Leben mit Hochsensibilitaet
ist, Kontakte positiv verlaufen zu lassen, zum Beispiel indem sie dafür sorgen, dass sich der andere wohl fühlt – die Realität kann anders sein. Die Umwelt ist nun einmal nicht immer freundlich und herzlich, und das kann einen hochsensiblen Menschen tief treffen, sogar aggressiv machen. Kontakte können mit unrealistischen Erwartungen verbunden sein, besonders wenn sich der Hochsensible schon von Kind an abgewiesen fühlte. Das Problem, sich abgewiesen zu fühlen, stellt sich relativ häufig, da Hochsensible neben dem bewussten auch den unbewussten Ausdruck so intensiv wahrnehmen. Sie interpretieren ihn umfassend und schnell. Manchmal zutreffend – manchmal jedoch sind die Indizien für die Interpretation zweifelhaft. Warum geht mein Chef mir aus dem Weg? Habe ich vielleicht meine Arbeit nicht gut getan? Warum hat sich meine Mutter heute so mürrisch verhalten? Habe ich etwas Falsches gesagt? Leider neigen Hochsensible dazu, das kommunikative Verhalten anderer vorschnell als Zeichen von Abweisung zu interpretieren.
Margret spielt Theater in einer Laienschauspielgruppe. Das macht ihr viel Spaß, und sie will eigentlich nicht damit aufhören. Doch es gibt ein Problem: Sie hat ziemliche Schwierigkeiten mit einer der Schauspielerinnen. Diese Frau hat zwar Schauspieltalent, ist aber meist schlecht gelaunt, unfreundlich und kurz angebunden. Margret weiß, dass der Grund dafür nicht in ihr liegt. Trotzdem leidet sie unter dieser Form der Kommunikation und nimmt alles persönlich. Wenn sie mit dieser Frau zusammen spielen muss, verkrampft sie sich sofort und vergisst ihren Text. Sie spürt eine Negativität, die diese Frau umgibt, und kann sich nur schwer dagegen wehren – sie hat große Schwierigkeiten, energetisch bei sich selbst zu bleiben. Sie hat schon alles Mögliche probiert, beispielsweise das Geschehen zu negieren (was sie als unschön empfindet), oder ein Freund riet ihr, Späße darüber zu machen, was sie jedoch recht mühsam fand. Vor einiger Zeit versuchte sie, mit der Frau darüber zu redenund herauszufinden, was ihr quer sitzt. Sie bekam so zwar etwas mehr Einsicht in das Leben dieser Frau, doch dennoch – trotz des Verständnisses, das sie aufzubringen versuchte – störte sie sich weiter an ihr. Da Margret so viel Spaß an der Schauspielgruppe hat, fragt sie sich, was andere in ihrem Fall machen würden.
Es fällt nicht immer leicht, die Negativität anderer zu ertragen. Manchmal kann man sich abgrenzen, manchmal nicht. Es kann schlicht eine ungünstige Energiekonstellation vorliegen, die dich lähmt (Schüchternheit hervorruft), aggressiv oder nervös macht. Dein natürlicher Drang, dich mit anderen zu verbinden, kann bisweilen – gegenüber manchen Menschen – eher ein Handicap darstellen. Und doch bewirkt deine Fähigkeit, dich mit anderen zu verbinden, häufig intensive und bewegende Momente. Dann ist Kontakt ein wertvoller und essentieller Teil deines Lebens, ja, sogar deines Wesens. Tiefe, intensive Kontakte nähren deine Seele.
Die meisten Hochsensiblen sind zuverlässige und ehrliche Menschen. Sowohl im Privatleben als auch im Berufsleben sind sie aufrichtig und gewissenhaft. Das liegt daran, dass sie bei allen Details auch Fehler gut erkennen und eine natürliche Neigung haben, alles „so gut wie möglich“ zu machen. Hochsensible werden nicht so schnell falsche Versprechungen machen, andere gegeneinander ausspielen oder sich der Vetternwirtschaft schuldig machen. Hochsensible eignen sich deshalb für bestimmte Berufe und Funktionen besser als für andere, in denen beispielsweise „List und Tücke“ gefragt sind. Weil sie meist sehr aufrichtig sind, erwarten sie dies auch von anderen. Unwahrhaftiges Verhalten anderer kann einen hochsensiblen Menschen ziemlich fassungslos machen. Sylvia erinnert sich, wie abstoßend sie es fand, wenn ihre Eltern Freundlichkeit heuchelten: „Bevor ein Besuch kam, meckerten meine Eltern oft über die Gäste und machten sich über sie lustig. Sobald aber die Gäste eintrafen, öffneten meine Eltern freundlich lächelnd die Haustür und breiteten die Arme zum Empfang aus. Ich hatte Schwierigkeiten bei diesem heuchlerischen Getue. Ich wurde davon ganz unsicher. Meine Unsicherheit unter Menschen zeigte sich darin, dass ich still blieb.In Gesellschaft wurde ich oft rot. Ich fand es fürchterlich, auf Feiern bei der zur Schau gestellten Heiterkeit mitzumachen. Ich fühlte, dass die Menschen sich anders verhielten, als sie es ihrem Wesen nach waren. Das
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