens von ihnen trennten. Mitte Dezember 1938 wurde die 888 Kilometer lange Grenze der Niederlande zum Deutschen Reich definitiv geschlossen. Etwa 1000 Grenzschützer sind hier stationiert, um jeden illegalen Flüchtling abzuschieben oder in eines der zwei Dutzend holländischen Internierungslager zu überweisen. Legal durften bis zum März 1939 insgesamt knapp 10   000 Flüchtlinge ins Land kommen.
    Die brennenden Synagogen und die gehetzten Juden im Nachbarland haben den Dichter Ed Hoornik, der Berlin gut kannte, am 12. November 1938 zu einer beängstigenden Vision inspiriert. Er erinnert in seinem Gedicht »Pogrom« daran, dass Amsterdam nur zehn Zugstunden von der deutschen Hauptstadt entfernt liegt – »tien uur sporen naar Berlijn«. Der Wanderer in Hoorniks Gedicht wähnt sich beim Gang durch eine nächtliche Stadt in Berlin, »von Qualm und Flammen umgeben«; er meint, das Wasser der Spree zu sehen. Doch nein: »Es ist der Amstelstrom, ist Amsterdam. / Und auf dem Rembrandtplein geh’n die Laternen an … Ich drücke meine Nägel tiefer noch in meine Hände. / Die Jodenbreestraat ist wie eine tiefe Schlucht; ich sehe meinen Schatten tanzen an den Wänden. / Es sind nur zehn Zugstunden nach Berlin.«
    Im Dezember 1938 ist die Emigranten-Revue von Rudolf Nelson nach der vorgeschriebenen dreimonatigen Abwesenheit zurück an der Amstel. Die Amsterdamer strömen wieder Abend für Abend ins La Gaîté, um bei witzigen Liedern, spritziger Musik und vergnügten Sketchen für ein paar Stunden die Welt draußen vergessen zu können. Am Ende des alten Jahres fragt die Redaktion der Zeitung Het Volk den Beigeordneten Monne de Miranda nach seinen Wünschen für das Neue Jahr. »Für 1939 wünsche ich den Arbeitslosen Arbeit,« sagt der sozialdemokratische Politiker, »dem Mittelstand viele Aufträge, den Reichen Verbundenheit mit ihrer Stadt.«
    Am 6. Januar 1939 meldet De Telegraaf mit dicken Lettern »Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Baugrundstücken in Amsterdam«. Der Beigeordnete für Wohnungsbau soll städtische Grundstücke, die in Amsterdam nur in Erbpacht vergeben werden, nicht nach korrekten Kriterien, sondern zum eigenen Vorteil vergeben haben. Korruption nennt man das, und De Telegraaf wird von nun an über Monate neue Einzelheiten zum »Erbpachtskandal« auftischen, damit dieser ungeheure Verdacht, der auf Monne de Miranda zielt, nicht aus den Schlagzeilen kommt.
    Der fast Vierundsechzigjährige, dessen Leben seit über vierzig Jahren im Dienst seiner Partei steht, bestreitet die Vorwürfe vehement. Aber Monne de Miranda fühlt, wie es im Gemeinderat einsam um ihn wird; die Hetzjagd der Artikel macht ihn mürbe. Mitte Mai begibt er sich auf dringendes Anraten seines Hausarztes in ein Sanatorium. Die jungen engagierten Ärzte in Koningsheide sind auf Psychosen und Neurosen spezialisiert. Der Patient ist schwer depressiv, fühlt sich schuldig gegenüber seinen Kindern und seiner Frau.
    Ende Juni sind Kommunalwahlen in Amsterdam. Monne de Miranda, der seit 1911 ununterbrochen in den Gemeinderat gewählt worden ist, verzichtet auf ein weiteres politisches Mandat. Die Wahlen fallen verheerend aus: Die SDAP

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