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Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Titel: Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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mit klassischer Musik gaben. Es waren Musiker, die sich weigerten – wie seit Januar 1942 von allen Künstlern gefordert – Mitglied in der von NSB lern geleiteten Kulturkammer zu werden. Die Mund-zu-Mund-Propaganda reichte, um die bürgerlichen Villen am Vondelpark an vielen Abenden zu füllen.
    Die Statistiken verraten, wie groß der Hunger der Amsterdamer nach Unterhaltung und sorgenfreien vergnügten Stunden ist und dass sie entschlossen sind, ihm nachzugeben: Wochenlang war im Ufa-Kino Rembrandttheater am Rembrandtplein »Die große Liebe« mit Zarah Leander ausverkauft. Man konnte sich im Dunkeln vieles denken, wenn sie mit rauchiger Stimme sang »Davon geht die Welt nicht unter« und »Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn«. Nachdem die Amsterdamer 1941 ihr geliebtes Kino gemieden hatten und nur rund 31 Millionen Karten verkauft wurden, waren Ende 1942 über 55 Millionen Karten abgesetzt, obwohl vor allem deutsche Filme in den Kinos liefen.
    Im Theater Carré an der Amstel atmete die Direktion auf. 1941 war finanziell eine Katastrophe gewesen, aber nun strömten die Besucherinnen wieder. In der Revue »Het laatste Nieuws« wurden junge Nachwuchstalente bejubelt, darunter der siebzehnjährige Sänger und Schauspieler Johnny Kreijkamp, der eine große Karriere vor sich hatte. Ende 1942 zeigte die Bilanz vom Carré einen Gewinn von 125   000 Gulden. Im Zoo verdoppelten sich die Besucherzahlen gegenüber dem Vorkriegsjahr. Auch die Mitgliedszahlen in den Sportvereinen stiegen 1942 noch einmal deutlich an. Am beliebtesten war der Fußball, dann folgten Gymnastik und Eislauf.
    Kein Stuhl blieb frei, als am 5. April im großen Saal vom Concertgebouw die »Paasschouw« (Ostershow) mit den beliebtesten Jazz- und Tanzorchestern über die Bühne ging. Neben The Ramblers trat die Swingcombo The Millers auf. Weil Swing für die Besatzer zur verbotenen Musik gehörte, hatte es sich eingebürgert, offiziell »Hawaii-Melodien« zu spielen, die sich auf leisen Tönen in Swing-Rhythmen verwandelten. Nicht fehlen durften im ehrwürdigen Concertgebouw die Band The Grasshoppers, ein Publikumsliebling, im Programm angekündigt als De Sprinkhanen (Die Heuschrecken) unter Leitung des Pianisten Cor van Peperzeel, alias Cor Perez. Sie hatten ihren Humor noch nicht verloren, die Amsterdamer.
    Auch die jüdischen Schauspieler, Komiker, Sängerinnen und Musiker in der Joodse Schouwburg in der Plantage Middenlaan profitierten von der Unternehmungslust der Amsterdamer. Obwohl verboten, kamen die nichtjüdischen Einheimischen weiterhin zu den Revuen und Konzerten – und zeigten an der Kasse einen Ausweis mit zwei großen »J«, den ihnen jüdische Freunde überlassen hatten. Das Gleiche galt für das Theater van de Lach, wo Willy Rosen Mitte Februar mit der Operette »Die keusche Susanne« großen Erfolg hatte.
    Von Ende Februar bis Anfang April blieben alle Amsterdamer Theater – und selbst das Rijksmuseum – wegen Kälte und Kohlenmangel auf Befehl der Besatzer geschlossen. Die Joodse Schouwburg startete anschließend mit der »Czardasfürstin« in die neue Saison, eine opulente Aufführung mit vier Orchestern und den beliebten Stars Henriette Davids, Sylvain Poons und Silvia Grohs. Schon in der ersten Pause flogen Blumen auf die Bühne. Eine NSB -Zeitschrift brachte ein Foto der Wartenden vor dem Jüdischen Theater und schrieb dazu: »So amüsieren sich die Juden, während unsere Männer an der Ostfront ihr Leben einsetzen.«
    Die allgemeine Stimmung war dazu angetan, ein wenig wider den Stachel der Besatzer zu löcken. In Lokalen und Cafés wurden zunehmend die Schilder »Für Juden verboten« übermalt, zerstört oder entfernt. Juden wechselten innerhalb Amsterdams die Wohnung, was streng verboten war. Polizeichef Tulp ermahnte – wieder einmal ohne viel Erfolg – Amsterdams Polizisten, stärker gegen das Übertreten der Verbote vorzugehen. Es war der Widerstand en miniature, um ein wenig besser atmen zu können, der große blieb aus. Als die illegale Zeitung Het Parool dazu aufrief, am 25. Februar 1942 – dem Jahrestag des Februar-Aufbegehrens ein Jahr zuvor – nicht Straßenbahn zu fahren, war die Zahl derer, die eine solche Demonstration riskierten, so klein, das sie niemandem auffiel.
    Es wurde Frühling, endlich, doch die Besatzer zogen kühl ihr Programm durch. An weiteren Einschüchterungen und Verboten war kein Mangel. Am 4. März kamen zwei neue Polizeibataillone am Hauptbahnhof an und marschierten

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